DocMorris und die SPD

„Rent-a-Zypries“

Berlin - 03.08.2017, 17:00 Uhr

Beziehung zu DocMorris: Die niederländische Versandapotheke DocMorris zahlte 2014 für einen Vortrag der damaligen Staatssekretärin Brigitte Zypries. (Foto: dpa)

Beziehung zu DocMorris: Die niederländische Versandapotheke DocMorris zahlte 2014 für einen Vortrag der damaligen Staatssekretärin Brigitte Zypries. (Foto: dpa)


In dieser Woche besuchte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries DocMorris – und hat damit nicht nur bei Apothekern für Empörung gesorgt. Auch manche Sozialdemokraten schütteln den Kopf. Eine frühere Justizministerin zu Gast bei einem niederländischen Versender, der deutsche Gesetze verletzt, wie zuletzt in Hüffenhardt? Dabei überrascht der Besuch der Ministerin in Heerlen nicht wirklich: Die Verbindung DocMorris/Zypries hat Tradition. Schon 2014 sponserte der Versender einen Zypries-Vortrag mit 4000 Euro.

Der Zypries-Vortrag am 27. Juni 2014 war Teil eines Gesprächszyklus' der SPD-Parteizeitung „Vorwärts“, mit dem die SPD-Agentur NWMD Network Media GmbH Lobbyisten und Unternehmen Gespräche mit sozialdemokratischen Spitzenpolitikern vermittelte – gegen als „Sponsoring“ bezeichnete Beträge in Höhe von 3000 bis 10.000 Euro. Das Thema des Vortrags von Brigitte Zypries, die damals noch Staatssekretärin war, lautete: „Datenschutz und Digitalisierung im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftsinteressen und Demografie“. Aufgedeckt wurde das dubiose Sponsoring-Veranstaltungskonstrukt seinerzeit vom ZDF-Magazin Frontal21. Im Fadenkreuz: Die SPD-Agentur, die die Vorträge in der Reihe „Vorwärts-Gespräche“ organisierte. 

Die „Rent-a-Sozi-Story“ von Frontal21 blieb nicht folgenlos. Auch innerhalb der SPD sorgte sie für Empörung und Aufregung. Eine parteiinterne Kommission erstellte einen Untersuchungsbericht und listete en detail Diskutanten, Sponsoren und geflossene Sponsorenbeträge der Vorwärts-Gespräche auf. Damit sollte dem verheerenden Eindruck allzu großer Nähe führender Sozialdemokraten zu Lobbyisten und Konzernen entgegen gewirkt werden. Und auch in den Unterlagen einer SPD-Untersuchung aus dem November 2016 finden sich weitere Informationen zu dem Zypries-Vortrag: Sponsor ist „DocMorris N.V.“, gezahlt wurden 4000 Euro. 

Die Vorwärts-Gespräche wurden später beendet, die NWMD abgewickelt. Es habe sich gezeigt, „dass im Hinblick auf die notwendige politische Sensibilität für eine sozialdemokratische Agentur eine „Neujustierung“ ihrer Arbeit erforderlich sei. Und weiter: Der gewünschte „Austausch zwischen Vertretern von Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und anderen gesellschaftlichen Gruppen mit der Politik“ sei nicht mehr erreicht worden, heißt es. Laut dem Untersuchungsbericht hat sich auch gezeigt, „dass im Hinblick auf die notwendige politische Sensibilität“ für eine sozialdemokratische Agentur eine Neujustierung erforderlich sei. Insgesamt fanden zwischen 2010 und 2016 64 Vorwärts-Gespräche statt – DocMorris war als Sponsor gleich zwei Mal präsent: Am 13. Mai 2013 stand ein Vortragstermin mit der Hamburger Senatorin für Gesundheits- und Verbraucherschutz, Cornelia Prüfers-Storcks auf dem Programm. Sanofi und DocMorris zahlten Sponsorengelder in Höhe von jeweils 5000 Euro.

Wohin floss das Geld?

Von DAZ.online auf ihren DocMorris-Vortrag angesprochen, ließ Zypries über ihre Sprecherin mitteilen, dass sie Wert auf die Feststellung lege, hierfür „wie üblich“ kein Honorar entgegen genommen zu haben. Tatsächlich hatte seinerzeit die NWMD-Agentur die Organisation der „Vorwärts-Gespräche“ mit SPD-Politikern durchgeführt und auch finanziell abgewickelt.

Das BMWi erklärte auch, dass das Vortragsthema offenbar vorher abgestimmt wurde. Wörtlich erklärte die Sprecherin: „Termine und Reden werden im BMWi in der Regel von dem/den zuständigen Fachreferat(en) vorbereitet. Themen von Reden werden dabei in der Regel zwischen dem/den zuständigen Fachreferat(en), dem Redner beziehungsweise der Rednerin und dem Veranstalter abgestimmt.“ Auf die Frage, wie Zypries, die aus dem Bundestag ausscheidet, ihren gesponserten Vortrag heute sieht, antwortete die Ministeriumssprecherin nicht. Auch DocMorris hat auf Nachfrage von DAZ.online keine Stellung zu ihrem Sponsoring genommen.

Auch der Veranstaltungsort, an dem der Vortrag von Zypries stattfand, ist interessant. In der Location (PanAmLounge) in Berlin treffen sich „erlesene Gäste aus der ganzen Welt“, die „nach dem perfekten Ort suchen, um private Parties und besondere Gelegenheiten in Berlin zu feiern“, heißt es auf der Homepage der PanAm-Lounge. Es sei „total nett“ gewesen, erinnert sich auf Nachfrage Natascha Bonnermann, Geschäftsführerin der Betreibergesellschaft.



Diesen Artikel teilen:


2 Kommentare

rent a cypries

von Alexander Zeitler am 04.08.2017 um 1:10 Uhr

Ich lese gerade, es gibt abgeordnete, die mehr als € 150.000 verdienen. Wie machen die das? Als ich noch selbständig war, hatte ich ggf. noch Zeit für Hobbies. Aber never für so einen gut bezahlten Nebenjob. sonst hätte ich meine apo viel früher geschlossen.
Dachte , Abgeordneter sei ein Full Time Job. Irre mich da wohl????
Bin nur ich doof? Oder erschliessen sich aus den Nebenjobs die Entscheidungen?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

"Nebeneinkünfte"

von Pierre Roer am 03.08.2017 um 18:30 Uhr

Es gibt ja auch Parteien, die tatsächlich fordern, Nebentätigkeiten bei Abgeordneten grundsätzlich zu untersagen. Ich hätte nie gedacht, dies jemals zu sagen, aber Die Linke oder die AfD werden mir immer sympathischer....
Dass die ach so hart arbeitenden Abgeordneten überhaupt Zeit finden für solche Nebeneinkünfte.....

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.