EU-Kommission

Cranberryextrakte sind keine Medizinprodukte

Berlin - 10.08.2017, 17:45 Uhr

Cranberries - als Medizinprodukt gegen Blasenentzündungen haben ihre Extrakte in Europa ausgedient. (Foto: larineb / stock.adobe.com)

Cranberries - als Medizinprodukt gegen Blasenentzündungen haben ihre Extrakte in Europa ausgedient. (Foto: larineb / stock.adobe.com)


Nun ist es beschlossene Sache: Produkte mit Cranberryextrakten zur Prävention und Behandlung von Zystitis dürfen in der Europäischen Union nicht mehr als Medizinprodukte klassifiziert werden. Das hat die EU-Kommission entschieden und gilt für alle EU-Mitgliedstaaten.

Die Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Medizinprodukten oder auch Lebensmitteln/Nahrungsergänzungsmitteln ist nicht immer einfach und beschäftigt Unternehmen und Juristen seit vielen Jahren. In der Regel dürfen die EU-Mitgliedstaaten selbst entscheiden, welcher Kategorie sie ein Produkt zuordnen. Zuweilen macht die EU aber auch Vorgaben – und zwar dann, wenn ein Mitgliedstaat dies für nötig hält und ein entsprechendes Verfahren einleitet (geregelt in Art. 13 der Richtlinie 93/42/EWG).

So geschehen ist es bei der Produktgruppe, deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung, die auf Proanthocyanidinen (PAC) aus Cranberryextrakt (Vaccinium macrocarpon) beruht, die Prävention und Behandlung von Zystitis ist. Frankreich hatte vor über zwei Jahren beantragt, dass diese nicht mehr unter die Begriffsbestimmung für Medizinprodukte im Sinne der EU-Medizinprodukte-Richtlinie fällt.

Und damit hatte Frankreich Erfolg: Am heutigen Donnerstag veröffentlichte die EU-Kommission einen Durchführungsbeschluss, der genau das besagt: Diese Cranberryextrakt-Produkte gegen Blasenentzündungen sind keine Medizinprodukte. Unterzeichnet hat den Beschluss Binnenmarkts-Kommissarin Elżbieta Bieńkowska.

Beschluss hatte sich bereits abgezeichnet

Die Entscheidung hatte sich bereits abgezeichnet. Schon 2015 stufte die Kommission die Wirkung von Cranberry beruhend auf den PACs als pharmakologisch ein. Auch jetzt verweist der Beschluss auf die bekannten Argumente. So auf das Gutachten der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) vom 22. Juli 2016, das zu dem Schluss kam, dass die bestimmungsgemäße Hauptwirkung dieser Produktgruppe vermutlich durch pharmakologische Mittel erreicht wird, da Stoffwechselprodukte der PAC und andere Bestandteile von Cranberries höchstwahrscheinlich eine pharmakologische Wirkung aufweisen und eine mechanische Wirkungsweise der PAC höchst unwahrscheinlich ist. Damit wäre es ein Arzneimittel und kein Medizinprodukt. Denn als letzteres müsste es eine mechanische Wirkungsweise haben – diese sei jedoch „höchst unwahrscheinlich“, heißt es im Beschluss.

Zudem sei die Mehrheit der Mitgliedstaaten – ausgehend von ihrer wissenschaftlichen Sachkenntnis – der Meinung, dass diese Produktgruppe nicht unter die Begriffsbestimmung der Medizinprodukte fallen sollte.

BAH war dagegen

Unter anderem der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) hat in Zusammenarbeit mit dem europäischen Verband AESGP gegen einen solchen Beschluss Stellung bezogen. Er vertrat die Auffassung, dass eine pauschale Einordnung der Produkte nicht möglich sei. Vielmehr sollten diese von Fall zu Fall unter Berücksichtigung aller ihrer Charakteristika beurteilt werden.

Nun kam es jedoch anders. Hierzulande sind viele Cranberryprodukte als Nahrungsergänzungsmittel deklariert. Es gibt aber auch Medizinprodukte, zum Beispiel CranBlu aktiv Cranberry-Spezial-Kapseln oder CyVision. Sie werden diesen Status nicht halten können. Hersteller, die sie zur Anwendung bei Blasenentzündung auf dem Markt behalten wollen, müssen nun eine Zulassung als Arzneimittel beantragen. 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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