Nicht anders als ein Päckchen Taschentücher

Gericht erlaubt Apotheke 50-Cent-Gutscheine

Berlin - 23.03.2017, 17:15 Uhr

Muss man Boni aus Apotheken rechtlich neu bewerten? (Foto: Sebra / Fotolia)

Muss man Boni aus Apotheken rechtlich neu bewerten? (Foto: Sebra / Fotolia)


Eine Apotheke, die Kunden beim Einkauf oder der Rezepteinreichung einen Wertgutschein über 50 Cent aushändigt, verstößt nicht gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften. Das hat das Landgericht Lüneburg am heutigen Donnerstag in ein einem einstweiligen Verfügungsverfahren entschieden.

Die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Lüneburg hat am 23. März 2017 in einem Streit zwischen zwei Apothekern über die Zulässigkeit von Wertgutscheinen entschieden. Der beklagte Apotheker gewährt solche seinen Kunden für jeden Einkauf in der Apotheke – auch wenn sie ein Rezept einreichen. Der Wert dieses Gutscheins liegt bei 50 Cent.

Eine Kollegin hielt dies mit Blick auf verschreibungspflichtige Arzneimittel für unzulässig. Tatsächlich war dies zuletzt auch gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung: Ein wettbewerbsrechtlich relevanter Verstoß gegen die Preisbindung liegt laut Bundesgerichthof auch dann vor, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt an den Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die ihm diesen wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen.

Keine unsachliche Beeinflussung

Doch nun entschied das Landgericht Lüneburg im einstweiligen Verfügungsverfahren anders und wies den Antrag der Apothekerin ab. Die schriftlichen Gründe liegen noch nicht vor. In einer Pressemitteilung des Gerichts heißt es jedoch, die Gewährung der Wertgutscheine verstoße nicht gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften. Denn Kunden würden hierdurch nicht unsachlich beeinflusst, bestimmte Arzneimittel auszuwählen, weil der Wertgutschein bei jedem Kauf gewährt werde.

Auch hat das Gericht darauf abgehoben, dass der Verbraucher seine Wahl von einer Vielzahl von Kriterien abhängig mache. Dabei gehe es etwa um Erreichbarkeit, Verfügbarkeit von Medikamenten und Beratungskompetenz. Der Bonus von 0,50 Euro spiele insofern „allenfalls eine untergeordnete Rolle“. Andere Apotheken würden in ihrer wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit dadurch nicht eingeschränkt. Letztlich sei der Wertgutschein nach Auffassung der Kammer nicht anders zu bewerten als andere geringwertige Zugaben wie Papiertaschentücher oder Hustenbonbons.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann innerhalb eines Monats Berufung einlegen, über die das Oberlandesgericht Celle zu entscheiden hätte.

Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 23. März 2017, Az.: 7 O 15/17


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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3 Kommentare

Mal nachrechnen

von Michael Mischer am 24.03.2017 um 8:07 Uhr

Auf welche Summe käme ich denn, wenn ich das Päckchen Taschentücher, die Apothekenumschau (mit Fernsehprogramm), das Diabetiker-Rätselheftchen und eine Cremeprobe in meiner Tüte fände?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Zeitrahmen ausnutzen

von Gunnar Müller, Detmold am 24.03.2017 um 2:18 Uhr

Na, dann hoffen wir mal, dass der LAV Niedersachsen bereits mit im Boot war. Denn dumm gelaufen ist das allemal - ob als Alleingang oder mit berufspolitischer Unterstützung.
Die Bundes-SPD und -GRÜNEN mauern derweil weiterhin. Man sollte also ebenfalls nichts überstürzen und den rechtlichen Rahmen voll ausschöpfen. .

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Zeitrahmen ausnutzen

von Dr Schweikert-Wehner am 24.03.2017 um 7:11 Uhr

Herr Kollege
Was meinen Sie mit "den rechtlichen Rahmen ausnutzen"?
Wollen Sie eine Welle lostreten, die den Kinoeffekt auslöst?

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