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Chemie-Nobelpreis 2017
Kryo-Elektronenmikroskopie kann Arzneimittelentwicklung revolutionieren
Kryo-Elektronenmikroskopie: Für die Entwicklung dieser neuartigen Mikroskopie-Technologie sind die Forscher Joachim Frank, Jacques Dubochet und Richard Henderson mit dem Nobelpreis für Chemie 2017 geehrt worden. Potenzial birgt die Kryo-Elektronenmikroskopie auch für die Entwicklung neuer Arzneimittel – so etwa für neue Antibiotika gegen resistente Keime.
Kryo-Elektronenmikroskopie – das klingt nach Zukunft. Die Methode, für die Jacques Dubochet (75), Joachim Frank (77) und Richard Henderson (72) am Mittwoch den Nobelpreis für Chemie zugesprochen bekamen, krempelt schon jetzt die biochemische und medizinische Forschung grundlegend um. Mit der Technik können Forscher Biomoleküle im Detail untersuchen. Der Schweizer Dubochet, der Deutsch-Amerikaner Frank und der Brite Henderson teilen sich das Preisgeld zu gleichen Teilen. „Sie haben eine komplett neue Welt für uns geöffnet“, urteilt Nobel-Juror Peter Brzezinski.
Wie funktioniert Kryo-Elektronenmikroskopie?
Untersucht man eine biologische Probe mittels eines gewöhnlichen Elektronenmikroskops, muss zuvor das enthaltene Wasser durch verschiedene Chemikalien entfernt und sukzessive durch Kunststoff ersetzt werden. Dieser Prozess geht nicht immer spurlos an der zu untersuchenden Probe vorüber: Strukturveränderungen können entstehen, die das Ergebnis der Untersuchung verändern können.
Die Kryo-Elektronenmikroskopie (Kryo-EM) nutzt das Prinzip des Schockgefrierens. Mit flüssigem Helium gelingt es, die Proben auf Temperaturen bis zu -260 Grad Celsius abzukühlen – innerhalb weniger Sekunden. Das Wasser wird so zu amorphem Eis, und komplexe Proteinstrukturen bleiben auf diese Weise erhalten.
Mittels Kryo-EM könnten Wissenschaftler im Detail zeigen, wo ein Medikament an einem Molekül bindet, erläuterte Karl-Peter Hopfner vom Gene Center der LMU München die Bedeutung der Technologie für die Pahrmabranche. Sie sei damit geeignet, die Entwicklung von Antibiotika und Medikamenten voranzubringen. „Das fängt gerade erst an“, sagt Hopfner. Erst vor Kurzem ist es gelungen, durch das Prinzip der Kryo-EM den Zika-Virus detailliert darzustellen.
Der lange Weg zur Kryo-EM
Bereits in den 80er- und 90er-Jahren hatten die jetzigen Chemie-Nobelpreisträger die Methode der Kryo-Elektronenmikroskopie entwickelt. Allerdings können Wissenschaftler erst heute das Potenzial der speziellen Mikroskopie nutzen – damals war die Auflösung noch zu gering.
Die Technik ist eine Weiterentwicklung der Elektronenmikroskopie, die bereits Anfang der 1930er-Jahre geschaffen wurde. Ernst Ruska bekam dafür 1986 den Nobelpreis für Physik. Es war nun möglich, Objekte mit sehr viel höherer Auflösung als bisher zu untersuchen. Lange Zeit glaubte man, dass Elektronenmikroskope sich nur für unbelebte Materie eignen, weil der starke Elektronenstrahl biologisches Material zerstört. Dass dies ein Irrtum ist, bewiesen die drei diesjährigen Preisträger.
Nobelpreisträger forschte auch in Heidelberg
1990 gelang es Richard Henderson, mit einem Elektronenmikroskop in atomarer Auflösung ein dreidimensionales Bild eines Proteins zu erstellen. „Dieser Durchbruch war der Beweis für das Potenzial der Technik“, so die Nobeljury in ihrer Begründung. Joachim Frank, der in Deutschland geboren wurde und hier promovierte, machte die Technologie grundsätzlich anwendbar. Er tüftelte zwischen 1975 und 1986 an einer Methode der Bildverarbeitung, mit der die bis dato unscharfen zweidimensionalen Bilder analysiert und zu einem scharfen dreidimensionalen Bild vereinigt werden können.
Jacques Dubochet löste schließlich das Problem, dass Biomoleküle im Vakuum, das bei der Elektronenmikroskopie nötig ist, austrocknen und zusammenfallen. Es gelang ihm Anfang der 1980er-Jahre, Wasser so schnell herunterzukühlen, dass es um eine biologische Probe fest wird. Dadurch behalten die Biomoleküle ihre natürliche Form auch im Vakuum. Seine Experimente führte er unter anderem am deutschen Forschungsinstitut EMBL in Heidelberg durch.
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