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In den nächsten Monaten wird sich entscheiden, ob Hermann
Gröhe (CDU) Bundesgesundheitsminister bleibt. Viele Apotheker werden sich
Gröhes Verbleib im Bundesgesundheitsministerium sicherlich wünschen. Geht es
nach einigen gesundheitspolitischen Fachjournalisten, ist Gröhe für den Job
schlichtweg nicht geeignet – auch
wegen seines Vorschlags, den Rx-Versand zu verbieten.
Der AOK-Bundesverband hat am gestrigen Mittwochabend erstmals zu einem Presseclub eingeladen. Konkret heißt das: Vier Fachjournalisten diskutierten über die Gesundheitspolitik der jetzigen Bundesregierung und über die für die nächste Legislaturperiode anstehenden Aufgaben. Dabei waren Andreas Mihm (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Rebecca Beerheide (Ärzteblatt), Timot Szent-Ivanyi (u.a. Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau) sowie Gerhard Schröder vom Deutschlandradio. Moderiert wurde die Veranstaltung von Lisa Braun, die den gesundheitspolitischen Nachrichtendienst „Presseagentur Gesundheit“ leitet.
Mihm, Schröder und Szent-Ivanyi ließen kein gutes Haar an Gröhe. Andreas Mihm sagte, Gröhe sei zwar ein guter Moderator, aber gleichzeitig „konfliktscheu“. „Ihm fehlt für den Job die nötige Härte“, so das Fazit des FAZ-Journalisten. Szent-Ivanyi nannte den Minister einen „guten Verwalter“, dem allerdings die für das Gesundheitswesen nötigen Visionen fehlten. Und weiter: „Alle Projekte, die er selbst angestoßen hat, waren eigentlich Unsinn. Ich möchte nur an das geplante Rx-Versandverbot erinnern“, so der Journalist der DuMont-Gruppe.
Schröder: Gröhe hat Konflikte mit Geld zugeschüttet
Gerhard Schröder erklärte, dass Gröhe sich aufgrund der guten finanziellen Lage der Krankenkassen glücklich schätzen konnte. Nur so sei es ihm in dieser Legislaturperiode gut gelungen, alle aufkommenden Konflikte „mit Geld zuzuschütten“. In der kommenden Legislaturperiode sei das aber nicht mehr möglich, weil etwa beim Thema Digitalisierung mehr Weitblick gefordert sei. Lediglich Rebecca Beerheide vom Ärzteblatt ging nicht allzu hart mit Gröhe ins Gericht. Sie wies darauf hin, dass Gröhe es geschafft habe, drei seit längerer Zeit verstrittene Hebammenverbände wieder zusammenzubringen. Wer in der kommenden Legislaturperiode das BMG übernehmen könnte, darauf wollten sich die vier Fachjournalisten nicht festlegen. Schröder sagte, Jens Spahn (CDU) fühle sich sicher „berufen“. Beerheide wollte aufgrund der Komplexität der Personalentscheidungen keine Aussage treffen, legte sich aber hinsichtlich der Partei fest: „Das Ministerium bleibt schwarz.“
Auch mit der Gesundheitspolitik der Großen Koalition sind die Journalisten nicht nur zufrieden. Mihm nannte die Zeit der Großen Koalition eine „bleierne Zeit“. Man habe es insbesondere versäumt, „die Leute mitzunehmen“, außerdem habe es zu wenig konstruktiven Streit innerhalb der Koalition gegeben. Szent-Ivanyi sagte, dass die Regierung mit Blick auf den Koalitionsvertrag und die nach vier Jahren abgearbeiteten Punkte äußerst effektiv gearbeitet habe, stellte dann aber die rhetorische Frage: „Aber was kam denn bitte dabei heraus?“ Schröder entgegnete, dass man einer Regierung nicht vorwerfen könne, effektiv gearbeitet zu haben. Aber auch er habe sich daran gestört, dass es zu wenige Diskussionen gegeben habe.
