Karl Lauterbach (SPD) zum Versandhandel

„CDU und CSU verkaufen die Apotheker für dumm“

Berlin - 05.04.2017, 13:10 Uhr

So nicht! SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach will noch einen Kompromiss in Sachen Versandhandel aushandeln. Der Union macht er den Vorwurf, die Apotheker auszunutzen. (Foto: Sket)

So nicht! SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach will noch einen Kompromiss in Sachen Versandhandel aushandeln. Der Union macht er den Vorwurf, die Apotheker auszunutzen. (Foto: Sket)


Nach dem Scheitern des Rx-Versandverbotes im Koalitionsausschuss geht der politische Streit zwischen Union und SPD weiter. Nachdem die Union die Kompromiss-Verhandlungen abgebrochen hat, macht SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach der CDU und der CSU schwere Vorwürfe. Die Union missbrauche die Apotheker als Wahlkampf-Hilfe. Trotzdem will Lauterbach noch in dieser Legislaturperiode ein Versandhandels-Gesetz auf den Weg bringen.

Vor einer Woche scheiterte das Rx-Versandverbot im Koalitionsausschuss. Monatelang hatten Union und ABDA auf der einen Seite und die SPD und Versandapotheker auf der anderen Seite um eine Lösung gerungen. Aber weder die ABDA noch die Union wollten Kompromisse akzeptieren, die nicht das Verbot beinhalteten. Die SPD und Versandhändler waren ihrerseits nicht bereit, das Versandverbot zu akzeptieren. Ende vergangener Woche hatte Georg Nüßlein (CSU), Fraktionsvize der Union im Bundestag, der SPD vorgeworfen, dass die Absage an das Verbot eine Gefährdung der Apotheke vor Ort nach sich ziehen könne.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Karl Lauterbach, schießt nun zurück: Aus seiner Sicht ist es die Schuld der Union, dass die Situation nach dem EuGH-Urteil nun gänzlich ungelöst bleibe. Lauterbach wirft CDU und CSU vor, die Apotheker im Wahlkampf gegen die Sozialdemokraten als „Wahlkampfhilfe“ zu „missbrauchen“. Wörtlich erklärte der SPD-Politiker bei einem Pressegespräch am heutigen Mittwoch in Berlin: „Ich bedauere sehr, dass die Union inzwischen öffentlich zugegeben hat, dass sie mit den Apothekern Wahlkampf machen will. Die Union missbraucht die Apotheker hier als Wahlkampfhilfe.“

Lauterbach erklärte weiterhin, dass er hoffe, dass die Apotheker dieses Spiel durchschauen. „Ich kann nur hoffen, dass sich die Apotheker dem nicht anschließen und merken, dass sie ausgenutzt werden.“ Denn eines sei klar: Das Versprechen der Union, das Rx-Versandverbot in der nächsten Legislaturperiode erneut aufzugreifen, ist aus Lauterbachs Sicht unrealistisch. „Außer der Linkspartei will keiner das Verbot. Die Union kann es also nur bei absoluter Mehrheit oder mit Sahra Wagenknecht verabschieden.“ Allerdings ist sich Lauterbach sicher, dass der Bürger „schon sehen wird, dass der Versandhandel eine wichtige Bedeutung hat.“

SPD: Neues Beratungshonorar für Apotheker

Der SPD-Gesundheitsexperte erneuerte auch aus fachlicher Sicht seine Kritik an dem Verbot: „Wir wollten den deutschen Versandhandel unbedingt am Netz behalten. Denn es gibt darunter wichtige Spezialversender, die beispielsweise Infusionslösungen oder Medikamente für Spina Bifida verschicken.“ Lauterbach erinnerte mehrfach an die Fachgespräche im Bundestag, die er mit der ABDA, der Unionsfraktion sowie den deutschen und ausländischen Versandapotheken geführt hatte. Im Rahmen dieser Gespräche sei die ABDA nicht „in der Lage gewesen“, darzustellen, wie man den Wegfall der Spezialversender ersetzen könne.

