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Achtung, Radarfalle! Keine Sorge, liebe Gesundheitspolitiker, das Wahlradar klemmt. Und es klemmt auch bei der Terminabstimmung: SPD und Grüne schwänzen den Apothekertag, es gibt Wichtigeres. Auch für Apotheker. Zum Beispiel die Attacken von Hermann, dem Cherusker. Oder neues Ungemach aus der EU mit ihrem Dienstleistungspaket. Da geht’s den Schweizern besser: Sie dürfen impfen und tun es sogar!
28. August 2017
Das haben uns die Schweizer Kolleginnen und Kollegen voraus: In den meisten Schweizer Kantonen darf geimpft werden, seit Ende August auch im Kanton Zug. Wenn die Apothekerinnen und Apotheker eine dreitägige Zusatzausbildung absolviert haben, dürfen sie ihre Patienten in der Apotheke piksen – gegen Grippe und FSME und Folgeimpfungen verabreichen gegen Hepatitis A und/oder B. Mein liebes Tagebuch, ich finde das gut. Vor Kurzem habe ich einen impfenden Apotheker in Zürich besucht und ihn gefragt, wie das seine Kunden aufnehmen. Die seien begeistert, hat er mir gesagt, die Durchimpfungsrate sei enorm gestiegen: Einfach in die Apotheke reingehen und drankommen. Ist ja auch wirklich kein Hexenwerk. Und was ist bei uns? Bedenken, Vorbehalte, Ängste. „Dann drohen die Ärzte mit der Arzneiabgabe und wollen das Dispensierrecht“, heißt es. Ach ja, mein liebes Tagebuch, die Altvorderen vielleicht. Aber welcher jüngerer Arzt hätte wirklich Zeit und Lust, sich mit allen Rabattverträgen und sonstigen Bürokratiemonstern, von Dokuvorschriften über Retaxgefahren bis Lagerhaltungspflichten, rumzuärgern? Als weiteres Argument gegen Impfen in der Apotheke wird gerne auf die große Verantwortung hingewiesen, wenn etwas passiert! Da sagte mir der Schweizer Kollege: Bei der Abgabe von ASS passiert mehr als beim Impfen. Und außerdem hat seine Berufshaftplichtversicherung diese Tätigkeit ohne weitere Kosten mit in den Vertrag aufgenommen. Mein liebes Tagebuch, fehlt uns da der „German Mut“? Warum eigentlich? Fürs Impfen verlangt man in der Schweiz in der Regel 30 Franken plus Kosten für den Impfstoff. Nur die Grippeimpfung gibt’s für 30 Franken inklusive Impfstoff. So sieht’s aus.
29. August 2017
Es schleppt, es dümpelt, es klemmt. ABDAs „Wahlradar Gesundheit“ holpert so vor sich hin. Die Internetseite ist zwar, wie es sich für Apothekers gehört, übersichtlich und aufwendig gestaltet. Klar, die Agentur muss was Ordentliches liefern für ihr Geld. Und es ist natürlich eine nette Idee, die bis zu 1800 Direktkandidatinnen und -kandidaten der verschiedenen Parteien von den Apothekerinnen und Apothekern, die als Wahlkreisbotschafter fungieren, zu gesundheitspolitischen Themen befragen zu lassen und die Antworten auf der Wahlradar-Seite zu veröffentlichen. Aber irgendwie kommt das alles nicht so richtig in Gang – was natürlich nicht an den Apothekers liegt. Nein, da kommt viel zusammen, die Sommerferien, spät freigegebene Adresslisten der Bundestagskandidaten, zähe innerparteiliche Abstimmungen…, dies und das. Und die Briefe, die unsere Wahlkreisbotschafter unterschreiben und abschicken sollen, konnte die ABDA bzw. ihre Lieblingsagentur auch erst in dieser Woche an die teilnehmenden Apotheker schicken. Was bleibt: ein Riesenaufwand, mit vermutlich mäßigem Erfolg: Erst aus vier Bundesländern liegen insgesamt nur sieben Antworten vor. Bis jetzt also Blindflug ohne Radar. Andererseits, so richtig ergiebig sind die Antworten in der Regel nicht, es sind die in der Regel bekannten und erwarteten Positionen. Mein liebes Tagebuch, vielleicht kommen noch ein paar Antworten zusammen, sind ja noch drei Wochen bis zur Wahl.
