Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

Warnung vor Agranulozytose durch Metamizol

Stuttgart - 16.11.2017, 13:00 Uhr

Unter Metamizol-Dauertherapie soll das Blutbild regelmäßig überprüft werden, empfiehlt die AkdÄ. (Foto: kamasigns / stock.adobe.com)          

Unter Metamizol-Dauertherapie soll das Blutbild regelmäßig überprüft werden, empfiehlt die AkdÄ. (Foto: kamasigns / stock.adobe.com)          


Was empfiehlt die AkdÄ?

Die AkdÄ empfiehlt daher Metamizol nur in den zugelassen Indikationen einzusetzen. Die da wären: Erstlinienbehandlung akuter starker Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen sowie Kolik- und Tumorschmerzen. Bei anderen starken Schmerzen oder auch hohem Fieber ist es nur zugelassen, wenn therapeutische Maßnahmen erster Wahl nicht indiziert sind beziehungsweise nicht angesprochen haben. Zudem soll Metamizol wegen der Gefahr von Blutdruckabfällen nur dann parenteral angewendet werden, wenn die enterale Applikation nicht infrage kommt. 

Wird Metamizol längerfristig angewendet, was nicht selten der Fall ist, soll regelmäßig das Differenzialblutbild kontrolliert werden – so wie es die Fachinfo auch vorsieht. Angaben zum zeitlichen Abstand finden sich dort allerdings nicht. Die AkdÄ erachtet es zudem als unerlässlich, Patienten und unter Umständen auch Verwandte sowie Pflegepersonal über Symptome einer Agranulozytose aufzuklären, ebenso wie über die Notwendigkeit beim Auftreten dieser Symptome sofort einen Arzt aufzusuchen. Ärzte müssen beim Auftreten von Fieber, Halsschmerzen und entzündlichen Schleimhautveränderungen während einer Behandlung mit Metamizol an eine Agranulozytose denken, umgehend das Differenzialblutbild kontrollieren und Metamizol pausieren. Bereits 2011 hatte die AkdÄ vor dieser Nebenwirkung gewarnt: „Agranulozytose nach Metamizol – sehr selten, aber häufiger als gedacht“.

In vielen anderen Ländern vom Markt

Bereits in in den 1970er-Jahren wurde Metamizol in vielen Ländern aufgrund des Risikos von Agranulozytosen vom Markt genommen (zum Beispiel USA, Australien, Japan sowie in den meisten Ländern der Europäischen Union). In Deutschland wurden im Jahr 1987 alle Metamizol-haltigen Kombinationspräparate vom Markt genommen und die Monopräparate der Rezeptpflicht unterstellt. Darüber hinaus wurden die Indikationen eingeschränkt. In anderen Ländern hingegen ist Metamizol bis heute rezeptfrei erhältlich, so zum Beispiel in Russland, Polen, Bulgarien, der Türkei, Ägypten, Brasilien, Mexiko und Israel.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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10 Kommentare

Nebenwirkungen

von Helene zöffner am 28.12.2019 um 14:49 Uhr

Ich hatte eine OP Handgelenk und es wurde Novaminsulfon und Tilodin verordnet. Nach 2 Tagen EntLASSUNG: Man gab mir diese MIttel mit. JETZT nachWeihnachten rief ich in der UniKlinik an, da mir noch der Befund fehlt , mit der Frage habe noch starke Schmerzen und habe erst am 8.1. einen Termin beim Orthop.. Ja, kommens vorbei, geben ihnen noch Schmerzmittel. Mein Mann kam mit 2 Packungen.

Meinen Sohn ist aufgefallen, warum kratzt du dich u. du hast ein rotes Gesicht. Zeig mal die Schmerzmiiel. Lasse sofort das Novaminsulfon. weg. Nach einem Skiunfall wurde mir auch das verordnet, bis ich Ausschlag und und und bekommen habe.Seine Nieren waren angegriffen und er musste Infusionen erhalten.
Das Zeug hat ziemliche Nebenwirkungen. Danach googelte ich und bin entsetzt, dass von der Klinik so leichtsinnig diese Mittel abgegeben werden, ohne Aufklärung über evtl. Nebenwirkungen.

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Substitution

von Schubring am 10.07.2019 um 15:27 Uhr

Ich beobachte Gerade einen Nachlass von Entzugserscheinungen bei der Einnahme von Novamin

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Bewährte Arzneimittel

von Wolfgang Fischill am 20.11.2017 um 9:16 Uhr

In Wien hat schon vor 40 Jahren Professor Fleischhacker, Ordinarius für pharmazeutische Chemie, davor gewarnt, bewährte Arzneimittel, deren Nebenwirkungen wir kennen durch neue, bei denen die noch nicht so genau bekannt sind zu ersetzen.
Genau das wird hier wieder einmal betrieben, wenn man Schmerzmittel, die in großen Mengen verordnet werden, verbieten oder für die breite Masse der sinnvollen Anwendungen ersetzen will.

