Vorwurf: Datenmissbrauch

CSU-Politiker erwägt Strafanzeige gegen DocMorris

München - 23.05.2017, 07:00 Uhr

Schlagabtausch mit DocMorris: Der CSU-Abgeordnete Wolfgang Stefinger ist mit dem Krisenmanagement des niederländischen Versenders nicht zufrieden. (Foto: Hess, Catherina / SZ Photo)

Schlagabtausch mit DocMorris: Der CSU-Abgeordnete Wolfgang Stefinger ist mit dem Krisenmanagement des niederländischen Versenders nicht zufrieden. (Foto: Hess, Catherina / SZ Photo)


Hat die niederländische Versandapotheke DocMorris gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen? Bei einer Protestaktion gegen das Rx-Versandverbot erhielten Politiker Schreiben von Kunden, die diese offenbar nicht abgeschickt haben. DocMorris räumt Probleme ein, doch lägen diese außerhalb der eigenen Verantwortlichkeit. Der CSU-Abgeordnete Wolfgang Stefinger würde notfalls mit Fraktionskollegen Strafanzeige stellen, heißt es aus seinem Büro.

Mit Aktionen gegen das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplante Rx-Versandverbot hat DocMorris bereits vor Wochen einigen Unmut unter Unionspolitikern hervorgerufen, nachdem diese mit automatisierten Schreiben überschüttet wurden. So hatte CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich die Aktion als „bedenklich und merkwürdig“ bezeichnet – mit individuellen Schreiben habe er „überhaupt kein Problem“, erklärte der Gesundheitspolitiker gegenüber DAZ.online, diese werde er „jederzeit ernst nehmen“.

Anders sah es für ihn hingegen mit einer Postkarten-Aktion von DocMorris aus, bei der Kunden ihre Adresse auf einer DocMorris-Kampagnenseite eingeben sollten – daraufhin schickte der niederländische Versender eine Protest-Postkarte an den jeweiligen Unions-Abgeordneten. „Hier werden die Patienten für die Geschäftsinteressen von DocMorris missbraucht“, kritisierte Hennrich im März.

Schon Ende März stand zur Debatte, ob es Unregelmäßigkeiten bei der PR-Aktion gegeben haben könnte – denn Unionsabgeordnete stellten fest, dass die Absender der Karten teils gar nichts davon wussten. So die thüringische Landesgruppe, die insgesamt mehrere Tausend Karten erhielt und feststellte, dass auch betagte, bettlägerige Personen ohne PC-Zugang als Absender aufgeführt wurden. DocMorris selber erklärte damals, seine Aktion sei „missbraucht“ worden, und stellte sie ein.

Doch die Karten trudelten weiterhin in den Abgeordnetenbüros ein, auch nahmen weiterhin unwissende DocMorris-„Unterstützer“ Kontakt mit Unionsabgeordneten auf. Der Münchener CSU-Abgeordnete Wolfgang Stefinger ging so weit, zu fragen, ob es „Datenmissbrauch“ bei DocMorris gebe. 

DocMorris antwortete auf die „Anschuldigungen“

Am vergangenen Donnerstag antwortete die niederländische Versandapotheke Stefinger zu dessen „Anschuldigungen“, wie Strategiechef Max Müller in einem Brief an den Politiker formuliert. Für das Versenden der Postkarten seien die Eingabe der Adresse, die Bestätigung einer Einverständniserklärung sowie die Beantwortung einer Sicherheitsabfrage nötig gewesen, heißt es in dem Schreiben, das DAZ.online vorliegt. „An dieser Stelle hat es anscheinend vereinzelt einen Missbrauch durch eine oder mehrere uns nicht bekannte Personen gegeben“, schreibt Müller. Sofort nach der ersten „Missbrauchsmeldung“ sei die Protestseite am 16. März offline genommen worden. „Diese Personen haben existierende Adressen benutzt, um eine Postkarte zu generieren und damit DocMorris finanziell und in der Reputation zu schaden.“

Während die niederländische Versandapotheke in ihrem Schreiben also schwere Vorwürfe äußert, geht sie auch Stefinger hart an. „Natürlich bedauern wir, dass es zu diesem auch von uns nicht gewollten Missbrauch gekommen ist“, heißt es in dem von Müller unterzeichneten Brief. „Jedoch empfinden wir es ebenso befremdlich, uns zu unterstellen – direkt oder indirekt – absichtlich gehandelt zu haben.“

Wird es ein Fall für den Staatsanwalt?

Das Schreiben habe den CSU-Abgeordneten noch nicht überzeugt, heißt es aus seinem Abgeordnetenbüro in Berlin. Nun werde man DocMorris Gelegenheit geben, den Fall weiter aufzuklären. Falls dies nicht erfolge, gebe es bereits einen alternativen Plan: Stefinger berate mit Fraktionskollegen, Strafanzeige zu stellen. Gegenüber der Münchener Abendzeitung erklärte der Abgeordnete, der an der privaten Universität für Medizinische Informatik und Technik UMIT in Hall in Tirol ein zweijähriges Doktoratsstudium abgeschlossen hatte, den Fall als „ungeheuerlichen Vorgang“.

DocMorris wollte den Vorgang gegenüber DAZ.online in der vergangenen Woche nicht ausführlich kommentieren. „Es hat keinen Datenmissbrauch durch DocMorris gegeben“, hatte Geschäftsführer Olaf Heinrich auf Nachfrage erklärt. „Wir haben die Aktion sehr sorgfältig vorbereitet, insbesondere mit Blick auf den Datenschutz.“



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Standardantwort

von gabriela aures am 23.05.2017 um 10:02 Uhr

Soweit ich das überblicke, ist die aktuelle Antwort von DocMo an Herrn Stefinger absolut wortgleich mit dem Schreiben, welches bereits vor Wochen an die CDU in Thüringen geschickt wurde.

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