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Bundesgerichtshof
Zulässigkeit der Apotheken-Prokura bleibt eine offene Frage
Dürfen Apothekenleiter Prokura erteilen? Dazu gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen. Nun hat sich der Bundesgerichtshof mit einer Prokura an einen Nichtapotheker befasst. Dabei hat er allerdings nicht entschieden, ob sie zulässig ist oder nicht. Er hat jedoch klargestellt, dass das Registergericht eine solche Eintragung im Handelsregister nicht einfach unter Hinweis auf einen Verstoß gegen die Pflicht zur persönlichen Leitung löschen darf.
Die Pflicht zur eigenverantwortlichen Leitung einer Apotheke zählt zu den Grundfesten des Apothekenwesens. In der Vergangenheit war es daher auch in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Prokura, die ein Apotheker etwa einer PTA erteilt, nicht ins Handelsregister eingetragen werden darf, beziehungsweise von Amts wegen aus diesem zu löschen ist.
Doch die Zeiten haben sich geändert. 2004 wurde der eingeschränkte Mehrbesitz erlaubt. Inhaber mit einer Apothekenbetriebserlaubnis für mehrere Apotheken müssen in ihren als Filiale betriebenen Apotheken einen verantwortlichen Filialleiter benennen – einen approbierten Apotheker, versteht sich. Für diesen dürfte es auch sinnvoll sein, wenn er eine Prokura erteilt bekommt und dies im Handelsregister dokumentiert ist.
Und wie sieht es aus, wenn einem Nichtapotheker eine solche Prokura erteilt werden soll? Auch hier lässt sich argumentieren, dass in größeren Apothekenbetrieben mit mehreren Filialen neben pharmazeutischem auch betriebswirtschaftliches Geschick gefordert ist. Es erscheint daher nicht abwegig, einen Mitarbeiter zum Prokuristen zu machen, der nicht pharmazeutisch, aber kaufmännisch oder betriebswirtschaftlich ausgebildet ist. Vorausgesetzt, § 7 Apothekengesetz – die Pflicht zur persönlichen Leitung der Apotheke – wird hierdurch nicht tangiert. Eine klare Rechtsauffassung gibt es hierzu allerdings bislang nicht.
Der Fall vor dem Bundesgerichtshof
Auch der Bundesgerichtshof, der sich kürzlich mit der Frage der Apotheken-Prokura befasste, hat keinen Schlusspunkt unter die Diskussion gesetzt. Aber er hat zumindest eines klargestellt: Ein Registergericht, das meint, eine Prokura sei zu Unrecht erteilt worden, weil sie gegen § 7 ApoG verstößt, kann diese nicht einfach löschen.
Das sollte im nun entschiedenen Fall nämlich geschehen. Es ging hier um eine Einzelprokura für einen Nichtapotheker, die das Registergericht löschen wollte. Es vertrat die Auffassung, ein Apotheker dürfe gemäß § 7 ApoG keine Prokura erteilen. Dies kündigte das Gericht dem ebenfalls im Handelsregister eingetragenen Apotheker – der im Verlauf des Verfahrens gestorben ist – sowie seinem Prokuristen an. Doch die beiden legten Widerspruch ein. Diesen wies das Registergericht zurück. Unterstützung hatte es dabei durch die von ihm angehörte Landesapothekerkammer. Sie hat die Auffassung vertreten, mit der Erteilung einer Prokura entledige sich der Apotheker der Freiheit der Entscheidung in wirtschaftlichen Fragen, weil der Prokurist mit verpflichtender Wirkung für den Apothekenleiter wesentliche Bereiche der Leitung an sich ziehen könnte.
Das Beschwerdegericht wiederum – das Oberlandesgericht Karlsruhe – hob den Beschluss der Vorinstanz auf und wies das Registergericht an, die Prokura nicht aus den genannten Gründen zu löschen. Entgegen der Annahme des Registergerichts sei es einem Apotheker durch § 7 ApoG nicht grundsätzlich untersagt, eine Prokura auch an einen Nichtapotheker zu erteilen, urteilte das Gericht. Es ließ allerdings die weitere Beschwerde zu, weil der Frage, ob ein Apotheker wirksam einen Prokuristen bestellen kann oder die Eintragung im Handelsregister aus berufsrechtlichen Gründen zu unterbleiben hat, „eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung“ zukomme. Wegen ihrer bislang unterschiedlichen Beantwortung in Rechtsprechung und Schrifttum sei sie klärungsbedürftig.
