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Funktion der Myeloperoxidase aufgeklärt
So arbeitet das Enzym, das den Eiter grün macht
Das Enzym Myeloperoxidase, das Eiter seine grünliche Farbe verleiht, könnte ein Target für die Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen bakterielle Infektionen darstellen. Forschern der Universität Basel ist es gelungen, dessen Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern zu entschlüsseln.
Reaktive Sauerstoffspezies (ROS) wie Wasserstoffperoxid spielen bei der Abwehr von Pathogenen, wo sie von Immunzellen gebildet werden, eine wichtige Rolle. Wie aber wird gewährleistet, dass die ROS selektiv arbeiten – also Krankheitserreger abtöten, das umliegende Gewebe aber so wenig wie möglich schädigen? Die Forschungsgruppen von Prof. Dirk Bumann am Biozentrum und PD Dr. Nina Khanna am Department Biomedizin der Universität und des Universitätsspitals Basel konnten entschlüsseln, wie Immunzellen, in diesem Fall neutrophile Granulozyten, diese Aufgabe lösen. Ihre Ergebnisse haben sie jetzt im Fachmagazin „Nature Microbiology“ publiziert.
Verantwortlich für den Prozess ist das Enzym Myeloperoxidase (MPO), ein lysosomales Enzym aus der Gruppe der Peroxidasen, das beim Menschen in neutrophilen Granulozyten und Monozyten vorkommt. Es liegt als Dimer vor, dessen Untereinheiten kovalent an eine prosthetische Häm-Gruppe gebunden sind. Der Häm-Farbstoff ist für die grüne Farbe des Eiters, der viele Neutrophile enthält, verantwortlich.
Es wird Hypochlorige Säure gebildet
MPO katalysiert die Umsetzung des in den neutrophilen Granulozyten gebildeten Wasserstoffperoxid (H2O2) mit Chloridanionen zur hochreaktiven, bakteriziden Hypochlorigen Säure (ClOH) – allerdings nur ganz gezielt an der Oberfläche von Bakterien, wo es die Zellwand durchlöchert und die Erreger so abtötet. Nur Biomoleküle innerhalb eines Radius von 0,1 μm werden so zerstört. Das Enzym agiere präzise wie ein Scharfschütze, heißt es in einer Mitteilung der Universität Basel.
Neutrophile hingegen, die nicht in der Lage sind, MPO zu bilden, akkumulieren große Mengen H2O2. Die sind zwar auch in der Lage, Krankheitserreger effektiv abzutöten, aber der Großteil wird aus dem Phagosom freigesetzt, wo es umgebende Strukturen schädigen kann. Bei MPO-defizienten Mäusen wurden im Gewebe erhöhte H2O2-Spiegel sowie vermehrt oxidative Schäden an Lipiden und DNA nachgewiesen.
Ob Entzündungsreaktionen ohne MPO und das damit verbundene Sterben der Leukozyten von Nachteil sind oder ob es sogar langfristige Schäden gibt, wisse man allerdings bislang noch nicht, erklären die Wissenschaftler. Möglicherweise spielten in unseren Breiten, wo man im Vergleich zu früher viel seltener mit Infektionen zu kämpfen habe, die zellulären Kollateralschäden keine so große Rolle.
Ein mögliches Target für neue Wirkstoffe
Bumann und Khanna halten es aber für vorstellbar, dass sich auf Basis ihrer Erkenntnisse neue Wirkstoffe gegen bakterielle Infektionen entwickeln lassen. Durch gezielte Stärkung des MPO-Mechanismus könnte man die natürliche Immunreaktion unterstützen.
Ein Ansatz, den Bumann auch insofern für interessant hält, da derzeit an Arzneimitteln geforscht wird, die das Gegenteil bewirken, also die MPO hemmen sollen. Denn sie gilt als prädiktiver Biomarker für kardiovaskuläre Ereignisse und ist unter anderem an der Entstehung atherosklerotischer Gefäßschäden beteiligt. Bei einem breiten Einsatz solcher Arzneimittel könnten die Nachteile bei der Infektionsabwehr dann nämlich deutlicher zum Tragen kommen, gibt Bumann zu bedenken.
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