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Tag der seltenen Erkrankungen
Seltene Krankheit, seltene Behandlung
Für Patienten mit einer seltenen Lichtunverträglichkeit ist jeder sonnige Tag eine Tortur. Seit zwei Jahren gibt es ein Medikament dagegen – doch nur die wenigsten werden damit behandelt. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung ist verärgert.
Ursula Simmerkus muss sich seit ihrer Geburt vor der Sonne verstecken. Sie trägt auch bei Höchsttemperaturen eine lange Baumwolljacke, Lederhandschuhe, einen mit Silberfolie beschichteten Schutzschirm. Die 50-Jährige leidet an einer seltenen Krankheit: Erythropoetische Protoporphyrie, kurz EPP. Bei der Gartenarbeit, bei Ausflügen mit ihren Kindern oder auf dem Weg zur Arbeit: Gelangt Sonnenlicht auf ihre Haut, erleidet sie höllische Schmerzen. „Es fühlt sich an, als ob man die Hände auf eine glühende, gusseiserne Platte legt“, sagt sie.
Mit einer Lichtallergie, die zum Beispiel Hannelore Kohl hatte, hat EPP nichts zu tun. Simmerkus’ Krankheit beruht auf einem seltenen Gendefekt, der eine Stoffwechselstörung verursacht. Ein Vorläufer des roten Blutfarbstoffs, Protoporphyrin, reichert sich im Körper an und löst die Lichtunverträglichkeit aus.
Zum heutigen europäischen Tag der seltenen Erkrankungen erklärte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: „Wir lassen Menschen mit seltenen Krankheiten nicht alleine.“ Doch für EPP-Patienten wie Ursula Simmerkus klingt das wie ein schlechter Scherz. Seit mehr als zwei Jahren gibt es ein Medikament gegen die Symptome von EPP. Das Implantat heißt Scenesse und gibt stetig den Wirkstoff Afamelanotid ab. Er stimuliert die Melaninproduktion, macht die Haut dunkler – und so widerstandsfähiger gegen Sonnenlicht.
Im Dezember 2014 wurde es von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zugelassen. Nach langen Querelen zwischen dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und dem Hersteller Clinuvel dürfen seit vergangenem Jahr endlich auch in Deutschland Patienten damit behandelt werden. Doch Ursula Simmerkus wartet immer noch auf das Medikament. Wie kann das sein?
Strenge Auflagen für das einzige Medikament
Nur schätzungsweise 400 Menschen in Deutschland leiden an EPP. Wie bei vielen seltenen Erkrankungen ist es deshalb schwierig, ausreichend viele Patienten für Studien zu finden, die die Wirksamkeit und Sicherheit eines neuen Medikaments belegen. Weil Patientenvertreter dennoch auf Scenesse setzten, hat die EMA das Medikament zugelassen – unter strengen Auflagen.
Der Hersteller Clinuvel musste spezielles Schulungsmaterial für Ärzte vorbereiten, ein Patientenregister und ein Studienprotokoll zur Verfügung stellen. Damit sollen Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments langfristig nachgewiesen werden. Allein dieser Prozess hat 18 Monate gedauert. Hersteller und Bfarm schieben sich gegenseitig die Schuld für die Verzögerung zu.
Nicht ausreichend Behandlungsplätze
Vor allem aber muss der Hersteller Kliniken als spezielle Behandlungszentren ausbilden und zertifizieren. Dafür kommen laut Hersteller nur acht Kliniken infrage, weil die Anforderungen der Zulassungsbehörden an die Ausstattung sehr hoch seien. An der Uniklinik Düsseldorf werden bereits seit vergangenem Jahr Patienten mit Scenesse behandelt. In Chemnitz, Berlin und Münster sollen ab März weitere behandelt werden, sagt Clinuvel-Sprecher Lachlan Hay. Er geht davon aus, dass alle rund 400 EPP-Patienten in Deutschland von diesen vier Zentren versorgt werden könnten. „Aber wir brauchen noch Zeit, um die Kapazitäten aufzustocken“, sagt er. Wie lange das noch dauern wird, könne er nicht sagen.
Bislang gibt es nicht ansatzweise genug Behandlungsplätze für alle EPP-Betroffenen in Deutschland. Auch aus der Selbsthilfegruppe bekämen nur einige wenige eine Behandlung mit Afamelanotid – und diejenigen hätten schon ein schlechtes Gewissen gegenüber denjenigen ohne Behandlungsplatz, berichtet Simmerkus. „Aber das ist Quatsch! Diejenigen, die uns nicht behandeln, müssen ein schlechtes Gewissen haben.“
Patientenbeauftragter Laumann ist verärgert
Die Behandlung ist langwierig und teuer, rund alle zwei Monate muss sie wiederholt werden. Das Implantieren, die anschließende Beobachtung und die aufwendige Dokumentation kosten viel Zeit und Geld. Auf diesen Kosten wollen die Ärzte nicht sitzen bleiben. Deswegen hätten einige von den Kassen ihrer Patienten eine schriftliche Erklärung gefordert, dass die Kosten erstattet werden, berichtet Karl-Josef Laumann, der Patientenbeauftragte der Bundesregierung. Doch manche Krankenkassen hätten eine solche Erklärung gegenüber ihren Versicherten abgelehnt – und somit für enorme Verwirrung gesorgt. Denn übernehmen müssten sie die Kosten in jedem Fall, bestätigt auch der GKV-Spitzenverband.
„Was mich so ärgert ist, dass Menschen dennoch für die Behandlung kämpfen müssen und kein Beteiligter im Gesundheitssystem bereit ist, über seine Schatten zu springen“, sagt der Patientenbeauftragte Karl-Josef Laumann.
Für Ursula Simmerkus, ist die Situation schwer zu ertragen. „Ich verstehe es bis heute nicht“, sagt sie. „Es geht hier nicht darum, ein oder zwei Mal in den Süden zu fahren. Es geht hier darum, meinen Alltag leben zu können.“
9 Kommentare
Jugendliche leiden stark
von Annette Bühring am 07.03.2017 um 20:04 Uhr
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von Elke Hauke am 02.03.2017 um 21:01 Uhr
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von Erika & Arun Barman am 02.03.2017 um 16:40 Uhr
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