Transparenzkodex

Ärzte geben sich bei Pharma-Honoraren bedeckt

Berlin - 21.06.2017, 13:15 Uhr

Geld für Anwendungsbeobachtungen? Eine gerechtfertigte Investition findet die Pharmaindustrie – Daten aus dem Versorgungsalltag nutzen den Patienten. (Foto: magdal3na / Fotolia)

Geld für Anwendungsbeobachtungen? Eine gerechtfertigte Investition findet die Pharmaindustrie – Daten aus dem Versorgungsalltag nutzen den Patienten. (Foto: magdal3na / Fotolia)


Die forschenden Pharma-Unternehmen werden Ende Juni zum zweiten Mal ihre Geldflüsse an Ärzte, Apotheker und andere Fachkreisangehörige sowie medizinische Institutionen veröffentlichen. An den Summen hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht viel verändert – Bewegung gab es allerdings bei der Bereitschaft der Ärzte, sich namentlich als Empfänger nennen zu lassen: Sie ist gesunken.

Die Pharmabranche bemüht sich seit einigen Jahren, ihr Image in der Bevölkerung aufzubessern. So gründeten die großen Unternehmen 2004 den Verein Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA). Dieser hat der Branche mittlerweile drei Kodizes verordnet: Jeweils einen für ihre Zusammenarbeit mit Fachkreisangehörigen und Patientenorganisationen sowie den sogenannten Transparenz-Kodex.

Im Fokus des Tansparenz-Kodex steht die Erfassung und Offenlegung von geldwerten Leistungen an Ärzte, Apotheker und andere Fachkreisangehörige sowie an medizinische oder wissenschaftliche Organisationen und Institutionen. Gerade die Frage, was Ärzte für die Teilnahme an Anwendungsbeobachtungen bekommen, wurde immer wieder thematisiert. Die Pharmaunternehmen wollten darauf eine Antwort geben – und veröffentlichten im vergangenen Jahr zum ersten Mal die Zahlungen aus dem Jahr 2015. Nun ist ein Jahr ins Land gegangen und am 30. Juni 2017 ist Stichtag für die Veröffentlichung der Geldflüsse des Jahres 2016 auf den jeweiligen Unternehmens-Webseiten.

Der FSA und der Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa) haben vorab die ungefähren Gesamtzahlen bekannt gegeben. Danach flossen von den 54 Pharmaunternehmen, die dem FSA angehören, rund 562 Millionen Euro an Ärzte, weitere Fachkreisangehörige, medizinische Organisationen und sonstige Einrichtungen – zum Beispiel Kliniken. Davon fielen circa 356 Millionen Euro (63 Prozent) auf die Zusammenarbeit im Bereich Forschung, rund 105 Millionen Euro (19 Prozent) auf den Bereich Fortbildung und Vorträge und etwa 101 Millionen Euro (18 Prozent) auf die Unterstützung von Veranstaltungen und Institutionen. Gegenüber dem Vorjahr gibt es hier nur geringe Verschiebungen.

Transparenz mit Grenzen

Für FSA-Geschäftsführer Holger Diener ist die Veröffentlichung dieser Zahlen „Beleg dafür, dass die Pharmaindustrie nichts zu verbergen hat im Umgang mit Ärzten und anderen Beteiligten des Gesundheitswesens“. Dennoch: Die Aussagekraft dieser Zahlen ist begrenzt. Zum einen ist nicht ganz klar, wie viele Heilberufler sich den Kuchen teilen. Für 2016 sprach man von rund 70.000 Ärzten. Die genaue Berechnung fällt allerdings schwer, da einige Mediziner sicher für verschiedene Unternehmen tätig werden und Honorare kassieren.

Eine weitere Unschärfe: In die größte Kategorie „Forschung & Entwicklung“ fallen sowohl klinische Studien als auch Anwendungsbeobachtungen. Differenziert wird hier nicht. Für FSA und vfa ist das allerdings kein Problem: Beides sei Forschung zum Nutzen des Patienten. Vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer erklärte, dass erst die Zusammenarbeit von Pharma-Unternehmen und  Ärzten medizinischen Fortschritt zum Wohl von Patienten ermögliche. Die Pharmaforschung solle gerade nicht „im Elfenbeinturm“ stattfinden, man brauche den Austausch mit der Praxis.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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