Diabetes

Gröhe sieht Zuckersteuer skeptisch

Berlin - 24.08.2017, 09:00 Uhr

Der Minister auf Tour: Gröhe äußert sich bei seiner Gesundheitsreise skeptisch zur Zuckersteuer. (Foto: BMG)

Der Minister auf Tour: Gröhe äußert sich bei seiner Gesundheitsreise skeptisch zur Zuckersteuer. (Foto: BMG)


Schon seit längerer Zeit wird auch in Deutschland über die Wiedereinführung einer sogenannten Zuckersteuer diskutiert. Ziel einer solchen Steuer soll es sein, den Zuckerkonsum und somit Neuerkrankungen von Diabetes und anderen Krankheiten einzuschränken. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sieht eine solche Steuer skeptisch – auch, weil er einer sozialen Spaltung aus dem Weg gehen will.

In Deutschland gab es bis 1993 eine Zuckersteuer. Im 19. Jahrhundert hatten viele europäische Staaten im Rahmen des Überseehandels Steuern auf importierte Produkte erhoben, darunter auch Zuckerrüben und Rohrzucker. Um Wettbewerbsverzerrungen innerhalb Europas zu vermeiden, hat der Gesetzgeber die Steuer zum 1. Januar 1993 abgeschafft.

In den vergangenen Jahren ist das Thema allerdings vermehrt gesundheitspolitisch diskutiert worden. Das liegt auch daran, dass immer mehr Länder eine solche Steuer in den vergangenen Jahren einführten: Frankreich, Ungarn oder Mexiko haben bereits Sonderabgaben für besonders süße Produkte. Für Schlagzeilen sorgte in diesem Zusammenhang auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die im vergangenen Jahr öffentlich eine Steuer von 20 Prozent auf zuckerhaltige Getränke forderte. Gleichzeitig solle der Steuersatz auf Obst und Gemüse wiederum gesenkt werden. Die WHO will damit insbesondere die Verbreitung von Diabetes Typ 2 eindämmen. Die Organisation schätzt, dass die Zahl der Zuckerkranken zwischen 1980 und 2014 von 108 auf 422 Millionen Menschen angestiegen ist.

Zuckersteuer: Gröhe fürchtet soziale Spaltung

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) erklärte am Rande seiner Gesundheitsinformationsreise, bei der der Minister mehrere Gesundheitseinrichtungen und Institutionen besucht, dass er eine Zuckersteuer „skeptisch“ sehe. Man müsse sich „sehr genau überlegen“, ob man eine solche Steuer einführe. Ein Problem sieht der Minister darin, dass die Steuer sozial spaltend wirken könnte – schließlich könnten Zuckerprodukte für Geringverdiener dann weniger zugänglich werden. Gröhe bemerkte auch, dass es schwierig sei, Zucker von anderen gesundheitsschädlichen Produkten abzugrenzen. „Wenn wir eine Zuckersteuer bekommen, warum soll es dann nicht auch eine Steuer auf Alkohol oder Fett geben? Das ist schwierig zu bewerten ...“, sagte der Minister.

Zucker nicht alleinige Ursache für Diabetes

Unterstützung erhielt Gröhe von Dr. Michael Roden, Vorstand des Deutschen Diabetes Zentrums (DDZ). Rode sagte: „Die Datenlage für eine Zuckersteuer ist nicht gerade überzeugend. Es zeigt sich vielmehr, dass ein schlechtes Verhältnis zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch zu Diabetes-Neuerkrankungen führt und weniger der Zucker als solches.“ Roden erklärte, dass viele Stoffe zu einem solchen Fehlverhältnis führen könnten, eine „selektive Steuer auf ein Produkt“ lehnt er daher ab.

Diabetes: Untere Bildungsschichten erkranken häufiger

Das DDZ stellte während der Minister-Reise eine neue bundesweite Aufklärungskampagne vor. Das DDZ hat 16 Kurzfilme entwickelt, die über die Stoffwechselerkrankung informieren sollen. Thematisiert werden beispielsweise Ernährungsfragen, die Diabetes-Vorsorge oder die Bedeutung der Bewegung für die Krankheitsvorsorge. Roden sagte, es sei wichtig, insbesondere die Risikogruppen durch die Filme anzusprechen.

Für Deutschland geht eine im Journal of Health veröffentlichte Studie davon aus, dass die Erkrankungsrate bei etwa acht Prozent der Bevölkerung liegt (Typ 1 und Typ 2), wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen. Den Zahlen zufolge sind insbesondere die unteren Bildungsgruppen betroffen. Sowohl bei den Männern als auch bei Frauen sind die Krankheitsraten in dieser Gruppe in allen Altersklassen höher als in den mittleren und höheren Bildungsgruppen. Besonders auffällig ist zum Beispiel, dass fast 17 Prozent der Männer mit niedrigem Schulabschluss laut Robert-Koch-Institut (RKI) an Diabetes leiden. In den anderen Bildungsgruppen dieser Altersklasse liegen die Erkrankungsraten zwischen sechs und zehn Prozent. Auch regional gibt es große Unterschiede. In den Bundesländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen erkranken die meisten Menschen an Diabetes. Am schlechtesten sind die Werte in Sachsen-Anhalt: Dort leiden knapp 17 Prozent der Männer und rund 13 Prozent der Frauen an Diabetes.

RKI will Überwachungs-System für Diabetes einrichten

Das RKI will die Entwicklung der Volkskrankheit künftig besser nachverfolgen. Das Institut baut dazu ein sogenanntes Surveillance-System auf. Das RKI will dabei neue Indikatoren zur Abbildung des Krankheitsgeschehens identifizieren und auch etwaige Datennutzungsbarrieren sowie Datenlücken ausfindig machen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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