30. August 2017
Sie sind meist freiwillig, man kann daran teilnehmen, muss aber nicht: die Pseudo-Customer-Besuche. Es sind keine Testkäufe im eigentlichen Sinn, also nicht wie bei Stiftung Warentest oder Plusminus. Mit dem Pseudo-Customer-Besuch kann eine Apotheke auf freiwilliger Basis ihre Beratungsstärke testen lassen. Eine Art Hilfe zur Selbsthilfe, keine Überwachung. Und alles anonym. Die Apotheke bucht einen geschulten Pseudo-Customer, der unangekündigt und anonym anhand bestimmter Kriterien in der Apotheke einkauft und die Beratung testet. Unmittelbar danach gibt’s ein konstruktives Feedback: Wo war die Beratung gut, wo kann sie verbessert werden. In Baden-Württemberg veranlasst sogar die Kammer die Pseudo-Customer-Besuche und wählt nach dem Zufallsprinzip die Apotheken für den Test aus. Mein liebes Tagebuch, das Pseudo-Customer-Konzept ist eine gute Idee. O.k., kostet ein bisschen was. Die ABDA-Avoxa, die das Pseudo-Customer-Konzept organisiert, verlangt für die Teilnahme ein paar Euro. Apotheken die an solchen Überprüfungsaktionen teilnehmen und gut abschneiden, sollten dies viel stärker herausstellen und damit werben: die Zertifikate ausstellen oder aufhängen. Als Kunde gehe ich doch lieber in ein Fachgeschäft, in eine Apotheke, von der ich weiß, dass sie sich überprüfen lässt und gut bewertet wird.
Immer die EU. Die EU ist wieder im Liberalisierungs- und Regulierungs-Modus, dieses Mal nennt sich der Vorstoß „Dienstleistungspaket“: Wie immer bei der EU soll der Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten vereinfacht und liberalisiert werden. Die EU meint, da gebe es noch viel Potenzial für viel mehr Wettbewerb, der sich aber wegen alter Zöpfe, also wegen umständlicher und veralteter Vorschriften, nicht entfalten könne. Der EU-Kommission stehen dabei so einige Reglementierungen der Freien Berufe, z. B. der Apotheker oder der Architekten, im Weg. Allerdings erkennt die Kommission an, dass „für eine Reihe von Berufen, beispielsweise in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit, die Reglementierung häufig gerechtfertigt ist“, aber es gebe auch nicht mehr zeitgemäße Vorschriften, die qualifizierten Bewerbern den Zugang zu Berufen unverhältnismäßig erschwere. Immerhin, die EU ist sich darüber bewusst, dass die Reglementierung oder Liberalisierung freier Berufe in den Händen der Mitgliedstaaten liegt, nicht bei der EU. Aber bei neuen nationalen Vorschriften für Freiberufler schlägt die Kommission eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor: Die Mitgliedstaaten sollen transparent und umfassend prüfen, bevor nationale Vorschriften für freiberufliche Dienstleistungen neu erlassen oder geändert werden. Mein liebes Tagebuch, das dürfte für mächtig Wirbel sorgen, durch diesen Liberalisierungstrick könnte hier viel Ungemach auf die Freien Berufe zukommen. Deshalb haben sich bereits die Berufsorganisationen von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und der Apotheker (ABDA) zusammengetan und EU-Abgeordnete angeschrieben, um zu erreichen, dass es für Heilberufler Ausnahmen gibt. Auf ihrer Seite stehen der Bundestag und das französische Parlament, die sich schon mit einer Subsidiaritätsklage gegen die EU-Pläne gewehrt haben. Ob’s hilft, ist noch offen, immerhin es ist ein Zeichen.
31. August 2017
Also, mein liebes Tagebuch, es scheint uns Apothekers doch noch gut zu gehen. Solange wir uns genüsslich darüber mokieren, dass Frei Öl nicht mehr exklusiv in unseren Regalen verstauben will, und überlegen, mit welchen Strategien wir das kontern wollen, steht der pharmazeutische Untergang der Apotheke noch nicht vor der Tür. Klar, ist immer ärgerlich, wenn’s ein Produkt nicht nur bei uns, sondern auch bei dm, Rossmann und Co. gibt. Mein liebes Tagebuch, lassen wir das freie Öl ziehen, Ziehende soll man nicht aufhalten. Es gibt andere, sehr gute und apothekenexklusive Marken – auch eine Frage der Apotheken-Empfehlung. Und wenn die ölige Flüssigkeit bei uns doch noch mal verlangt werden sollte, bitteschön…
Hermann der Cherusker – es gibt ihn noch, er sitzt an der Spitze der AOK in Baden-Württemberg und möchte die Apotheker besiegen – so kommt er mir vor, mein liebes Tagebuch. Keine Gelegenheit lässt Ch. Hermann aus, um für mehr Wettbewerb im Apothekenmarkt zu kämpfen und darauf hinzuweisen, dass „verkrustete Strukturen“ aufgebrochen werden müssten. Seine Varus-Schlacht wären regionale Verträge zwischen Apotheken und Krankenkassen in Verbindung mit einer Höchstpreisregelung statt starrer Preisbindung. Ganz spitzbübisch will er das den Apothekern schmackhaft machen, indem er sagt: „Dies würde den ansässigen Apotheken übrigens auch zusätzliche Spielräume schaffen, sich weiterhin im Wettbewerb gegen Versandhändler zu behaupten.“ Oh Hermann, warum nicht gleiches Recht für alle? Wie wär’s mit einem Aufbrechen verkrusteter Kassenstrukturen und einem Krankenkassen-Wettbewerb auf europäischer Ebene mit einem Höchstbeitragsmodell? Wie? Nein? Na siehste.
