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Nationale Armutskonferenz
Kassen sollen evidenzbasierte Selbstmedikation für Arme zahlen
Die Nationale Armutskonferenz fordert, dass für Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger die Übernahme der Kosten für alles medizinisch Notwendige durch die Krankenversicherung sichergestellt wird – das umfasst auch Zuzahlungen und die Selbstmedikation. Der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten unterstützt diese Positionen und Forderungen. Allerdings müsse die Selbstmedikation evidenzbasiert erfolgen.
Vergangene Woche hat die Nationale Armutskonferenz (nak) – ihr Positionspapier zu Armut und Gesundheit vorgestellt. Das Bündnis von Gewerkschaften, Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege sowie Fachverbänden und Selbsthilfeorganisationen wendet sich damit im Vorfeld der Bundestagswahl an Verantwortliche in Politik und Gesellschaft. Das Papier enthält Grundsatzforderungen und beleuchtet die Situation verschiedener Gruppen, etwa den Empfängern von Hartz IV und Sozialhilfe, Asylsuchenden, Geflüchteten und wohnungslosen Menschen.
Schmerzen oder Hunger
Dabei geht es auch um die Gesundheitsversorgung. Manfred Klasen, Mitglied der AG Armut und Gesundheit der nak und Geschäftsführer der Saarländischen Armutskonferenz e.V., erklärt: „Bei der finanziellen Situation der von Armut Betroffenen kann schon eine einfache Zuzahlung von Medikamenten, insbesondere am Monatsende, schmerzhafte oder krankheitsverlängernde Folgen haben. Viele Betroffene stehen vor der Wahl entweder ihre Medikamente kaufen zu können oder aber Lebensmittel. Die Betroffenen stehen vor der Wahl: Schmerzen oder Hunger!“
Konkret beklagt das Positionspapier dass der Anteil für die Gesundheitspflege am Regelsatz wichtige Ausgabenpositionen nicht berücksichtige. Etwa Zuzahlungskosten und die Kostenübernahme für nicht verschreibungspflichtige Medikamente. Bis zum Erreichen der Befreiungsgrenze von zwei Prozent des Jahreseinkommens (ein Prozent bei chronisch Kranken) müssten alle Kosten für Zuzahlungen und Aufzahlungen selbst aufgebracht werden. Dies habe zur Folge, dass gesundheitlich notwendige Maßnahmen nicht in Anspruch genommen werden, so die nak.
Die nak fordert daher, dass die Übernahme der Kosten für alles medizinisch Notwendige durch Krankenversicherungsleistungen nach dem SGB V sichergestellt wird. Hilfsweise müsse durch eine Änderung des SGB II sichergestellt werden, dass zumindest alle im Sinne der Grundsicherung bedürftigen Personen einen Anspruch auf die medizinisch notwendigen Leistungen erhalten (Härtefallregelung).
VdPP: Auch Apotheker müssen sich einbringen
Der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) unterstützt diese Positionen und Forderungen ausdücklich: „Sozial benachteiligte Menschen sind gesundheitlich besonders belastet und haben eine deutlich niedrigere Lebenserwartung als der Durchschnitt der Bevölkerung. Sie brauchen häufig verschreibungspflichtige, aber auch verschreibungsfreie Arzneimittel“, so Ingeborg Simon, Mitglied des VdPP. „Es darf nicht sein, dass diese Menschen auf notwendige Arzneimittel verzichten müssen, nur weil die staatliche Unterstützung nicht ausreicht.“
Zugleich sieht Simon die Apotheker gefordert: Sie müssten sich einbringen, wenn nach Lösungen für die Betroffenen gesucht wird – insbesondere bei der Selbstmedikation. Diese muss aus VdPP-Sicht evidenzbasiert sein. „Denn nur ein Teil des Angebots im Selbstmedikationsmarkt ist wirklich sinnvoll“, betont die Pharmazeutin Simon. Bei der Versorgung sozial Benachteiligter zeige sich besonders, wie notwendig dieser Ansatz ist, um alle hier lebenden Menschen mit notwendigen Arzneimitteln adäquat und wirtschaftlich versorgen zu können.
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