Vichy

L’Oréal verzichtet auf Werbe-Label „apothekenexklusiv“

Stuttgart - 08.03.2017, 07:00 Uhr

Als „apothekenexklusiv“ beworbene Ware landet immer wieder auch bei Discountern. (Foto: dpa)

Als „apothekenexklusiv“ beworbene Ware landet immer wieder auch bei Discountern. (Foto: dpa)


Es hätte ein langer Rechtsstreit werden können – doch nach Informationen von DAZ.online gibt Vichy-Hersteller L’Oréal überraschend auf: In erster Instanz hatte ein Gericht geurteilt, dass L’Oréal aufgrund von Graumarktware Produkte nicht als „apothekenexklusiv“ bewerben darf. L’Oréal einigte sich außergerichtlich mit Beiersdorf – will sich aber weiterhin für den Vertriebskanal Apotheke einsetzen.

Kosmetika oder Nahrungsergänzungsmittel, die trotz der Bewerbung als „apothekenexklusiv“ in Drogerie- oder Supermärkten landen, sind für viele Apotheker ein Ärgernis. Im November entschied das Landgericht Hamburg in einem Rechtsstreit von Eucerin-Hersteller Beiersdorf gegen seinen Mitbewerber L´Oréal, dass die Bezeichnung irreführend ist, da dessen Vichy-Produkte Neovadiol, Normaderm und Idealia regelmäßig auch außerhalb von Apotheken erhältlich sind (Az.: 327 O 90/16). Zuvor hieß es auf der Facebook-Seite: „Die Produkte von Vichy gibt es exklusiv in der Apotheke.“

Der Entscheidung der ersten Instanz hätte ein langer Rechtsstreit folgen können – und tatsächlich hatte L’Oréal zunächst Rechtsmittel eingelegt. Doch nach Informationen von DAZ.online entschied sich der Kosmetik-Hersteller, den Klageweg aufzugeben und in Zukunft auf die Bewerbung mit der Bezeichnung „apothekenexklusiv“ zu verzichten.

Im Einvernehmen nicht mehr exklusiv

Eine Sprecherin von L’Oréal bestätigte diesen Schritt. „Wir haben die rechtliche Auseinandersetzung mit Beiersdorf trotz unterschiedlicher Auffassungen in der Sache einvernehmlich beendet und ebenfalls vereinbart, hierzu keine weitere Stellungnahme abzugeben“, erklärte sie auf Nachfrage. Das Label „apothekenexklusiv“ sei bereits entfernt worden. „Die Auslobung unserer Produkte hatten wir bereits nach dem erstinstanzlichen Urteil anpassen müssen“, erklärte sie.

Gleichzeitig betont die Pressesprecherin von L’Oréal, dass die Entscheidung für den Verzicht auf die Bewerbung als „apothekenexklusiv“ – oder dessen gerichtliche Durchsetzung – keine Kehrtwende in dieser Sache bedeute. Denn ungeachtet dessen werde sich die Firma „natürlich weiterhin für den Vertriebskanal Apotheke einsetzen“, erklärt die Sprecherin.  

Auch Beiersdorf schweigt zu der Einigung

Auch der Hamburger Konzern Beiersdorf schickte auf Nachfrage eine gleichlautende Erklärung – und wollte sich zu einzelnen Punkten ebenfalls nicht äußern. Beiersdorf verwendet selber bei der Bewerbung seiner Eucerin-Produktlinie die Aussage der Apothekenexklusivität nicht.

Der Konzern will aber gleichfalls den Vertriebsweg stärken, betont eine Konzernsprecherin. „Unsere Anstrengungen in der Eucerin Hautforschung, unser Ausbau der Arztempfehlungen, unsere langfristigen Investitionen in den Apothekenvertrieb und -POS sowie die Unterstützung in den Bereichen PTA-/Apothekentrainings, Hautberatungen, Merchandising und Kunden-Service-Center sind tagtäglicher Beweis der nachhaltigen Unterstützung unserer Apotheken-Partner in Deutschland“, erklärt sie. „Dies gilt auch für die Zukunft.“

Wie versteht es der Verbraucher?

Beiersdorf hatte die Bewerbung der Vichy-Produktlinie als objektiv unrichtig und daher irreführend angesehen. Das Landgericht folgte der Argumentation des Hamburger Konzerns: Es sei unerheblich, dass L’Oréal die Produkte nur an Apotheken vertreibt. Der durchschnittliche Verbraucher werde bei der Bewerbung als „apothekenexklusiv“ nicht „mitlesen“, dass es auch Angebote auf dem Graumarkt gibt, die L’Oréal nicht kontrollieren kann. Auch werde er im Regelfall die Aussage nicht so verstehen, dass der Hersteller nur mit Apotheken Verträge abschließt.

Beiersdorf steht möglicher Schadensersatz zu

Das Gericht hatte sogar entschieden, dass Beiersdorf Schadensersatz zusteht. Die Firma hatte vor Gericht argumentiert, dass es „nicht fernliegend” sei, dass Verbraucher sich mit höherer Wahrscheinlichkeit für ein Produkt entscheiden, dass als exklusiv vermarktet wird: Verbraucher brächten Apotheken ein höheres Vertrauen entgegen.

Um zu klären, wie hoch der mögliche Schadensersatzanspruch ist, verurteilte das Gericht L’Oréal, Beiersdorf Auskünfte zur Bewerbung der Vichy-Produktlinie zu geben. Eventuell war dieser heikle Punkt Grund für die außergerichtliche Einigung zwischen den Konzernen: Womöglich hat L’Oréal auf den weiteren Rechtsweg verzichtet – und Beiersdorf dafür auf Schadensersatzansprüche. Doch zu Details wollen sich die Firmen nicht äußern.

Auch ihre Mitbewerber dürften durch das Verfahren ihre Strategien überdenken, Produktlinien als „apothekenexklusiv“ zu bewerben – außer sie können Graumarktpräsenz tatsächlich weitgehend ausschließen.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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