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Rx-Versandverbot
Apotheker streiten mit SPD und Grünen auf Facebook
Die SPD-Bundestagsabgeordneten Edgar Franke und Sabine Dittmar sowie die Grünen-Arzneimittelexpertin Kordula Schulz-Asche haben sich am vergangenen Wochenende im sozialen Netzwerk Facebook mit mehreren Apothekern angelegt. Alle drei Politiker sprachen sich vehement gegen das geplante Rx-Versandverbot aus. Die Apotheker hingegen attackierten die Abgeordneten dafür, den Versandhandel zu unterstützen.
Die Facebook-Debatte begann am Freitagnachmittag. Die in der Grünen-Bundestagsfraktion für das Thema Arzneimittel zuständige Schulz-Asche postete ein Zitat, in dem sie sich für den Vorschlag ihrer SPD-Kollegen Dittmar und Franke aussprach. Die beiden SPD-Politiker wiederum hatten in der vergangenen Woche erstmals eine konkrete Gesetzesidee präsentiert, mit der sie auf das EuGH-Urteil zur Preisbindung reagieren wollen. Kurz gesagt, soll der Rx-Versand demnach erhalten bleiben, Rx-Boni bis zur Bagatellgrenze von einem Euro erlaubt werden und das Apothekenhonorar zunächst analysiert und dann umgestellt werden. Schulz-Asche hatte diesen Vorschlag auf Facebook unterstützt und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgeworfen, mit dem Rx-Versandverbot den Lobbyinteressen der Apotheker nachzukommen.
Ein Nutzer beschwerte sich bei der Grünen-Politikerin darüber, dass die Gegner des Versandverbotes ihren Vorschlag erst jetzt, also vier Monate nach dem EuGH-Urteil vorlegen. Schulz-Asche hingegen wies darauf hin, dass sie schon im November ein Fachgespräch mit allen Marktbeteiligten im Bundestag geführt hatte und verwies ihrerseits auf das Bundesgesundheitsministerium, das einen Entwurf vorgelegt habe, der „der Vielfalt der Versorgungsfragen geschweige denn den rechtlichen Fragen nicht gerecht“ werde.
Apotheker werfen Schulz-Asche Versand-Nähe vor
Mehrere Apotheker griffen die Grünen-Politikerin dafür an, sich für die „Partikularinteressen“ der Versand-Lobby einzusetzen. Die Pharmazeuten stellten auch klar, dass sie gegen jegliche Rabatte auf Rx-Arzneimittel sind. So schreibt eine Pharmazeutin: „Da mache ich mit meiner Apotheke nicht mit! Kein Rabatt auf meine apothekerliche Arbeit! Kein Rabatt auf Arzneimittel, die lebensrettend sind!“ Die Apotheker befürchten zudem, dass insbesondere kleinere Apotheken auf dem Land der neuen Rabatt-Konkurrenz nicht standhalten könnten, wegbrechen würden und somit längere Fahrtzeiten für Patienten entstehen.
Schulz-Asche ist der Meinung, dass das Rx-Versandverbot juristisch angreifbar wäre. Und zur Landversorgung schreibt die Politikerin auf Facebook: „Ebenso ist zu klären, wie die Versorgung im ländlichen Raum sichergestellt werden kann – z.B. wenn es keinen Verschreiber mehr gibt. Die bisher schlechte Vorbereitung des Gesundheitsministeriums führt dazu, dass bis zur Wahl keine Entscheidung fallen werde.“ Die Regierung habe vielmehr die „ABDA-Forderung“ übernommen und kümmere sich nicht um die wirklichen Versorgungsprobleme.
