Tübinger Wissenschaftler

Malaria-Impfstoff verspricht vollständigen Schutz

Tübingen - 16.02.2017, 11:30 Uhr

Malaria-Parasiten werden durch den Stich der weiblichen Anophelesmücke übertragen. Der Parasit Plasmodium falciparum ist für einen großen Teil der Malaria-Erkrankungen weltweit und nahezu alle Todesfälle verantwortlich. (Foto: auimeesri / Fotolia) 

Malaria-Parasiten werden durch den Stich der weiblichen Anophelesmücke übertragen. Der Parasit Plasmodium falciparum ist für einen großen Teil der Malaria-Erkrankungen weltweit und nahezu alle Todesfälle verantwortlich. (Foto: auimeesri / Fotolia) 


Seit Jahrzehnten suchen Forscher nach einem Impfstoff gegen Malaria - bisher ohne großen Erfolg. Nun haben Tübinger Forscher eine Vakzine getestet, die vollständigen Schutz bieten kann. Doch für die Umsetzung des Ansatzes in großem Stil gibt es eine Hürde.

Neue Hoffnung auf eine wirksame Impfung gegen Malaria: Ein internationales Forscherteam unter Leitung von Tübinger Medizinern hat einen Impfstoff entwickelt, der in einer ersten Studie Patienten vollständig vor der Infektionskrankheit schützte. Zudem habe es keine gravierenden Nebenwirkungen gegeben, berichten Peter Kremsner und Benjamin Mordmüller vom Tübinger Institut für Tropenmedizin und vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) im Fachjournal „Nature“.

Malaria ist weltweit eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben sich im Jahr 2015 etwa 214 Millionen Menschen mit dem Erreger infiziert. Rund 438.000 Patienten starben an den Folgen der Erkrankung, etwa 90 Prozent davon in Afrika, darunter viele Kinder. Ausgelöst wird Malaria durch Plasmodium-Parasiten, die durch Anophelesmücken übertragen werden. Von den Erregern gibt es mehrere Varianten, die häufigste und gefährlichste ist P. falciparum.

An dieser Variante setzen die aussichtsreichsten Malaria-Impfstoffe an. Sie enthalten oft Proteine des Parasiten, um das Immunsystem zu sensibilisieren. Dies ist etwa bei RTS,S der Fall, der zwar 2015 als erster Malaria-Impfstoff von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) empfohlen wurde, aber nicht zuverlässig schützt.

Die Tübinger Gruppe spritzte nun 67 Teilnehmern nicht-abgeschwächte Erreger im Sporozoiten-Stadium – in dieser Phase gelangen die Einzeller durch Mückenstiche in den Körper – zusammen mit dem Malariamittel Chloroquin. Dabei variierten die Wissenschaftler sowohl die Dosierungen als auch die Abstände der drei Impfungen. Anschließend wurden die Teilnehmer mit Malaria infiziert.

Starke Immunantwort ausgelöst

In den meisten Gruppen waren zumindest einige Teilnehmer vor dem Erreger geschützt. Jene neun Probanden, die die höchste Dosis dreimal im Abstand von 28 Tagen erhielten, waren für den Zeitraum von mindestens zehn Wochen vollständig geschützt. „Durch die Impfung mit einem lebenden und zuerst nicht abgeschwächten Erreger ist es uns ganz offensichtlich gelungen, eine sehr starke Immunantwort auszulösen“, wird Erstautor Mordmüller in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. Nun will das Team die Vakzine in Gabun über mehrere Jahre testen.

Bei der höchsten Dosis erhielten die Teilnehmer mehr als 51.000 Sporozoiten. Darin sieht Jürgen May vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg, der an der Studie nicht beteiligt war, eines der Hauptprobleme bei der Herstellung des Impfstoffes: „Die Sporozoiten müssen aus den Speicheldrüsen von Mücken herauspräpariert werden.“ Dies sei für Forschungszwecke zu bewältigen, behindere aber eine Herstellung im großen Maßstab. Außerdem könne die große Vielfalt der Malaria-Erreger in der Natur den Schutzeffekt beeinträchtigen.

Auch der Impfstoff RTS,S habe im Labor sehr gute Schutzwirkung erzielt, bei Feldversuchen habe er jedoch nur etwa ein Viertel der Geimpften geschützt. Derzeit gebe es etwa 30 bis 50 ernsthafte Versuche, einen Malaria-Impfstoff zu entwickeln. Dies sei bei P. falciparum deshalb schwieriger als bei Bakterien oder Viren, weil der Parasit sich während seines Lebenszyklus mehrmals verändere.

Erst im Januar hatte ein Team aus Seattle eine Vakzine mit genetisch abgeschwächten Malaria-Erregern vorgestellt. Bei den zehn Teilnehmern hatte sich die völlig neuartige Impfung als gut verträglich erwiesen und zudem eine deutliche Immunantwort ausgelöst. Die von den Menschen gebildeten Antikörper hatten humanisierte Mäuse vor einer Infektion mit dem Parasiten geschützt. Aber auch dieser Ansatz hat das gleiche Problem wie jener der Tübinger Forscher: Derzeit können die Sporozoiten nur in Anopheles-Mücken produziert werden, aus deren Speicheldrüsen sie dann isoliert werden müssen.



dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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