Shop Apotheke kauft Europa Apotheek

Liaison mit dem Ex-Partner

München - 25.09.2017, 16:50 Uhr

Die Europa Apotheek wird von der Shop Apotheke übernommen. (Foto: Europa Apotheek)

Die Europa Apotheek wird von der Shop Apotheke übernommen. (Foto: Europa Apotheek)


Bei der geplanten Übernahme der niederländischen Europa Apotheek durch die Shop Apotheke Europe finden zwei alte Bekannte, die nach wie vor enge Beziehungen pflegen, wieder zusammen. Für den Wettbewerber DocMorris dürfte damit der Druck steigen, das Tempo seiner eigenen Expansionspolitik zu steigern.

Das Ziel ist ambitioniert: Durch die Übernahme der Europa Apotheek im holländischen Venlo will die Shop Apotheke, ebenso in Venlo zuhause, Europas größte Online-Apotheke werden. Durch den am heutigen Montag angekündigten Kauf der Muttergesellschaft von Europa Apotheek, der EHS Europe Health Services B.V., würde die Shop Apotheke 130 Mitarbeiter, einen Umsatz von rund 144 Millionen Euro und eine starke Position im europäischen Rx-Versandhandel dazu gewinnen. Sofern eine außerordentliche Hauptversammlung im November grünes Licht für Transaktion gibt, würden die beiden Unternehmen zusammen genommen sieben europäische Länder mit Arzneimitteln bedienen, 1,8 Millionen aktive Kunden haben und jährlich gemeinsam 318 Millionen Euro umsetzen.

Für Wettbewerber DocMorris und dessen Muttergesellschaft Zur Rose dürfte dies ein klares Signal sein, die eigene Expansion konsequent weiter zu verfolgen, um im Kampf um Marktanteile in dem stark wachsenden Onlinehandel mit Arzneimitteln den Anschluss zu halten.

Wechselvolle Geschichte

Dabei finden mit Shop Apotheke und Europa Apotheek zwei Unternehmen zusammen, die in der Vergangenheit bereits eine wechselvolle On-Off-Beziehung geführt haben. Nach der Gründung der Shop Apotheke im Jahr 2001 aus der Kölner Fortuna Apotheke heraus wurde diese 2010 an die Europa Apotheek Venlo B.V. verkauft, einer hundertprozentigen Tochter von Medco Health Solutions. Die Logistik und der Vertrieb wurden daraufhin nach Venlo in den Niederlanden verlagert. Im Jahr 2012 übernahm das Management der Europa Apotheek das Unternehmen durch einen sogenannten Management-Buyout.

Drei Jahre danach war die Ehe von Shop Apotheke und Europa Apotheek jedoch erstmal beendet: 2015 wurde die Shop Apotheke aus der Europa Apotheek B.V-Gruppe ausgegliedert und ein Jahr später – 2016 – an die Börse gebracht. Das Geld daraus, so hieß es damals, sollte zur Finanzierung weiteren Wachstums dienen.

Dieses Wachstum soll nun offenbar durch eine erneute Liaison mit der Europa Apotheek beziehungsweise deren Muttergesellschaft realisiert werden. Shop Apotheke stellt den Schritt in einer Mitteilung an die Kapitalmärkte dabei mit den Worten dar: „Die gemeinsame Historie, teilweise Übereinstimmungen in der Eigentümerstruktur und die bereits bestehende enge Zusammenarbeit beider Unternehmen am Standort Venlo, Niederlande, bieten gute Voraussetzungen für eine zügige und reibungsglose Integration.“

Dagegen mag für externe Beobachter das Hin- und Her zwischen den beiden niederländischen Versandapotheken nicht sehr konsequent wirken: Erst wurde die Shop Apotheke aus der Europa Apotheek-Gruppe ausgegliedert und an die Börse gebracht. Jetzt werden die beiden Unternehmen wieder zusammengeführt. Tatsächlich dürfte dies damit zu tun haben, dass erst die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zur Rx-Preisbindung auch dieses Geschäft interessant gemacht hat. Nach Informationen von DAZ.online hatte Shop Apotheke deshalb 2016 – nach Vorarbeiten von rund zwei Jahren – bewusst erstmal nur das OTC-Geschäft sowie den Handel mit Gesundheits- und Pflegeprodukten via Shop Apotheke an die Börse gebracht, will nun angesichts der veränderten Lage aber auch das Geschäft mit den verschreibungspflichtigen Produkten mit Hilfe des altbekannten Partners hinzufügen.

