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Rezeptur oder Fertigarzneimittel?
Kapselherstellung durch Apotheken in Gefahr?
Ist es eine Rezeptur, wenn ein Apotheker auf ärztliche Verordnung einen Wirkstoff dosiert und mit Hilfsstoffen in Kapseln füllt? Oder stellt er ein Fertigarzneimittel her, das einer Zulassung bedarf? Immer wieder klagen Pharmaunternehmen gegen Apotheker, die die von den Firmen vertriebenen Produkte selbst als Arzneimittel herstellen. So ergeht es auch einem hessischen Apotheker, der Idebenon-Kapseln anfertigt. In erster Instanz unterlag er nun – doch er will weiter für das Rezepturprivileg kämpfen.
Bereits seit zehn Jahren stellt ein Apotheker aus Hessen auf ärztliche Verordnung hin Idebenon-Kapseln her. Und zwar als Individualrezeptur für bestimmte, namentlich benannte Patienten in verschiedenen Dosierungen von 30 bis 300 mg Wirkstoff. Dem Wirkstoff – ein gelbliches Pulver mit bitterem Geschmack – werden dabei Hilfsstoffe zugesetzt. Idebenon wird verwendet, um seltene Erkrankungen zu behandeln, zum Beispiel Lebersche Optikusneuropathie (LHON). Der Apotheker ist überzeugt, dass es sich bei den von ihm hergestellten Kapseln um ein klassisches Rezepturarzneimittel handelt, das keiner Zulassung bedarf.
Doch seit September 2015 hat die Santhera Pharmaceuticals GmbH eine EU-Zulassung für das Arzneimittel Raxone 150 mg Filmtablette mit dem Wirkstoff ldebenon zur Behandlung der LHON – als Orphan Drug.
Das Unternehmen mahnte den Apotheker ab: Er solle seine als Individualrezeptur hergestellten Kapseln nicht mehr in den Verkehr bringen, zudem nicht für sie werben – und das schon gar nicht mit den Ergebnissen der sogenannten RHODOS-Studie, auf der die Zulassung von Raxone beruht. Zwar nahm der Apotheker die Angaben zu seinen Kapseln zum 1. Oktober 2016 von der Internetseite (zu diesem Zeitpunkt wurde ldebenon als verschreibungspflichtig in die Arzneimittelverschreibungsverordnung aufgenommen), aber auf die Kapselherstellung aufgrund ärztlicher Verordnungen wollte er nicht verzichten. Das Unternehmen erhob daraufhin Klage, mit der es nun auch noch Schadenersatz fordert. Es folgte eine zweite Klage, in der es um eine weitere Indikation für das Arzneimittel geht – die Duchenne-Muskelsistrophie (DMD). Für diese hatte Santhera eine Zulassungserweiterung bei der EMA beantragt, welche allerdings kurz nach der Urteilsverkündung von der EMA abgelehnt wurde.
Das Landgericht Hamburg hatte zuvor in beiden Verfahren zugunsten des Pharmaunternehmens entschieden. Dabei dürfte das zur Indikation DMD schon wegen der negativen EMA-Entscheidung keinen Bestand haben. Dennoch sind die Urteile nun zunächst in der Welt – auch wenn sie nicht rechtskräftig sind. Ihr Tenor lautet: Der Apotheker dürfe die Kapseln nicht mehr in den Verkehr bringen, nicht für sie werben und müsse Auskunft geben, in welchem Umfang er sie vertrieben hat, damit der Schadenersatzanspruch berechnet werden könne. Zudem solle er Abmahnkosten bezahlen.
3 Kommentare
Kapselrezepturen obsolet?
von Andreas Grünebaum am 27.09.2017 um 16:54 Uhr
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Rezeptur soll weg
von norbert brand am 26.09.2017 um 8:06 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Ohne die Details zu kennen...
von Andreas P. Schenkel am 25.09.2017 um 19:48 Uhr
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