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Gesundheitsministerium NRW
„EU-Versandapotheken müssen nicht ordnungsgemäß beliefern“
Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe hat sich bei der noch amtierenden Gesundheitsministerin Nordrhein-Westfalens, Barbara Steffens (Grüne), über mehrere niederländische Versandapotheken beschwert. Konkret ging es darum, dass die EU-Versender offenbar mehreren Patienten Rezepturen verweigert haben. Die Ministerin stellt klar, dass deutsche Behörden ausländische Versandapotheken keinesfalls zur Belieferung verpflichten könnten.
Bei der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) sind in den vergangenen Wochen und Monaten offenbar mehrere Beschwerden über ausbleibende Belieferungen durch EU-Versandapotheken eingegangen. Das teilte ein Sprecher der Kammer auf Nachfrage mit. Daraufhin habe man das zuständige Gesundheitsministerium auf die Vorgänge aufmerksam gemacht. Die Antwort aus dem Ressort von Ministerin Steffens liegt nun vor.
In einem der Fälle soll laut AKWL ein Versender aus der niederländischen Stadt Venlo die Herstellung eines Rezepturarzneimittels komplett verweigert haben. Das Unternehmen habe dies mit fehlender Plausibilität begründet, die Patientin erhielt ihr Rezept zurück. Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening bezeichnet die Begründung der Versandapotheke als „vorgeschobenes Argument“. Denn die Überprüfung der Rezeptur durch die pharmazeutische Fachabteilung der Apothekerkammer und zusätzlich durch das Prüflabor DAC/NRF in Eschborn hat laut AKWL ergeben, dass die beiden verordneten Wirkstoffe miteinander kompatibel seien. „Rein galenisch betrachtet ist die Rezeptur problemlos herstellbar, auch wenn die verordnete Kombination aus Antibiotikum und Glucocorticoid nicht mehr erste Wahl bei der Therapie infizierter Hauterkrankungen ist“, erklärt Overwiening.
Die Kammer zitiert noch einen weiteren Fall, bei dem ein Patient ein Rezept mit dem Wirkstoff Nitrazepam zur Behandlung von Schlafstörungen bei einer weiteren niederländischen Versandapotheke eingereicht hatte. Die AKWL nennt hier ausdrücklich nicht den Namen des Unternehmens, schreibt aber, dass das Rezept in einem Freiumschlag „nach Heerlen“ geschickt worden sei. Und weiter: „Dort wurde die Belieferung mit dem Hinweis auf komplizierte zollrechtliche Regelungen verweigert. Gegen eine Gebühr von 20 Euro konnte sich der Patient sein Rezept dann in einem Paketzentrum zurückholen. In der öffentlichen Apotheke wurde es anschließend binnen weniger Stunden beliefert.“
Ministerium: ApBetrO gilt nicht für Holland-Versender
Overwiening ist aufgebracht: „Aus unserer Sicht ist es unhaltbar, dass Patienten weiterhin mit Rezeptboni angelockt, dann aber möglicherweise gar nicht versorgt werden. Es kann nicht sein, dass sich ausländische Versandapotheken nur die Rosinen aus dem Kuchen herauspicken und damit die Vor-Ort-Apotheken schwächen, diese aber Tag und Nacht für die Versorgung geradestehen“, kritisiert die Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.
Zur Erklärung: Für inländische Apotheken sieht die Apothekenbetriebsordnung vor, dass eine ärztliche Verschreibung in angemessener Zeit auszuführen ist. Bestehen Bedenken, muss die Apotheke diese Unklarheit beseitigen. Die Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung gelten aber nur in Deutschland, nicht für Versandapotheken hinter der Grenze. Trotzdem hat die Kammer das in NRW zuständige Gesundheitsministerium auf die Vorfälle hingewiesen.
Ministerium: Keine behördlichen Maßnahmen möglich
In der Antwort, die DAZ.online vorliegt, schreibt das Haus von Ministerin Steffens, dass man die Einwände „gut verstehen“ könne. Auch aus fachlicher Sicht sei die Bewertung der Kammer korrekt, heißt es in dem Brief. Allerdings könne das Ministerium nicht viel gegen die von den Apothekern beklagte Ungerechtigkeit tun, denn: „Die Vorschriften der ApBetrO finden nur im Geltungsbereich des Apothekengesetzes Anwendung, nicht im Ausland. Ausländischen Apotheken obliegt daher nicht die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung.“ Eine behördliche Maßnahme sei daher nicht möglich.
Die Kammer ist aufgebracht. Präsidentin Overwiening fordert daher: „Wir brauchen, spätestens als erste gesundheitspolitische Maßnahme einer neugewählten Bundesregierung, das Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel. 21 von 28 EU-Staaten verfahren bereits so, bei uns wird es allerhöchste Zeit.“
5 Kommentare
Kontraktionszwang?
von Pierre Roer am 17.06.2017 um 7:06 Uhr
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AW: Kontraktionszwang
von Apotheker am 17.06.2017 um 11:39 Uhr
Fairneß
von Reinhard Rodiger am 16.06.2017 um 20:55 Uhr
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SPD / Grünen
von Anita Peter am 16.06.2017 um 14:44 Uhr
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AW: SPD / Grünen fairer Wettbewerb ?!
von ratatosk am 16.06.2017 um 18:24 Uhr
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