Er verwies auch darauf, dass der Versandhandel einen Anteil von etwa 1,6 Prozent am Rx-Markt hat. Dass Landapotheken wegfallen, habe nichts mit dem Marktanteil der Versender zu tun, sondern damit, dass Ärzte aus der Region gehen und die Apotheken dadurch nicht mehr rentabel seien, so Lauterbachs Theorie. „Wir müssen deshalb dafür sorgen, dass die Apotheke den Weggang eines Arztes verkraftet und vor Ort bleibt.“

Lauterbach will nun ohne Union weiter verhandeln

Der SPD-Politiker kündigte allerdings an, nun alleine mit den Apothekern verhandeln zu wollen. Nachdem Nüßlein angekündigt hatte, nicht mehr an Kompromissverhandlungen teilnehmen zu wollen, werde er die ABDA und die Versandapotheker „schon bald“ zu einer neuen Gesprächsrunde einladen.

Welches genaue Ziel er verfolgt, wollte Lauterbach nicht preisgeben. Nur so viel: Es müsse sichergestellt werden, dass Rx-Boni keine Apotheke-vor-Ort aus dem Markt drängen. Welche Regulierung der Rabatte und Rx-Boni er sich vorstellt, erklärte Lauterbach nicht. Neben der Begrenzung der Boni will Lauterbach allerdings am Apothekenhonorar schrauben. Der SPD-Politiker sagte: „Es kann nicht sein, dass ein Apotheker, der berät, und ein Apotheker, der nicht berät und das Medikament wortlos abgibt, das gleiche Honorar behalten. Die Apotheker sind sehr gut qualifizierte Fachkräfte, wir müssen sie mehr für ihre Kompetenzen entlohnen.“ In der Vergangenheit hatte der SPD-Politiker bereits ein Beratungshonorar vorgeschlagen, dass Apotheker abrechnen können, wenn sie eine Beratungskabine vorhalten. Wie genau das neue Beratungshonorar aus seiner Sicht gestaltet werden soll, dazu sagte Lauterbach nichts.

Die ABDA dürfte von solchen Paketlösungen nicht begeistert sein. Kurz nach dem Koalitionsausschuss hatte Präsident Friedemann Schmidt gesagt, dass er keine „faulen Kompromisse“ wolle, die Rx-Boni beinhalteten. Auch Fritz Becker hatte zuvor bekundet, dass ihm der Status Quo lieber sei als ein Boni-Deckel.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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15 Kommentare

"vorwärts" mit dem Spargeldampfer?

von Rolf Lachenmaier am 06.04.2017 um 8:48 Uhr

Ich weiß ja nicht, wie es die Redaktion mit Fremdlinks hält, aber zur Erinnerung für den Hrn. Prof. Lauterbach:

Die "vorwärts" Gespräche: einfach mal DocM als Suchwort eingeben... https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Sonstiges__Papiere_et_al_/20161222_Dossier_NWMD.pdf

Das "vorwärts"Magazin. Ausgabe Dez2016, S.39 (halbseitig) https://www.vorwaerts.de/system/files/vorwaerts_122016_mit_europa.pdf
Ist aber nichts "Neues", gab es schon 2013: https://issuu.com/vorwaerts.de/docs/vorwaerts_06_13/31

https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2016/11/22/parteiensponsoring-nun-auch-bei-der-spd-in-der-kritik/chapter:2

Und da gibt es wohl noch vieles mehr... noch Fragen, Hr. Prof.?!

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AW: "vorwärts" mit dem Vorwärts ...

von Christian Timme am 09.04.2017 um 11:12 Uhr

Was mich besonders angesprochen hat, war eine Bildunterschrift im Vorwärts unter dem Bild von Sigmar Gabriel: "Sigmar Gabriel ist Parteivorsitzender der SPD". Donnerwetter, das wußte ich auch noch nicht ... oder, wenn ich jetzt Lauterbach höre, ist mir alles klar...