1. September 2017
Der Apothekertag ohne SPD und Grüne? Gut möglich, mein liebes Tagebuch, dass das so kommt. Vielleicht muss oder darf die ABDA in der traditionellen gesundheitspolitischen Diskussionsrunde des Apothekertags dann alleine mit der CDU- und der Linken-Vertreterin – ein bisschen wie unter Pfarrerstöchtern – die drängenden Apothekerprobleme bereden. Sowohl die gesundheitspolitischen Vertreterinnen der SPD- als auch der Grünen-Fraktion sind terminlich verhindert – es gibt wohl wichtigere Termine, als den Apothekern zum wiederholten Mal zu erklären, warum man gegen das Rx-Versandverbot ist. Trotzdem schade, mein liebes Tagebuch. Da hat die ABDA den Apothekertag extra vorverlegt in der Hoffnung, dass die Gesundheitspolitiker Schlange stehen. War wohl nix. Immerhin, Gröhe hat noch nicht abgesagt, er kommt.
Na, mein liebes Tagebuch, wo treffen sich Krankenkassen und Apotheker am liebsten? Ja, genau: „Vor der Schiedsstelle“ – und das ist nicht der Name einer neuen Berliner Kneipe. Nein, Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband müssen sich über neue Preise in der Hilfstaxe und Abgabekonditionen für Zytostatika-Zubereitungen einigen, was sie bis Ende August nicht schafften und deshalb: die Schiedsstelle. Zum Hintergrund: Mit dem Arzneimittelversorgungs-Stärkungsgesetz hatte der Gesetzgeber die exklusiven Zytoverträge zwischen Apothekern und Krankenkassen abgeschafft, in denen einzelne Apotheken mit Kassen die Konditionen für die Zyto-Belieferung vereinbarten. Deshalb sind nun neue Preisvereinbarungen in der Hilfstaxe zu treffen. Warum die Verhandlungen scheiterten, war nicht zu erfahren, man hörte nur, dass der Apothekerverband für die Zyto-Zubereitung offenbar ein pauschales Honorar plus einer prozentualen Marge wollte, aber die Kassen nicht. Mein liebes Tagebuch, apropos Hilfstaxe: Wie sieht es eigentlich mit den übrigen Preisen der Hilfstaxe aus? Die müssten doch schon längst mal angepasst werden...
3. September 2017
So, mein liebes Tagebuch, und heute Abend ist das TV-Duell Merkel/Schulz… mehr Event und Show als echte Info, eine Art Infotainment. Neue Erkenntnisse und Entscheidungsimpulse gehen davon kaum aus. Aber lustig wird’s allemal. Und aufgepasst, mein liebes Tagebuch, ob die nette ABDA-Forderung im Stil eines Apothekertagantrags in Erfüllung geht: „Die Initiative ‚Wahlradar Gesundheit‘ fordert Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) und Kanzlerkandidat Martin Schulz (SPD) auf, bei ihrem Fernsehduell am 3. September nicht nur über Innere Sicherheit, den Dieselskandal und die Flüchtlingsfrage zu diskutieren, sondern auch darüber, wie die Gesundheitsversorgung der Menschen vor Ort künftig gestaltet werden soll.“ Also, Frau Merkel und Herr Schulz, haben Sie’s gehört? Schauen Sie schnell noch mal nach, wer die Initiative „Wahlradar Gesundheit“ überhaupt ist und dann, bitte, diskutieren Sie über Gesundheitsversorgung und vergessen Sie uns Apothekers nicht – unser Präsident hat sich das doch so gewünscht!
6 Kommentare
Ergänzung
von Karl Friedrich Müller am 03.09.2017 um 15:01 Uhr
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AW: Ergänzung
von Bernd Jas am 03.09.2017 um 17:18 Uhr
Herbstwahl oder ist schon dunkler Pharmazeuten- Winter?
von Heiko Barz am 03.09.2017 um 12:39 Uhr
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Schutz der Apotheke durch Rabatte an Dritte
von Karl Friedrich Müller am 03.09.2017 um 10:03 Uhr
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AW: Schutz der Apotheke durch Rabatte an
von Frank Ebert am 03.09.2017 um 10:32 Uhr
AW: Schutz der Apotheke durch Rabatte an ALLE
von Bernd Jas am 03.09.2017 um 12:22 Uhr
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