Herzkreislaufrisiko mindern

Mediterrane Diät, etwas Sport und weniger Stress reichen

Stuttgart - 03.05.2017, 07:05 Uhr

Gesundheitsvorsorge kann lecker sein. (Foto: Gudrun / Fotolia)

Gesundheitsvorsorge kann lecker sein. (Foto: Gudrun / Fotolia)


Drei namhafte Experten fordern einen Paradigmenwechsel in der Pathogenese der koronaren Herzkrankheit und deren Behandlung. Für sie hat das konzeptionelle Modell von gesättigtem Nahrungsfett, das ein „Rohr verstopft“, ausgedient. Aus neueren Studien lasse sich kein Zusammenhang zwischen dem Verzehr gesättigter Fette und der Gesamt-Sterblichkeit oder der koronaren Herzkrankheit ablesen.

Die weit verbreitete Meinung unter Ärzten und der Öffentlichkeit, dass gesättigte Fette die Arterien „verstopfen“ und so eine koronare Herzkrankheit auslösen, sei „schlichtweg falsch“, behaupten drei Kardiologen in einem Editorial im British Journal of Sports Medicine. Es sei an der Zeit, den Fokus weg von der Senkung der Blutfette und der Beschränkung gesättigter Fette in der Nahrung auf die Bedeutung des „richtigen Essens“, eines täglichen flotten Spaziergangs und der Verminderung von Stress zu lenken, um Herz-Kreislauferkrankungen zu minimieren. 

Gesättigte Fette seien nicht der „Hauptschuldige“

Diese Behauptung stellen international renommierte Wissenschaftler auf, und zwar Aseem Malhotra vom Lister-Krankenhaus in Stevenage, Hertfordshire/UK, die Herausgeberin des JAMA Internal Medicine Rita Redberg von der University of Califormia, San Francisco (UCSF), und Pascal Meier vom Universitätskrankenhaus Genf sowie vom University College London, Herausgeber des BMJ Open Heart.

Die Experten begründen ihre Theorie mit den Ergebnissen jüngerer Reviews und Metaanalysen. Unter anderem habe ein systematischer Review mit einer Metaanalyse von Beobachtungsstudien keinen Zusammenhang zwischen dem Verzehr gesättigter Fette und der Gesamt-Sterblichkeit (all-cause mortality), der koronaren Herzkrankheit, der KHK-Mortalität, dem ischämischen Schlaganfall oder Typ-2-Diabetes bei gesunden Erwachsenen gezeigt.

Thrombosen sind der wahre Killer

Die drei Kardiologen halten die Verhinderung der Atherosklerose zwar für wichtig, die Atherothrombose aber für den „wahren Killer“. Die meisten kardialen Ereignisse träten an Standorten mit einer weniger als 70-prozentigen Obstruktion auf, führen sie ins Feld, und diese erzeuge bei Stresstests keine Ischämie. Die Grenzen der aktuellen „Rohrleitungs-Theorie“ offenbarten sich umso deutlicher in einer Reihe von klinischen Studien, die zeigen, dass Stents zur Erweiterung verengter Arterien das Risiko von Herzinfarkt oder Tod nicht mindern

Lipoproteine lange überbewertet

Jahrzehntelang habe der Schwerpunkt auf dem Primat gelegen, das Plasma-Cholesterin zu senken – als sei dies ein Selbstzweck, wie die Wissenschaftler anmerken. Für sie ist dies jedoch eine Fehlannahme. Sie halten das Verhältnis von Gesamtcholesterin zu den Lipoproteinen hoher Dichte (HDL) für den besten Prädiktor für das Herz-Kreislauf-Erkrankungsrisiko, nicht aber die Lipoproteine geringer Dichte (LDL). Nach einem jüngeren Review soll LDL-Cholesterol bei über 60-Jährigen nicht mit kardiovaskulären Erkrankungen assoziiert sein, sondern im Gegenteil invers assoziiert mit der Gesamtsterblichkeit.

Ernährungsumstellung soll reichen

Das Verhältnis von Gesamtcholesterol zu HDL könne mit einer Ernährungsumstellung, etwa dem Umsteigen von raffinierten Kohlenhydraten auf gesunde fettreiche Nahrungsmittel (wie Nüsse und Olivenöl), rasch reduziert werden, behaupten die drei Autoren.

Als chronische entzündliche Erkrankung spreche die KHK auf eine mediterrane Ernährung gut an, denn diese sei reich an antientzündlichen Verbindungen, wie sie etwa in nativem Olivenöl extra, Gemüse und Fisch vorkommen. Malhotra, Redberg und Meier verweisen hierzu auf die Ergebnisse der PREDIMED-Studie und der Lyon Heart-Studie

Drei Mal pro Woche 30 Minuten stramm gehen

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sei Bewegung, wobei wenig schon viel sei. Nur 30 Minuten moderate Aktivität pro Tag mindestens dreimal in der Woche wirke Wunder für die Verringerung der biologischen Risikofaktoren für Erwachsene mit einer sitzenden Lebensweise, meinen sie.

Außerdem dürften die Auswirkungen von chronischem Stress nicht übersehen werden, weil dieser die körpereigene Entzündungsreaktion permanent in höchste Alarmbereitschaft versetze.

Die drei Autoren sind überzeugt, dass alles in allem eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und Stressabbau nicht nur ausreichen müssten, um die Lebensqualität zu steigern, sondern auch um die  Gefahr des Todes durch kardiovaskuläre Erkrankungen und alle Ursachen dafür auszubremsen. Es gebe allerdings kein Geschäftsmodell oder einen Markt, um dieser einfachen, aber wirkungsvollen Intervention zum Durchbruch zu verhelfen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.