Lauterbachs Angebot

von Michael Hofheinz am 05.04.2017 um 19:55 Uhr

1. Bei der Erlaubnis des Arzneimittelversandes wurden uns gleichlange Spieße versprochen. Diese wurden von den Versandhändler und deren Unterstützer selbst geknickt, damit sie den einprozentigen Umsatzanteil steigern können.
2. Es geht nicht um Boni und Bagatellrabatte, sondern um die Aufhebung der Arzneimittelpreisverordnung für Versandapotheken aus dem Ausland.
3. Es geht um die Aufhebung der Preisgleichheit was 1975 10 000 inhabergeführten Drogerien und 120 000 inhabergeführten Lebensmittelgeschäften die Existenz gekostet hat. Mit wem soll eine Beratung abgerechnet werden? Mit der GKV und PV oder mit dem Patient?
4. Mit wem soll eigentlich eine Beratung abgerechnet werden? Mit der GKV und PV oder mit dem Patient? Bei gleichem Fixum?

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RX - Versand

von Frank Bünder, Heilpraktiker, am 05.04.2017 um 19:23 Uhr

Ich wünsche der Apothekerschaft etwas mehr Zuversicht in die Zukunft. Selten wird so heiß gegessen wie gekocht wird. Selbstverständlich wünscht niemand und nützt niemandem ein Apothekensterben. Und dies wird auch sicherlich nicht so wie befürchtet eintreten. Die Apotheke vor Ort ist ein unverzichtbarer Partner und wird bei entsprechendem Engagement und Flexibilität gute Bestandsaussichten auch zukünftig haben. In schwierigem Umfeld könnten z. Bsp. auch Apotheker mehr koopieren und die Last teilen.

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AW: RX - Versand

von Heiko Barz am 06.04.2017 um 11:51 Uhr

Wenn Sie jemals die aktuelle Wirtschaftssituation der Deutschen APOTHEKE analysierten, dann würden Sie solch einen Blödsinn sicher nicht niederschreiben und verbreiten wollen.

Für wie dumm hält er uns eigentlich?

von Christian Springob am 05.04.2017 um 19:07 Uhr

Wer bitteschön glaubt diesem Heini eigentlich noch? Er, der einen fiesen Rosenkrieg mit seiner Frau in der Vergangenheit geführt hat, jenseits von Moral, Er, der durch alle Nischen flutscht, weil er so geschmiert ist, Er, dessen Ex gesagt hat, "dieser Mann darf nie einen Ministerposten bekommen", dieser "Er" meint nun, wir würden ihm auch nur ein Wort glauben, dass er es "gut" mit uns meint?
Wie lächerlich ist das denn mit den Beratungskabinen? Werden nun die alten "Der große Preis"-Kabinen rausgeholt, in der dann die Kunden sitzen, wenn es um ein Risiko bei den Arzneimitteln geht? Oder dürfen wir dann zukünftig von jedem Beratungsgespräch ein Protokoll anfertigen? Er lebt in seiner ganz eigenen Welt, jenseits von Gut.
Lauterbach ist einer der Gründe, warum die SPD mit ihm unwählbar bleibt!

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AW: Privatangelegenheiten

von Holger am 06.04.2017 um 8:22 Uhr

Ich bin kein Fan von Karl Lauterbach, aber was haben seine Privatangelegenheiten wie familiäre Trennungen und die private Meinung seiner Ex-Frau über ihn mit seinen politischen Ämtern und Positionen zu tun? Limitiert demnächst die Meinung der Ex-Gattinnen über ihren Verflossenen, ob jemand Minister werden "darf"??? Bitte bleiben Sie sachlich!

