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AKNR ./. DocMorris
Gericht hält DocMorris-Gewinnspiel für gefahrlos
In den vergangenen Wochen gab es einige Entscheidungen, die Apothekern Mut machten, dass der EuGH möglicherweise noch nicht das letzte Wort in Sachen Rx-Preisbindung gesprochen hat. Doch von einer klaren Linie der Rechtsprechung nach dem EuGH-Urteil kann keinesfalls die Rede sein – das zeigt ein Urteil des Landgerichts Frankfurt, das die Kopplung eines Gewinnspiels an die Rezepteinlösung für unproblematisch hält.
DocMorris hatte sich nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 sicher einen klaren Durchlauf noch anhängiger Rechtsstreitigkeiten versprochen. Die Boni auf Rezept der niederländischen Versandapotheke sollten kein Problem mehr sein.
Doch der Bundesgerichtshof tut sich offensichtlich nicht ganz leicht, seine eigene jahrlange Rechtsauffassung aufzugeben. In einem Verfahren zwischen DocMorris und der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) zur Freundschaftswerbung hat er dem Oberlandesgericht Köln aufgegeben, nochmals genau zu prüfen, ob es nicht neue Feststellungen treffen kann, die Veranlassung geben, den Rechtsstreit dem EuGH vorzulegen.
Kurz darauf entschied das Landgericht München, dass die Rx-Boni von DocMorris noch immer heilmittelwerberechtlich verboten sein können, selbst wenn ein Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht nicht bejaht werden kann.
Nun hat das Landgericht Frankfurt in einem weiteren Rechtsstreit zwischen DocMorris und der AKNR zugunsten der Niederländer entschieden. In diesem Fall ging es um ein Gewinnspiel, das DocMorris im Frühjahr 2015 durchgeführt hat. Als Hauptpreis winkte ein E-Bike im Wert von 2500 Euro, zudem wurden neun hochwertige elektrische Zahnbürsten verlost. Teilnahmevoraussetzung war die Einreichung eines Rezepts. Die AKNR mahnte DocMorris seinerzeit ab. Nun – nach dem EuGH-Urteil – ging es im Klageverfahren weiter.
Die AKNR rügt gar nicht erst, dass das Arzneimittelpreisrecht unterlaufen werde. Vielmehr liege ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch vor, weil gegen den Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung und das Heilmittelwerberecht verstoßen werde.
Das sah das Landgericht allerdings anders. Mit sehr knapp gehaltenen Urteilsgründen – im Vergleich zu jenen des Landgerichts München – führt es aus, dass zunächst kein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 Heilmittelwerbegesetz vorliegt. Danach ist es verboten, außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel mit Preisausschreiben oder Verlosungen zu werben, sofern dies einer „unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub” leistet. Die Überlegungen, die die AKNR vorgetragen habe, reichten nicht aus, um tatsächlich eine solche Gefahr nachzuweisen, so das Gericht.
Heilmittelwerbegesetz im Lichte des EuGH-Urteils
Insbesondere handele es sich um „Spekulationen“, dass Patienten nach einer Rezeptausstellung nicht die nächstgelegene Präsenzapotheke aufsuchen, sondern das Medikament nur deshalb bei DocMorris bestellen werden, um an dem Preisausschreiben teilzunehmen. Angesichts von 2,5 Millionen DocMorris-Kunden lege die Gewinnchance ein solches Verhalten nicht nahe.
„Wenig lebensnah“ sei auch die Annahme, dass Patienten wegen des Gewinnspiels mehrere Ärzte aufsuchen, um sich ein Arzneimittel mehrfach verschreiben zu lassen, um die Gewinnchance zu erhöhen.
Ohnehin meint das Landgericht, das Heilmittelwerbegesetz sei nach dem Urteil des EuGH europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass § 11 HWG für EU-ausländische Versandapotheken nicht gilt, soweit es um verschreibungspflichtige Arzneimittel geht. Es würde nämlich einen Wertungswiderspruch darstellen, den EU-ausländischen Versandapotheken auf der einen Seite das Recht einzuräumen, mit freien Preisen Zugang zum deutschen Markt zu erhalten, und auf der anderen Seite die Art und Weise, wie Kunden ein geldwerter Vorteil gewährt wird, über das Heilmittelwerbegesetz wieder einzuschränken. Auch ein Verstoß gegen das Zugabeverbot des § 7 HWG lehnen die Frankfurter Richter aus diesen Gründen ab.
Rahmenvertrag nicht einschlägig
Schließlich sei die Koppelung von Gewinnspiel und Rezepteinlösung nicht im Hinblick auf den Rahmenvertrag zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Deutschen Apothekerverband unlauter. Denn weder § 129 Absatz 2 SGB V – die Rechtsgrundlage dieses Rahmenvertrags – noch der Rahmenvertrag selbst stellen eine Marktverhaltensregelung dar, der zuwidergehandelt werde, um den Wettbewerb spürbar zu beeinträchtigen (im Sinne von § 3 a UWG dar). Es liege auch keine Selbstbindung der Beklagten durch ihren Beitritt zum Rahmenvertrag vor, denn der Rahmenvertrag regele nur das Rabattsystem, die Abgabe von Arzneimitteln und die Freistellung von der Zuzahlungspflicht zwischen Krankenkassen und Apotheken, nicht jedoch die Geschäftspraktiken zwischen Apotheken und deren Kunden. Insbesondere sage er nichts zur Zulässigkeit geldwerter Vorteile im Zusammenhang mit der Rezepteinlösung.
Was lässt sich aus dem Urteil mitnehmen? Die Frankfurter Richter befassen sich nicht eingehend mit der Frage, wie das Heilmittelwerbegesetz nach dem EuGH-Urteil auszulegen ist, sondern gehen einfach von der Durchschlagkraft des Luxemburger Urteils auch auf dieses Rechtsgebiet aus. Das Landgericht München war zu einem anderen Ergebnis gekommen – und hatte sich dazu mit den unterschiedlichen Hintergründen von Heilmittelwerbe- und Arzneimittelpreisrecht auseinandergesetzt. Darauf verweist auch der Prozessbevollmächtigte der AKNR, Dr. Morton Douglas. Damit steht es 1:1 in dieser wichtigen Frage. Nun heißt es abwarten, wie die nächsten Instanzen entscheiden.
Urteil des Landgerichts Frankfurt/M. vom 5. April 2017, Az.: 3-08 O 77/15
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von Anita Peter am 19.05.2017 um 17:04 Uhr
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