Apothekenumfrage zur AMPreisV

Viele Fragen - schwierige Antworten

Süsel - 08.02.2017, 12:30 Uhr

Die beauftragte Unternehmensberatung wendet sich seit voriger Woche mit einer umfangreichen Fragensammlung an die Apotheken. (Foto:  jannoon028 – Fotolia.com)

Die beauftragte Unternehmensberatung wendet sich seit voriger Woche mit einer umfangreichen Fragensammlung an die Apotheken. (Foto:  jannoon028 – Fotolia.com)


Keine Frage nach Prüfungen

Das weitaus größte Problem an dieser Stelle ist Prüfung der Ausgangsstoffe. Erstaunlicherweise wird diese Arbeit in der Umfrage nach Informationen der DAZ-Redaktion an keiner Stelle erwähnt. Dies ist sehr verwunderlich, zumal der prozentuale Aufschlag auf den Einkaufspreis der Rezeptursubstanzen durchaus als Honorar für diese Prüfung interpretiert werden kann und damit ein Bezug zur AMPreisV besteht. Daher drängt sich auf, die Prüfungen beim sonstigen Aufwand für die Rezeptur anzugeben. Um den Zeitaufwand auf die einzelne Rezeptur umzulegen, müsste man die durchschnittliche Dauer der Prüfung für eine einzelne Substanzcharge mit der durchschnittlichen Zahl der Bestandteile einer Rezeptur multiplizieren und das Produkt durch die Zahl der Rezepturen dividieren, die aus einer Substanzcharge hergestellt werden können. Die Schätzungen für die vielen Durchschnittsbildungen machen diese Rechnung fehleranfällig.

Folgen für die Rezepturhonorierung

Die Detailgenauigkeit, mit der nach Einzelaspekten des Herstellungsablaufes gefragt wird, lässt vermuten, dass hier erstmals versucht wird, Rezepturpreise zu kalkulieren, die zumindest die Kosten der eigentlichen Herstellung decken. Dies wäre ein Paradigmenwechsel, der viele Apotheker zunächst erfreuen würde. Denn die Rezeptur wurde bisher immer als Gemeinwohlpflicht verstanden, die aus den übrigen Einnahmen der Apotheken subventioniert werden muss. Ob drastisch teurere Rezepturen allerdings gesundheitspolitisch wünschenswert wären, ist kritisch zu hinterfragen. Außerdem würde damit das Prinzip der Gemeinwohlpflichten ausgehöhlt. Rein ökonomisch betrachtet ist zu bedenken, dass Rezepturen bei deutlich höheren Preisen wahrscheinlich viel seltener verordnet würden. Dies würde massiv auf die Organisation der Arbeitsabläufe in der Rezeptur und auf die Amortisation der Rezepturausstattung wirken, sodass eine neue Kalkulation mit voraussichtlich noch höheren Preisen nötig wäre.

Parenterale Lösungen

Zur Herstellung wird außerdem gefragt, ob parenterale Lösungen im eigenen Labor oder in einem externen Betrieb hergestellt oder gar nicht abgegeben werden. Es bleibt unklar, ob die parenteralen Lösungen ggf. weiter differenziert werden. Doch für eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Interpretation der Antworten wäre das nötig, weil das Honorar bei Spezialrezepturen jeweils eine erhebliche Komponente für die immensen Kosten der Herstellungsräume und ihrer Ausstattung sowie für die Fixkosten dieser besonderen Herstellungstätigkeit enthalten muss. Angesichts der enormen Beträge, die nur bei diesen wenigen Apotheken anfallen, verbietet sich hier - anders als bei den klassischen Rezepturen - jede Durchschnittsbildung und jede Mischkalkulation mit dem übrigen Apothekenbetrieb.

Betäubungsmittel

Bezüglich Betäubungsmitteln (Btm) wird gefragt nach

  • der Anzahl der 2016 abgegebenen Btm,

  • der Art der Btm-Dokumentation,

  • dem zusätzlichen Zeitaufwand für den Umgang mit Btm und

  • nach möglichen weiteren Arbeitsabläufen im Zusammenhang mit der Btm-Abgabe.