E-Commerce wächst weiter

Für Sibylle Bischofberger, Analystin der Zürcher Kantonalbank, kommt der Schritt allerdings nicht unerwartet. Das Wachstum des E-Commerce ist nach ihrer Ansicht nicht aufzuhalten – auch nicht in der Arzneimittelbranche. „Der Onlinehandel gewinnt ständig an Gewicht. Größe ist für Unternehmen in diesem Markt von erheblicher Relevanz“, erläuterte sie auf Anfrage der Redaktion.

Der Deal dürfte auch im Schweizerischen Frauenfeld, dem Sitz der DocMorris-Muttergesellschaft Zur Rose, aufmerksam verfolgt werden. DocMorris verfolgt seit Jahren in Deutschland einen energischen Wachstumskurs und wird nach Angaben von Zur Rose möglicherweise noch in diesem Jahr eine hiesige Versandapotheke übernehmen. Aufgrund seiner starken Präsenz auf dem deutschen Markt hält es Analystin Bischofberger jedoch für sinnvoll, dass DocMorris in Zukunft auch in anderen europäischen Ländern zukauft, um dort ebenfalls Fuß zu fassen.

Mit Sorge dürften darüber hinaus zahlreiche Apotheker den jüngsten Schritt von Shop Apotheke betrachten. „Für stationäre Apotheken in Deutschland stellt sich damit die Frage: Was machen wir, damit wir nicht abgehängt werden?“, so Bischofberger. Aus ihrer Schweizer Perspektive und als Verfechterin des freien Handels sagt sie: „Aus meiner Sicht ist deren Lage schwierig, so lange das Fremdbesitz- und das Rabattverbot gelten.“

Wachstumspotenzial im Rx-Handel

Derweil stellt Shop Apotheke die Wachstumsperspektiven heraus, die sich mit der Übernahme der Europa Apotheek ergeben sollen. So sei der Rx-Markt, den Europa Apotheek adressiere, bestens für den Onlinehandel geeignet. Das kontinentaleuropäische Rx-Geschäft sei mit jährlich 129 Milliarden Euro rund viermal größer als der Umsatz mit OTC sowie Schönheits- und Pflegeprodukten (Beauty and Personal Care). Da auf der anderen Seite der Onlinehandel mit Rx-Produkten im Vergleich zum Gesamtvolumen noch sehr gering sei, gebe es hier ein großes Wachstumspotenzial.

Treiber für diese Entwicklung sieht Shop Apotheke beispielsweise in der in Europa zunehmenden Möglichkeit elektronischer Rezepte, einer steigenden Sicherheit der Onlineplattformen und einer wachsenden Liberalisierung im europäischen Rx-Onlinehandel. Allerdings, so stellt das Unternehmen in einer Kapitalmarktinformation ebenfalls klar, liegt in der Gesundheitspolitik auch eine erhebliche Gefahr für das eigene Geschäftsmodell: Sollte die deutsche Politik den Onlinehandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gesetzlich verbieten, „würde dies einen massiven negativen Einfluss auf unsere wirtschaftliche und finanzielle Situation haben.“

Die Aktionäre von Shop Apotheke scheinen derzeit allerdings nicht auf dieses Szenario zu setzen: Seit August hat das Papier um rund 20 Prozent zugelegt. Die Anteilsscheine von Zur Rose haben seit dem Börsenstart im Juli hingegen deutlich nachgegeben und reagierten auch auf den angekündigten Zukauf von Shop Apotheke mit einem kräftigen Abschlag.  



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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