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Verbandschef Peter Froese
„Die Digitalisierung ist zum Totschlagargument geworden“
Die mögliche Jamaika-Koalition, die Digitalisierung und die Apothekenhonorierung waren wesentliche Themen des Verbandsvorsitzenden Dr. Peter Froese bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein. Froese stört sich daran, dass die Digitalisierung immer häufiger als „Feigenblatt für banale Geschäftsmodelle“ verwendet werde – wie etwa der Rx-Versandhandel.
In seinem Lagebericht bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein am gestrigen Mittwoch in Kiel kam der Verbandsvorsitzende Dr. Peter Froese immer wieder auf die Digitalisierung zu sprechen. Aufgrund der Erfahrungen mit der Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein erklärte Froese, dass sich die kleinen Parteien in einer solchen Koalition in „Leuchtturmprojekten“ wiederfinden müssten. Auch im Interview mit DAZ.online hatte Froese schon über seine Erfahrungen mit Schwarz-Gelb-Grün berichtet.
Der Koalitionsvertrag werde noch wichtiger als in der bisherigen großen Koalition, nach dem Motto: „Was nicht geschrieben steht, findet nicht statt.“ Inhaltlich würden Digitalisierung und Vernetzung im Vordergrund stehen, weil dies für FDP und Grüne „Muss-Ziele“ seien. Ordnungspolitische Überlegungen dürften dagegen weniger prägend als in der großen Koalition sein, erwartet Froese. In der Frage nach Vergütungen für heilberufliche Leistungen sieht er die Ärzte als Treiber.
Gemeinsamkeiten der Heilberufe
In seiner Rückschau auf das Berichtsjahr betonte Froese die Arbeit der Interessengemeinschaft der Heilberufe in Schleswig-Holstein, die am 21. September erstmals einen parlamentarischen Abend veranstaltet hatte. Mit dieser bundesweit einmaligen Organisation würden die Heilberufler der Politik signalisieren, dass sie nicht auseinander zu bekommen seien. Froese wies insbesondere auf die klaren Worte des schleswig-holsteinischen Gesundheitsministers Dr. Heiner Garg (FDP) beim parlamentarischen Abend hin. Garg habe sich eindeutig zur Freiberuflichkeit bekannt und bezüglich der Apotheken erklärt: „Fremdbesitz ist Unfug.“
Sichtweisen zur Digitalisierung
Froese kritisierte, dass sich die Digitalisierung zum Totschlagargument gewandelt habe. Sie diene zunehmend „als Feigenblatt für banale Geschäftsmodelle oder den disruptiven Umbau bestehender Prozesse“. Doch „der einzige Prozess, der absolut und gar nicht digital ist, ist der ökologisch höchst fragwürdige, energetisch katastrophale, ökonomisch sinnlose und pharmazeutisch problematische Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln“, so Froese. Stattdessen zerstöre die Fernversorgung die sich mühsam etablierende Arzneimitteltherapiesicherheit. So würden Lücken in den Medikationsdaten der Stammapotheke vor Ort entstehen, Behandlungen würden verzögert und Verwechslungen bei der Rezeptausstellung könnten nicht erkannt werden. Außerdem beruhe das deutsche Arzneimittelversorgungssystem auf dem Ad-nunc-Prinzip. Die Versorgung solle also unverzüglich stattfinden. Eine verzögerte Belieferung sei systemfremd. Daraus sei nur zu folgern, dass der Rx-Versand verboten werden müsse.
Froese: Keine Digitalisierung um jeden Preis
Im Gegensatz zu Geschäftsmodellen, die nur behaupten digital zu sein, hätten die Apotheker bei der Nutzung der Telematik einen Vorsprung zu verteidigen. Schon in den 1970er-Jahren hätten die Apotheker einheitliche Kodierungen für Arzneimittel genutzt und Daten elektronisch übertragen. 2019 würden sie mit Securpharm die Arzneimittelsicherheitsrichtlinie pünktlich umsetzen. „Wir wollen und werden diesen Weg weitergehen“, versicherte Froese, „aber wir wollen nicht Digitalisierung um jeden Preis.“ Digitale Prozesse müssten stets dem Patienten dienen. Froese betonte das Engagement des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein bei der Digitalisierung und verwies dazu auf die Anträge des Verbandes beim Deutschen Apothekertag. Die Apotheker würden sich auch nicht von den anderen Heilberufen abhängen lassen und wies auf vielfältige Projekte der Ärzte zur Digitalisierung hin.
Unterfinanzierung belastet Apotheken
Als weiteres drängendes Thema sprach Froese die Honorierung an. Das schleichende Abnehmen der Apothekenzahl beruhe auf der chronischen Unterfinanzierung und der Abkopplung der Apotheken von der allgemeinen Wohlfahrtsentwicklung. Durchschnittswerte würden ein falsches Bild dazu vermitteln, weil kleine Betriebe schließen und sich der Durchschnitt auf immer weniger Apotheken bezieht. Auch die Schwierigkeiten beim Generationenübergang – sogar bei stabilen Betrieben – beruhe auf der Unterfinanzierung. In der Diskussion ging Froese auch auf das jüngste Skonto-Urteil ein. Er begrüße das Urteil, aber er habe Scheu vor den Folgen, erklärte Froese mit Blick auf die beginnende Diskussion über politische Reaktionen im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Apothekenhonorierung.
Anstehende Wahl
In seiner souveränen und überzeugenden Rede erklärte Froese immer wieder, dass der Verband sich um die angesprochenen Probleme kümmere. Damit empfahl sich Froese auch für die nach dem Jahreswechsel anstehende turnusgemäße Wahl im Verband. Die Mitgliederversammlung beschloss einige Klarstellungen und redaktionelle Änderungen in der Satzung und ergänzte die Telematik als neuen Vereinszweck. Außerdem wurde in der Wahlordung eine Bearbeitungsfrist verlängert, um den Verband auf die Wahl vorzubereiten.
7 Kommentare
Digitalisierung als Götterdämmerung
von Heiko Barz am 13.10.2017 um 18:12 Uhr
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Ent - Verantwortung
von Christian Giese am 13.10.2017 um 17:09 Uhr
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Digitale Welten
von Dr.Diefenbach am 13.10.2017 um 16:16 Uhr
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Rx-Versandverbot
von Michael Teschers am 13.10.2017 um 10:19 Uhr
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AW: Rx-Versandverbot
von Rolf Lachenmaier am 13.10.2017 um 11:43 Uhr
AW: Rx-Versandverbot
von Florian Becker am 24.10.2017 um 14:41 Uhr
totale Digitalisierung erstrebenswert?
von Karl Friedrich Müller am 12.10.2017 um 14:59 Uhr
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