Mainz

Leer stehende Apotheke wird zur Galerie

Stuttgart - 27.10.2017, 17:30 Uhr

Aus einer leer stehenden Apotheke hat die Kunsthochschule Mainz eine Galerie gemacht. (Foto: Kunsthochschule Mainz)

Aus einer leer stehenden Apotheke hat die Kunsthochschule Mainz eine Galerie gemacht. (Foto: Kunsthochschule Mainz)


In Mainz findet die leerstehende Moguntia-Apotheke einen neuen Nutzer. Die örtliche Kunsthochschule war auf der Suche nach einer innenstädtischen Ausstellung. Nun steht in dem 90 m² großen, ehemaligen Verkaufsraum ein riesiger, 500 Jahre alter Orientteppich. Oder besser gesagt, ein mächtiges Foto davon. Wie aus einer alten Apotheke eine Ausstellung wurde.

Außen am Haus, der Umbach 8, prangt der Wortschriftzug in Kleinbuchstaben und 60-er Jahre-Chic: „Apotheke“, ist auch aus 50 Metern Entfernung gut zu lesen. Doch drinnen steht kein HV-Tisch mehr und auch kein Apotheker, der im weißen Kittel, freundlich eintretende Kunden begrüßt. Der letzte Approbierte, der diesen Job an diesem Ort zwölf Jahre lang übernommen hatte, war Manfred Heinle. Er ist nun Vorruheständler. „Aus wirtschaftlichen Gründen“, hat er die Moguntia-Apotheke vor etwa sechs Monaten zugesperrt.

Seit dieser Woche steht nun ein farbenfrohes Kunstwerk in den leeren Räumen. Eine reale Abbildung eines zehn auf vier Meter großen Malmuk-Teppichs, der ursprünglich aus Kairo stammt. Die kanadische Künstlerin Shannon Bool hat den orientalischen Teppich in Florenz aufwendig fotografieren und anschließend auf ein Textilgewebe drucken lassen. Das Werk ist auf einen Keilrahmen gespannt und zieht, quer in der Apotheke stehend, die Blicke der Passanten auf sich. Da die Umbach an die Große Bleiche grenzt, einer bekannten Mainzer Altstadtstraße, die am Schloss, einigen Ministerien und dem Landesmuseum vorbei Richtung Rheinstrand führt, passieren täglich Hunderte die Fensterfront. Für Justus Jonas, Kurator der Kunsthochschule Mainz, ein perfekter Ort für eine ständige Ausstellung, mitten in der Stadt. Sehr gut frequentiert und damit nah am Bürger, wie der Kurator der Apotheken-Ausstellung meint.

Kunst in homöopathischen Dosen

Künstlerin Bool will mit dem Projekt die Kunst des Mittelalters in die Gegenwart transportieren. Dieser Ansatz ist im Sinne des neuen Hochschulleiters, Martin Henatsch. Er postuliert: „Die Kunst muss zu den Menschen kommen, wenn die Menschen nicht zur Kunst kommen.“ Und gab vor kurzem den Auftrag eine innerstädtische Vitrine zu suchen. Mit den fünf Meter großen Schaufenstern der alten Moguntia-Apotheke, die im Erdgeschoss eines Ärztehauses liegt, ist der Auftrag erfüllt. Der Name Moguntia, ist übrigens noch älter als der Original-Teppich, der in Mainz nun etwas verkleinert (sieben auf dreieinhalb Meter) steht. Er leitet sich aus dem alten römischen Namen für die Stadt Mainz, Mogontiacum, ab.

Wer vor der Apotheken-Ausstellung stehen bleibt, dem fallen Details auf. Der intakte Nachtschalter etwa oder das etwas vergilbte Apotheker-Zeichen daneben. Bewusst habe man den Apotheken-Look nicht verändert, sagt Kurator Jonas. Hochschulrektor Henatsch pointiert: „Hier gibt es Kunst in homöopathischen Dosen.“ Wieso sich Künstlerin Bool für das Abbild eines Ornamentteppichs entschieden hat, erklärt die Kanadierin, die mit 45-Jahren jüngste Professorin an der Mainzer Kunsthochschule ist: „Es ist wie ein fliegender Teppich, der aus Ägypten über Florenz hier nach Mainz gekommen ist, um dem Publikum etwas mitzubringen.“ Was genau, liegt im Auge des Betrachters. Das Original ist mit einem zweistelligen Millionenbetrag versichert. Bools Kunstwerk hingegen ist unverkäuflich.


Michael Sudahl, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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