Mihm: „Gesundheitspolitik wird niemanden interessieren“
Alle vier Fachjournalisten waren sich einig, dass die Verbesserung der Landversorgung eine der gesundheitspolitischen Monsteraufgaben in der kommenden Legislaturperiode werde. Den Apothekenmarkt sprachen die Diskutanten hier zwar nicht explizit an. Mihm erklärte aber: „Es kann nicht funktionieren, dass wir Strukturen, so wie sie sind, nur erhalten wollen. Statt einer solchen strukturkonservativen Einstellung brauchen wir klare Ideen für die Steuerung von Patienten im ländlichen Raum.“
Auch die Bedeutung der Digitalisierung im Gesundheitswesen unterstrichen die Fachjournalisten. Alle vier begrüßten das von der AOK ins Leben gerufene Gesundheitsnetzwerk. Sie waren sich aber auch einig, dass die Politik es nicht zulassen dürfe, dass zu viele Einzelprojekte entstehen. Beerheide stellte klar, dass man über viel grundlegendere Fragen noch diskutieren müsse – viele Landstriche seien nämlich noch nicht einmal mit schnellem Internet versorgt. Mihm forderte beim Thema Digitalisierung einen „freien Wettbewerb“, um viele Ideen und Ansätze zu generieren. Die Politik müsse aber Fristen und Leitlinien setzen.
Wie sieht die Gesundheitspolitik der FDP aus?
Unklar ist sich die Fachpresse derzeit noch über die Rolle der beiden „Neuen“ im Bundestag. Schröder nannte die FDP eine „politische Ich-AG“. Szent-Ivanyi pflichtete ihm bei und sagte, dass er die Liberalen derzeit „künstlich“ wahrnehme – außer Christian Lindner und dem Wahlprogramm gebe es keine Inhalte. Er wies auch darauf hin, dass die Partei derzeit in einem Änderungsprozess stecke, was sehr gut am Beispiel des Arzneimittel-Versandhandels klar werde. Als Beispiel nannte er den Parteitag, auf dem die Liberalen mehrheitlich die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes forderten und sich gegen das geplante Rx-Versandverbot aussprachen. „Das war ein komischer Moment. Es gab spürbare Proteste im Saal, dann rannte Christian Lindner panisch durch den Saal, um die Abweichler auf Spur zu bringen.“
Auch was die gesundheitspolitische Ausrichtung einer möglichen Jamaika-Koalition betrifft, wollten sich die Journalisten nicht festlegen. Schröder sagte, dass es insbesondere für die Grünen schwierig werde, weil es die Bürgerversicherung mit CDU und FDP nicht geben werde. Und weiter: „Für ihr eigenes Klientel brauchen die Grünen mindestens einen Schritt in Richtung Parität.“ Szent-Ivanyi erwartet allerdings, dass Bewegung ins Krankenversicherungssystem kommt. Er sagte: „Auch die FDP will da mehr Wahlfreiheit und Wechselmöglichkeiten. Ich kann mir vorstellen, dass es zu einer vorsichtigen Öffnung des Marktes kommt.“ Beerheide bemerkte, dass es spannenderweise einige Projekte gebe, bei denen FDP und Grüne eng beieinander liegen, gegen die aber die Union protestieren wird. Als Beispiele nannte sie den Versandhandel und die Cannabis-Freigabe. Mihm erklärte dazu nur: „Die Gesundheitspolitik wird kein Stolperstein für Jamaika. Die Gesundheitspolitik hat vor der Wahl niemanden interessiert, und sie wird auch nach der Wahl niemanden interessieren.“
5 Kommentare
Oberschiedsrichter sind nicht nötig
von Veit Eck am 13.10.2017 um 17:58 Uhr
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Deutschlandfunk = öff.rechtl. = GEZ = Zwangsabgaben-finanziert!
von Andreas P. Schenkel am 13.10.2017 um 17:54 Uhr
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Fachjournalisten !?
von Ratatosk am 12.10.2017 um 18:51 Uhr
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Journalisten & die bleierne Zeit
von Jaill am 12.10.2017 um 12:18 Uhr
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Was bleibt...
von Hubert Kaps am 12.10.2017 um 12:08 Uhr
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