Apotheker für dumm verkauft?

von Peter Bauer am 05.04.2017 um 17:36 Uhr

Angenommen es wäre tatsächlich, so,finde ich es in diesem Fall nicht schlecht für dumm verkauft zu werden.Die Vorhaben der SPD bezüglich des RX-Versandverbots sind auch nach einem halben Jahr nur leere ,vollmundig schwulstige Worte und bis jetzt nur leeres Getrommel ohne konkrete Taten oder Vprschläge wie auch von ihrem neuen Vorsitzenden Schulz.SPD heißt anscheinend jetzt Schwaffelpartei.Deutschlands

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Höre ich da leises "Schlottern"?

von Michael J. Müller am 05.04.2017 um 17:11 Uhr

Scheint so, als ob der Herr mit der Fliege sich Sorgen macht, dass eventuell Wahlkampf gegen die SPD in den Apotheken gemacht werden könnte. Keine Sorge Herr Lauterbach: er könnte nicht gemacht werden, ER WIRD GEMACHT! Jeden Tag aufs Neue. Wir lassen uns nicht von einer Partei vorführen, die ausschließlich aus parteipolitischen Gründen eine Zerpflückung der Apothekenlandschaft in D in Kauf nimmt. Ich habe dies auch bereits an Frau Zypries geschrieben: wir werden unsere Kunden dafür sensibilisieren, welche Parteien das Patientenwohl im Auge haben und angemessen handeln und welche sich augenscheinlich vor den Lobby-Zug von Großkonzernen haben spannen lassen. Unterschätzen Sie die Millionen Kundenkontakte pro Tag besser nicht!

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Versandzwitscherer schon wieder beim lauten Tippen ...

von Christian Timme am 05.04.2017 um 16:33 Uhr

Wahlkampf ohne Lauterbach, das wäre ein Sommer ohne Sonne oder der Rhein ohne Wasser. Als "digitalisierter Zeitgeist" wären "zwitschern", bis zum Herbst, völlig ausreichend ...

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Mehrheitlich

von Dr Schweikert-Wehner am 05.04.2017 um 15:29 Uhr

Ich darf daran erinnern, dass das RX-Versandverbot eine Mehrheit in Bundestag und Bundesrat hat. Wenn die Union es ernst meint bringt sie den Gesetzentwurf auf den Weg. Wenn die SPD ein normales Demokratieverständnis hat, verzichtet Sie auf den "Fraktionszwang".

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AW: Mehrheitlich

von Reinhold Wirth am 05.04.2017 um 16:23 Uhr

War dies die Motivation der SPD?
Die CDU in die Arme der Linken treiben.
Der rote Socken-Thema wäre im Wahlkampf unter einem andere Vorzeichen.

Solche Politiker müssen abdanken

von Karl Friedrich Müller am 05.04.2017 um 15:25 Uhr

Wo ist das Plakat vom Kubiki?
Versammelt Euch alle darunter. Nach dem Motto:
Dummschwätzer aller Parteien vereinigt Euch!
Oder einfach mal die Fresse halten, wenn doch nur der übliche Quatsch raus kommt, basierend auf Lügen der DocMorris Propaganda.
Das System hat wunderbar funktioniert.
Bis zum EuGH Urteil. Seither wird seitens durch Spargel beeinflusste (von DocMorris bezahlt) das Blaue vom Himmel gelogen und schamlos jegliche Inkompetenz, Unwissen, Demagogie, Gier und Verachtung für das Volk demonstriert.
Politik für die Konzerne, eindrucksvoll wieder präsentiert in: Die Anstalt.
Gestern.

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AW: Solche Politiker müssen abdanken

von Heiko Barz am 06.04.2017 um 11:13 Uhr

Anmerkung:
Die SPD General....Karin Barley behauptete jüngst in einem Podiumsgespräch, ( es ging um Wahrheiten zwischen Politik und Medien ) die Behauptungen ' Rent a Sozi' und 'Spargelfahrten' seinen bewußt gesteuerte ' Fake News '.

dumm

von florian becker am 05.04.2017 um 15:23 Uhr

Sie müssen sich gar keine Sorgen machen Herr Lauterbach:
Die Apothekerinnen und Apotheker wissen GANZ GENAU, wer sie permanent für dumm verkauft.
Und wenn man die Kommentare in den Foren liest, habe ich so das Gefühl, dass wir das auch nicht mehr so einfach hinnehmen werden..
Seien Sie also ganz beruhigt: Die, die uns für dumm verkaufen, werden das bis zur Wahl zu spüren bekommen..

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