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Off-label use

von Julia Borsch /DAZ.online am 17.11.2017 um 11:13 Uhr

Wie diese Zahlen zustande kommen, weiß ich tatsächlich nicht. Die stammen aus dem Arzneiverordnungsreport. Welche Informationen den Autoren vorliegen, weiß ich nicht.

und ich vermute, dass der begründetet off-Label-Use nicht das Problem ist, sondern die Tatsache, dass es zum Standardanalgetikum geworden ist und die Zahlen exorbitant steigen.
Wobei die Indikationen doch recht viel abdecken " Bei anderen starken Schmerzen oder auch hohem Fieber ist es nur zugelassen, wenn therapeutische Maßnahmen erster Wahl nicht indiziert sind beziehungsweise nicht angesprochen haben." Das heißt für alle, für die NSAR nicht geeignet sind, sollte Metamizol bei starken Schmerzen völlig ok sein und sich im Rahmen der Zulassung bewegen.

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AW: Off-label use ist problematisch

von Reinhard Rodiger am 17.11.2017 um 20:16 Uhr

Ich glaube auch nicht,dass der begründete Off-Label-Gebrauch
das Problem ist.Vielmehr scheint ein grosser Teil als First-line-Therapie bei Alltagsbeschwerden eingesetzt zu werden.Das wäre dann der regelwidrige Einsatz.Wegen der Wirkqualität ist er gut begründbar. Es geht also um eine saubere Einordnung,die nicht zum Übertreten der Regel zwingt.

wen wundert's?

von norbert brand am 17.11.2017 um 8:30 Uhr

Agranulozytose unter Metamizol? Ach, was für eine Sensation und Überraschung. Der Wirkstoff wurde in den 80ern ja nicht grundlos auf den Index gesetzt. Allerdings konnte man aufgrund der immer breiteren Anwendung in den letzten Jahren ja den Eindruck gewinnen, Metamizol sei Analgetikum der ersten Wahl, und das nicht von ungefähr, denn: ASS (limitierte Analgesie, Verträglichkeit), Paracetamol (Cave Leber!), NSAIR (Kardiotox), Opiate (Teufelszeug!), was bleibt denn bei stärkeren Schmerzen noch übrig?? Wenn wir jetzt aufgrund von aufgewärmtem kalten Kaffee erneut auf Metamizol eindreschen, dann muß man sich auch überlegen, womit wir zukünftig die zunehmenden (Rücken)Schmerzen unserer (kranken) Gesellschaft zu lindern gedenken.

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AW: wen wundert's

von Wolfram Müller am 10.06.2019 um 14:16 Uhr

Morphin. Macht süchtig aber nicht tot. Ich bin Schmerzpatient und Stammgast bei Drogenhändlern. 500 Euro im Monat für 30 Fentanyl Tabletten. Die Nazi Ärzte schreiben nichts auf. Die Szene erfreut das sehr !!!!

AW: wen wundert's

von Biggi am 21.08.2019 um 13:11 Uhr

@Wolfram Müller
Normale Hausärzte DÜRFEN dir gar kein Fentanyl als Dauermedikation verschreiben ! Wenn du tatsächlich Schmerzpatient bist ( ich habe seit fast 20 Jahren Fibromyalgie UND zusätzlich chronische Schmerzen aufgrund iSG - Syndrom ) musst du damit zunächst mal zum Facharzt , sprich einem Schmerztherapeuten, der dich dementsprechend auf ein Btm einstellt ! Fentanyl Tabletten ...bekomme nicht mal ich mit einem dauerhaften Schmerzlevel von 9-10 ! Um die Tabletten zu bekommen, musst du schon schwer an Krebs erkrankt sein. Ansonsten gibt es für uns Schmerzpatienten entweder Oxycodon , Fentanyl Pflaster oder im Extremfall Buprenorphin Pflaster (fast dasselbe wie Methadon) - kann ich ein Lied davon singen, da ich diese 3 Btm bereits seit 10 Jahren immer im Wechsel bekomme, da sie irgendwann nicht mehr wirken und nur noch gegen den Entzug genommen werden.Ich denke , das es sich bei dir eher um ein reines Suchtpotenzial handelt und rate dir an , dringend einen Entzug zu machen ( hab ich auch schon 2 hinter mir ) und anschließend einen Facharzt für chronische Schmerzen aufzusuchen

Off-label use

von Reinhard Rodiger am 16.11.2017 um 22:17 Uhr

Nach Analyse der angegebenen Indikationen wird Metamizol in erheblichem Ausmass bei nicht zugelassenen Indikationen (off-laben) angewendet, besonders auch bei Agranulocytose-Fällen.Warum wird der möglicherweise begründete "regelwidrige" Gebrauch nicht thematisiert?

Abgesehen davon, im Text wird von Nettokosten gesprochen.Bedeutet das, dass die KK-Rabatte bekannt sind?
Nur nach deren Abzug ergeben sich wahre Nettokosten.

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Agranulozytose

von Werner Schmidt am 16.11.2017 um 18:39 Uhr

In der Ambulanz einer norddeutschen Hochschul-Klinik wurde eine Agranulozytose zunächst übersehen, da das Labor nicht ausdrücklich darauf hingewiesen hatte (GMP??). Der Patient wurde sofort benachrichtigt und in die Klinik transportiert, als der behandelnde Arzt auf Nachfrage wg. einer trotz Antibioticagabe sich verschlechternden Bronchitis den Laborbericht einsah.. Der Patient konnte geheilt werden.
Trotz mehrfacher Aufforderung wurde der AkdÄ keine Meldung gemacht (erst über eine Apotheke). Die Häufigkeitszahlen werden international sehr unterschiedlich angegeben..

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