Die Zielrichtung der Fragen bleibt unscharf. Wenn nur eine Dokumentationsgebühr kalkuliert werden soll, erübrigt sich die Frage nach weiteren Arbeitsabläufen. Wenn dagegen das gesamte Handling mit Btm abgegolten werden soll, ist die Frage nach den weiteren Aufwänden irreführend formuliert. Denn sie bezieht sich ausdrücklich auf die Abgabe von Btm. Wichtige Aufgaben in diesem Zusammenhang sind aber nicht mit einer Abgabe verknüpft, beispielsweise die Überprüfung der Bestände, Retouren, die Wiederverwendung und die Vernichtung von Btm. Diese Unterschiede sind für die Kalkulation entscheidend, wie sich bei der Vorbereitung des Deutschen Apothekertages 2015 gezeigt hatte. Damals hatte der Berliner Apothekerverein auf der Grundlage einer Teilkostenrechnung für die Dokumentation eine Gebühr von 2,91 Euro gefordert, während die Apothekerkammer Nordrhein ausgehend von einer Vollkostenrechnung für das gesamte Btm-Handling 8,31 Euro angesetzt hatte. 

Keine neuen Gebühren

Unabhängig davon hat die Realität die Fragen zum Dokumentationsaufwand bereits überholt. Denn im Entwurf für das AM-VSG ist eine Dokumentationsgebühr von 2,91 Euro für Btm und T-Rezepte vorgesehen. Doch nach anderen dokumentationspflichtigen Arzneimitteln wie T-Rezepten, Tierarzneimitteln und Einzelimporten wird in der Umfrage nicht gefragt. Dies bestätigt, dass sich die Studie eng an der bisherigen Struktur der AMPreisV orientiert. Es geht offenbar nur darum, die Tarife für die bestehenden Gebührenpositionen anzupassen. Ob fast 40 Jahre nach Einführung dieser Regelungen möglicherweise weitere oder andere Funktionen gezielt honoriert werden sollten, wird dagegen wohl nicht hinterfragt. Doch in dieser Zeit haben sich die Aufgaben der Apotheken erheblich verändert.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Apothekerbranche formiert sich ... ABDA tagt im Führerbunker ...

von Christian Timme am 08.02.2017 um 19:19 Uhr

Der Auftraggeber dieser "Studie" hat sich einer neuen Herausforderung gestellt. Seine bereits gelegte Spur verspricht für die nahe Zukunft weitere "Surprises from Sigi". Bleibt der Nachfolgerin die undankbare Aufgabe eine Entscheidung zu fällen. - Ich bin des Lesens mächtig, nach dieser Lektüre, der akribischen Aufarbeitung von tmb sei Dank, wird einem schlagartig bewusst mit welchem IQ man hier konfrontiert wird. Auf der einen Seite die Vergabepraxis des BMWi und andererseits die Qualifikation des Auftragnehmers. Da fehlen einem nicht nur die Worte. Und dann noch die Frage aller Fragen, fängt wie immer mit A an und endet mit A. Das diese "Abwehrmaßnahmen" nicht durch die Standesvertretung erfolgen, gibt mehr als zu denken. Vielleicht sollten Mittel von "wartendesA" bereit gestellt werden damit derartige Situationen von Helfern anderer "Reaktionsklassen" erledigt werden können. Beim Militär nennt man das "Hinhaltender Angriff im Rückzug in einen sicheren Verfügungsraum". Sogenannter Veteranenangriff. Soll heißen: Locke den Feind ins Apothekerhaus und erledige dann den Rest. Schade um die neue Bleibe, aber ohne Verluste geht es eben nicht. Es gäbe natürlich auch noch andere Alternativen, aber allzu große Aktivitäten aus Berlin sollte man nicht erwarten. Akteure gibt es noch zur Genüge, es läuft doch, ohne ABDA ... und ...

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