Bundesgerichtshof bestätigt OLG-Entscheidung
Und so landete der Fall beim Bundesgerichtshof. Dieser hat nun entschieden, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts seiner Nachprüfung im Ergebnis standhält. Die Eintragung ins Handelsregister sei nicht von Amts wegen zu löschen. Dies folge allerdings bereits daraus, dass ein Verstoß gegen § 7 ApoG nicht der Prüfungsbefugnis des Registergerichts unterfällt. Eine solche Prüfung schließe § 7 des Handelsgesetzbuches (HGB) aus. Diese Vorschrift will den kaufmännischen Verkehr erleichtern, indem es das Handelsrecht von öffentlich-rechtlichen Vorschriften – etwa auch dem Apothekenrecht – trennt. Das soll Rechtssicherheit und -klarheit schaffen. Kurzum: Die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, die eine Gewerbetätigkeit beschränken, müsse und dürfe das Registergericht grundsätzlich nicht prüfen. Und § 7 ApoG sei eine solche Vorschrift des öffentlichen Rechts, die die Befugnis zum Betrieb eines Gewerbes betrifft. Für das Registergericht sei nur maßgeblich, dass der Apotheker als Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuchs grundsätzlich zur Erteilung einer Prokura befugt ist.
Bewusste rechtliche Trennung
Der Bundesgerichtshof lässt auch den Einwand nicht gelten, die Prokuraerteilung sei nichtig, weil sie gegen § 7 ApoG – ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB – verstoßen habe. Dem stehe ebenfalls der Zweck des § 7 HGB entgegen, weil eine solche Nichtigkeit allein aus einem ordnungsrechtlichen Verstoß folgen würde. § 7 HGB soll gerade eine einfache Eintragung ins Handelsregister ermöglichen ohne dass dabei die gewerberechtliche Zulässigkeit zu prüfen ist. Es liege auch keine Ausnahme von der Prüfungsbeschränkung des § 7 HGB vor, so der Bundesgerichtshof weiter.
Gewerberechtliche Zulässigkeit ist Sache der Aufsichtsbehörde
Außerdem weisen die Bundesrichter darauf hin, dass auch die Aufsichtsbehörde bislang nicht tätig geworden ist – damit bestehe auch „kein unzweifelhaftes Hindernis öffentlich-rechtlicher Art“. Die gewerberechtliche Zulässigkeit der Prokuraerteilung bedürfe einer „eingehenden Prüfung der öffentlich-rechtlichen Vorgaben vor dem Hintergrund der gesetzlichen Entwicklung des Apothekenrechts“ und eventuell einer weiteren Aufklärung zur konkreten Ausgestaltung des Prokuraverhältnisses. Eine solche Prüfung sei aber nicht Sache des Registergerichts, sondern der zuständigen Aufsichtsbehörde vorbehalten.
Letztlich geht der Bundesgerichtshof durchaus auf die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage ein, inwieweit die Erteilung einer Prokura der Pflicht zur eigenverantwortlichen Apothekenleitung widerspricht. Teilweise werde vertreten, mit dieser berufsrechtlichen Verpflichtung sei es generell unvereinbar, einem Mitarbeiter die umfassende und gegenüber Dritten nicht beschränkbare Vertretungsbefugnis eines Prokuristen einzuräumen. Nach anderer Ansicht sei jedenfalls die Prokuraerteilung an einen Nichtapotheker unzulässig. Zunehmend werde jedoch „unter Verweis auf eine schrittweise Liberalisierung des Apothekenrechts insbesondere durch die Zulassung des beschränkten Mehrbesitzes auch vertreten, dass die Erteilung einer Prokura durch einen Apotheker entweder generell, zumindest aber an einen Filialleiter (…) zulässig sei“. Danach wäre die Beachtung der Vorgaben des § 7 ApoG durch die konkrete Ausgestaltung des Prokuraverhältnisses und die Überwachung des Prokuristen sicherzustellen.
Welche dieser Auffassungen der Senat selbst für richtig hält, bleibt jedoch offen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. Juli 2017, Az.: II ZB 8/16
1 Kommentar
Artz
von Dr.josef Chomicz am 13.10.2017 um 10:12 Uhr
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