BVDAK kritisiert Apothekerkammer

Sündenfall Kooperations-Apotheke?

Berlin - 08.05.2017, 17:20 Uhr

Dr. Stefan Hartmann sieht bei der Bayerischen Landesapothekerkammer Zeichen „beängstigender Realitätsverweigerung”. (Foto: BVDAK)

Dr. Stefan Hartmann sieht bei der Bayerischen Landesapothekerkammer Zeichen „beängstigender Realitätsverweigerung”. (Foto: BVDAK)


Der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) wirft der Bayerischen Landesapothekerkammer Realitätsverweigerung vor. Anlass gibt ihm der Rückzug Christian Machons aus dem Kammervorstand. Der Pharmazeut war für seine Entscheidung, eine easy-Apotheke zu eröffnen, stark von Kammermitgliedern kritisiert worden.

Es kommt immer mal wieder vor, dass ein Vorstandsmitglied einer Apothekerkammer ausscheidet. Das muss keine besondere Nachricht sein. Kürzlich sorgte allerdings der Rückzug von Dr. Christian Machon aus dem bayerischen Kammervorstand für Aufsehen. Sieben Jahre gehörte er dem Vorstand an. Doch dann eröffnete der 43-Jährige neben seinen beiden Landapotheken in Unterfranken eine dritte Apotheke – und zwar eine easy-Apotheke. Damit zog Machon massiv Kritik auf sich. Kammerpräsident Thomas Benkert erklärte: „Seine persönliche Entscheidung, eine easy-Apotheke zu gründen, ist nur bedingt vereinbar mit den Vorstellungen, die wir als Vertreter des Berufsstandes haben und nach außen gegenüber der Politik vertreten.“ 

Dr. Stefan Hartmann, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) hat kein Verständnis, dass ein „jüngerer und integrer Landapotheker” wegen fortlaufender Diskussion über seine wirtschaftlich begründete easy-Filialgründung den Vorstand verlässt. Der bayerische Kammervorstand solle offensichtlich eine „kooperationsfreie Zone“ bleiben, mutmaßt Hartmann. 

„Kann denn easy Sünde sein?”

Für den BVDAK sind Denk- und Handlungsverbote in Kammer- und Verbandsvorständen „Ausdruck eines Obrigkeitsstaates, eines Zunftwesens, welches die Pluralität der Handlungen eigener Kammermitglieder nicht wiederspiegelt“. Hartmann fragt: „Kann denn easy Sünde sein? Wie weit geht die Realitätsverweigerung noch?“ 

Für den BVDAK-Vorsitzenden haben sich vor allem die Kammern „ein eigenes Wahrheitsmilieu in ihrer Parallelwelt aufgebaut“. Dies müsse jedoch aufhören. Die Nachwuchssorgen des Berufsstandes würden auf diese Weise noch viel größer.

Hartmann gibt zu bedenken: „Man stelle sich vor, dass Kammervorstände, die mit ihren Filialapotheken über kettenähnliche Gebilde verfügen, das Loblied auf die Einzelapotheke singen und gleichzeitig mit dem erhobenen Zeigefinger – als Ablenkungsmanöver – eine Apothekenkooperation in Misskredit bringen wollen“. Welche Kammervorstände in Deutschland über kettenähnliche Gebilde verfügen, wollte Hartmann in seiner Mitteilung allerdings nicht erklären. Er hält es aber für „durchaus untersuchenswert, die derzeitigen Vorstände von Kammern und Verbänden auf ihre kettenähnlichen Strukturen hin abzuklopfen”. 


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1 Kommentar

Mini-Kooperationen

von NS am 10.05.2017 um 9:17 Uhr

Es ist in der Tat verwunderlich, warum so viele Kammermitglieder sich gegen die Vorteile von Kooperationen sperren. Wie erwähnt nutzen fast alle ähnliche Strukturen in ihren eigenen Apotheken. Denn diese "Familienunternehmen" sind nicht anderes. Ob Einkaufsgemeinschaft bei Arzneimitteln oder im Marketing, der Verfügbarekeitserhöhung durch Belieferung aus einer anderen eigenen Apotheke, der Aufstockung der Freiwahl überall wo sie Platz hat oder Rabatt-Aktionen in Form von Coupons, Talern oder ähnlichem - alles wie in einer Kooperation. Schlimm auch - wenn ich mir bei vielen "normalen Apotheken" die Internetseiten, Werbung oder Gegebenheiten vor Ort mal genauer ansehe, findet man dort in der Regel viel mehr Verstöße als in allen easyApotheken zusammen. Falsche Preisangaben, keine Barrierefreiheit, nicht genug Abstand als Diskretionszone zum HV oder verbotene Nachlaßsysteme. Es werden sogar VIP-Newsletter für Patienten/Kunden angeboten - das bedeutet doch, dass dort eine Zweiklassengesellschaft unter den Kunden gemacht wird - heißt es nicht, dass man alle gleich behandeln muß? Nunja, als Ablenkung auf eine Kooperation zu schießen, die sich mehr als alle anderen an die Vorgaben der Kammer hält (steht ja sonst keiner so unter Beobachtung), deren Apotheken wirtschaftlich die Möglichkeit haben sichere Arbeitsplätze zu bieten und den Auftrag der Apotheken zur Gänze erfüllen - da muss jeder für sich selbst entscheiden. Wer allerdings jetzt noch der Meinung ist, dass die alten Strukturen noch lange Bestand haben werden, der irrt sich gewaltig. Der Prozess wird durch die Kammern nur herausgezögert. Vielmehr sollten diese auf die Kooperationen zugehen und gemeinsam herausfinden, wie sich die Apothekenlandschaft geplant ändern kann und muss - zum Wohle von Apothekern, deren Angestellten und nicht zuletzt den Patienten/Kunden. Die Welt ändert sich, ständig, und alle passen sich an - wer zu langsam ist, der stirbt als erstes! In diesem Sinne...

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