Sondierungs-Leaks

Apotheken bleiben Streitthema für Jamaika-Parteien

Berlin - 16.11.2017, 17:15 Uhr

Gespräche bis tief in die Nacht: Die Jamaika-Sondierer können sich bei einigen Themen im Gesundheitswesen nicht einigen. (Foto: dpa)

Gespräche bis tief in die Nacht: Die Jamaika-Sondierer können sich bei einigen Themen im Gesundheitswesen nicht einigen. (Foto: dpa)


Der Apothekenmarkt bleibt eines der härtesten Streitthemen der vier Jamaika-Parteien. Einem Sondierungs-Papier vom gestrigen Mittwoch zufolge sind sich die Unionsparteien auf der einen Seite und FDP und Grüne auf der anderen Seite weiterhin nicht einig, wie sie mit dem Versandhandel umgehen sollen. Und auch die Themen GKV-Finanzierung, Cannabis-Freigabe und Landversorgung sind noch nicht geklärt.

Zur Stunde sitzen die Parteispitzen von CDU/CSU, FDP und Grünen zur wohl entscheidenden und vielleicht auch letzten Sondierungsrunde in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin zusammen. In den vergangenen Tagen hat es immer wieder Treffen der Spitzenrunde gegeben, in denen die Zwischenergebnisse der Themenrunden diskutiert wurden. Bis heute Abend wollten die Parteien eigentlich festlegen und bekannt geben, ob sie Koalitionsgespräche starten. Doch es gibt noch viele Konflikte.

Immerhin gibt es inzwischen ein rund 60-seitiges Papier, in dem die Zwischenstände aus allen Themenbereichen zusammengefasst wurden. In dem Papier, das DAZ.online vorliegt, fallen schnell die zahlreichen eckigen Klammern auf, die dafür stehen, dass man sich über diesen Punkt noch einigen muss. Bei besonders strittigen Themen wird sogar darüber gestritten, ob einzelne Ziele im Koalitionsvertrag mit den Worten „wollen wir“ oder „wird“ formuliert werden.

Zusatzbeiträge könnten gedeckelt werden

Und auch im Gesundheitsbereich sind die möglichen Koalitionäre noch nicht wirklich weit. Das wohl wichtigste Thema, die GKV-Finanzierung und die damit verbundene Frage nach der Zweigliedrigkeit des Versicherungssystems, bleibt komplett in Klammern. Immerhin: Die Sondierer scheinen eine Begrenzung der Zusatzbeiträge nachzudenken, gestritten wird wohl nur noch über die Höhe – zur Diskussion steht ein Deckel bei entweder 1,1 oder 1,5 Prozent.

Gemeinsam wollen die Jamaika-Parteien – so wie fast jede Regierung vor Jamaika – die Landversorgung verbessern. Dazu sind sie sich in den folgenden Bereichen „einig“:

  • Kooperation und Vernetzung stärken.
  • Hürden für vernetzte, regionale Versorgung abbauen.
  • Schritte zu einer sektorübergreifenden Versorgungsplanung einleiten.
  • Besonderer Handlungsbedarf: Weiterentwicklung Notfallversorgung, digitale Vernetzung, unter anderem durch Investitionen im Klinikbereich.

Was genau in diesen Versorgungsbereichen geschehen soll, wird jedoch nicht erklärt.

Cannabis-Freigabe und Versandhandel - ohne Einigung

Und auch beim Apothekenmarkt sind sich die Jamaika-Sondierer weiterhin uneinig. Die Maximalforderungen der Union (Rx-Versandverbot) sowie der FDP und der Grünen (Apotheke und Versand erhalten) stehen sich frontal gegenüber – beide in eckigen Klammern. Sehr wahrscheinlich ist also, dass die Parteien den Apotheken-Konflikt mit in die Koalitionsverhandlungen nehmen – wenn es denn welche gibt. Ohnehin sind die Koalitionsgespräche für die Auflösung „kleinerer“ und detaillierter Konflikte besser geeignet. Schließlich bilden sich dann pro Themengebiet richtige Arbeitsgruppen, in denen die Experten der Parteien aus dem jeweiligen Politikbereich miteinander verhandeln.

Ähnlich uneins sind sich die Jamaika-Sondierer weiterhin auch beim Thema Cannabis-Freigabe. Der von den Grünen und FDP unterstützte Satz „Wir werden ein Cannabiskontrollgesetz auf den Weg bringen. Damit wollen wir Cannabiskonsumenten wirksam entkriminalisieren und legale lizenzierte Abgabestellen für Cannabis mit effektivem Jugend- und Gesundheitsschutz schaffen“ steht weiterhin in eckigen Klammern. Einig ist man sich allerdings, dass man die Versorgung mit medizinischem Cannabis entbürokratisieren und digitalisieren will.

Sollte es zu einer Jamaika-Koalition kommen, müssen sich aber insbesondere die Krankenkassen auf vier teure Jahre vorbereiten. Denn die Jamaika-Parteien haben eine Reihe „finanzwirksamer“ Sozialmaßnahmen ins Auge gefasst, die die Kassen teuer zu stehen kommen könnten. Unter anderem geht es um eine Digitaloffensive im Klinikbereich, ein Sofortprogramm für die Altenpflege oder die Entlastung von Selbstständigen bei den Kassenbeiträgen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Versandhandel

von Frank Ebert am 16.11.2017 um 20:12 Uhr

Es ist unglaublich CDU 30Prozent und die beiden Spliterparteien unter 20 Prozent . Wer wird sich durchsetzen? Es ist zum Kotzen !

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