Die Arzneimittelexpertin hatte schon zuvor behauptet, dass Gröhe ein falsches Spiel mit den Apothekern spiele und bleibt bei dieser Meinung. In der Apotheker-Diskussion schreibt sie: „Sie können sich aber gerne von der CDU an der Nase herumführen lassen. Der Referentenentwurf ist schlampig in der Begründung und wird im Notifizierungsverfahren und wahrscheinlich auch vor dem Verfassungsgericht scheitern.“ Schulz-Asche wies zudem darauf hin, dass es den Versandhandel seit 13 Jahren gebe. Und: „Dass dadurch die Versorgung gefährdet wurde, ist bisher nicht belegt. Die Zahl der Apotheken sinkt, die Zahl der angestellten Apotheker steigt.“
Franke stellt klar: Aus für Geld-Boni
Ebenso hitzig ging es in einer Debatte auf der Facebook-Seite des SPD-Politikers Franke zur Sache. Franke postete dort einen Artikel von DAZ.online, in dem der Lösungsvorschlag von ihm und seiner Parteikollegin Sabine Dittmar vorgestellt wurde. Eine Leserin antwortete: „Niemand ist auf Versandhandel angewiesen. Dank umfassender Botendienste der Vor-Ort-Apotheken, Rezeptsammelstellen u.ä. wird auch in den letzten Winkel des Landes geliefert.“
Nach dem Bekanntwerden des SPD-Vorschlags war vielen Apothekern nicht klar, was die Sozialdemokraten überhaupt erreichen wollen. In den ausformulierten Gesetzesvorschlägen von Dittmar/Franke war festgehalten, dass Boni von bis zu einem Euro für alle erlaubt sein sollen. Unklar war, ob damit auch Bargeld-Boni oder nur Zugaben gemeint sind. Auf Facebook stellte Franke nun klar: Nein, Bargeld-Rabatte sollen weiterhin untersagt sein. Wörtlich schrieb er: „Wenn sie den Vorschlag wirklich ernsthaft lesen und prüfen würden, kämen sie zu einem anderen Ergebnis. Wir verbieten die Boni, gerade auch der Versandhändler, und stellen vielmehr den alten Rechtszustand vor dem EUGH-Urteil wieder her!“
Die SPD sorgt sich um die Spezial-Versender
Ein Apotheker attackierte Franke und Dittmar zudem für das Argument, dass der Rx-Versand erhalten werden müsse, um den Wegfall der sogenannten Spezialversender zu vermeiden. Der Pharmazeut schrieb: „Herr Franke, das ist Hohn! Vielleicht mal ‚miterleben‘ wie Palliativversorgung VOR ORT funktioniert und aussieht! Da haben sie keine zwei Wochen Zeit, bis das dringend benötigte Schmerzmittel kommt (BTMs und BTM-Anfertigungen dürfen ja nicht einmal versendet werden). Zum Thema ‚Spezialrezepturen‘: Fast 400 Vor-Ort-Apotheken haben ‚Reinräume‘, um eine schnelle, flexible und bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten…“
Völlig überraschend mischte sich an dieser Stelle dann Sabine Dittmar in die Diskussion ein. Dittmar ist in der SPD-Bundestagfraktion für das Thema Apotheken zuständig. Die SPD-Politikerin schrieb: „In der SAPV werden die Patienten u.a. mit individuellen parenteralen Lösungen (Schmerztherapie etc.) versorgt, die in einem der von Ihnen genannten 400 Apotheken mit Sterillabor hergestellt werden. Mit einigen von diesen Apothekern habe ich gesprochen und diese berichten mir glaubhaft, dass sie diesen Bedarf – oft im Radius von über 100 km – von Fahrern (Hilfskräften) ausliefern lassen.“ Und weiter: „Für diese Art der Versorgung wird die Rechtsgrundlage des Rx-Versandhandels benötigt, da kein persönlicher Patientenkontakt bestand, die Zustellung durch eine Hilfskraft erfolgt und gewünschte Beratung nur telefonisch erfolgen kann. Nach dem Entwurf von Herrn Gröhe ist natürlich die Versorgung dieser Fälle auch weiterhin möglich, nur wird dann zukünftig die pharmazeutische Fachkraft durch die Lande fahren und beliefern.“
Dittmar stellte weiterhin infrage, ob es im Apothekenmarkt überhaupt das benötigte Personal gebe, um die wegbrechende Versorgung der Spezialversender „aufzufangen“. Aus Sicht von Dittmar gäbe es mit dem Rx-Versandverbot außerdem Probleme mit den rechtlichen Regelungen rund um den Botendienst. Die SPD-Politikerin schrieb, dass der „Long-Distance-Botendienst“ ausschließlich durch die Versandhandelserlaubnis der Apotheker abgesichert sei. Nochmals stellte die Sozialdemokratin außerdem klar, dass sie um die Bedeutung der Vor-Ort-Apotheken wisse. „Ich weiß sehr wohl, wie wichtig unsere Vor-Ort Apotheken sind, deshalb habe ich mich u.a. auch vehement für die bessere Vergütung von Rezepturen und BTM eingesetzt. Aber es gibt zwischenzeitlich eben auch Versorgungsbedarfe, die durch die jetzt geplante weitere restriktive Handhabung des Botendienstes (keine telefonische Beratung, Begrenzung auf Einzugsgebiet) nur sehr viel organisatorisch und personell aufwendiger zu erfüllen sind.“
10 Kommentare
Apotheker haben das Thema voll verfehlt - oder?
von Franz-Josef Müller am 21.02.2017 um 10:40 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 4 Antworten
AW: Apotheker haben das Thema voll verfehlt
von Reiner G. Danke am 21.02.2017 um 10:50 Uhr
AW: Apotheker haben das Thema voll verfehlt
von Franz-Josef Müller am 21.02.2017 um 11:09 Uhr
AW: Apotheker haben das Thema voll verfehlt
von Reiner G. Danke am 21.02.2017 um 12:27 Uhr
AW: Apotheker haben das Thema voll verfehlt
von Franz-Josef Müller am 21.02.2017 um 12:48 Uhr
Politik von der Hand in den Mund ...
von Christian Timme am 20.02.2017 um 19:23 Uhr
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Rot Grün ist für Apotheker überhaupt nicht sexy....
von Veit Eck am 20.02.2017 um 18:27 Uhr
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Recherche?
von Christian Timme am 20.02.2017 um 15:05 Uhr
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Recherche? Herr Rohrer...
von Rolf Lachenmaier am 20.02.2017 um 14:13 Uhr
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Streit
von Frank ebert am 20.02.2017 um 13:48 Uhr
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