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Die Verhandlungen über ein Bündnis zwischen Union, FDP und Grünen sind gescheitert. Die FDP hatte die Verhandlungen kurz vor Mitternacht abgebrochen. Laut FDP-Politikern wäre eine Einigung mit der Union möglich gewesen, mit den Grünen aber nicht. Wie es nun weitergeht, hängt auch von der SPD ab.
Deutschland steht nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen vor unübersichtlichen politischen Verhältnissen. Die FDP ließ die Verhandlungen mit CDU, CSU und Grünen am späten Sonntagabend überraschend platzen. „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“, sagte FDP-Chef Christian Lindner. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stürzt damit in die schwerste Krise ihrer zwölfjährigen Amtszeit. Acht Wochen nach der Bundestagswahl ist unklar, wie es weitergeht.
FDP-Chef Lindner begründete den Abbruch der Sondierungen damit, dass es in den gut vier Verhandlungswochen nicht gelungen sei, eine Vertrauensbasis zu schaffen. Das wäre aber Voraussetzung für eine stabile Regierung gewesen. Lindner machte deutlich, dass die Gräben zwischen FDP und Grünen aus seiner Sicht zu groß waren. Die Liberalen seien für Trendwenden in der Politik gewählt worden, etwa in der Bildung oder bei der Entlastung der Bürger. Diese seien nicht erreichbar gewesen: „Nach Wochen liegt aber heute unverändert ein Papier mit zahllosen Widersprüchen, offenen Fragen und Zielkonflikten vor.“ Wo es Übereinkünfte gebe, seien diese mit viel Geld der Bürger oder Formelkompromissen erkauft worden.
Drei Szenarien sind nun denkbar: Die SPD verhandelt doch über die erneute Bildung einer großen Koalition. Die Sozialdemokraten lehnten dies aber auch nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen ab. Die SPD-Spitze hatte am Abend der Bundestagswahl am 24. September unmittelbar nach dem historischen Absturz auf 20,5 Prozent entschieden, eine rechnerisch mögliche erneute große Koalition mit der Union abzulehnen und in die Opposition zu gehen.
Ein zweites denkbares Szenario ist eine Minderheitsregierung unter Führung Merkels, etwa mit den Grünen oder der FDP. Merkel bräuchte dann aber bei Abstimmungen einige Dutzend Stimmen aus anderen Fraktionen. Als drittes Szenario denkbar sind Neuwahlen. Der Weg dorthin ist aber verfassungsrechtlich nicht einfach. Denn eine mögliche Neuwahl ist erst nach einer Kanzlerwahl möglich. Der Bundespräsident müsste zunächst jemanden für das Amt des Bundeskanzlers vorschlagen. Wäre dies Merkel und würde sie nur mit relativer Mehrheit und nicht mit der üblichen „Kanzlermehrheit“ gewählt, könnte der Bundespräsident sie zur Kanzlerin einer Minderheitsregierung ernennen – er kann aber auch den Bundestag auflösen. Innerhalb von 60 Tagen muss es dann Neuwahlen geben.
SPD will nicht mit Union regieren
Merkel kündigte nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen an, sie werde als geschäftsführende Bundeskanzlerin „alles tun, dass dieses Land auch durch diese schwierigen Wochen gut geführt wird“. Sie bedauerte das Aussteigen der FDP aus den Jamaika-Verhandlungen. Einzelne Unions- und Grünen-Politiker zeigten sich auf Twitter aber auch verärgert über den FDP-Abbruch und warfen den Liberalen vor, das Scheitern strategisch in Kauf genommen, vielleicht sogar geplant zu haben.
Seehofer bezeichnete das Scheitern der Jamaika-Sondierungen als „Belastung“ für Deutschland. Eine Einigung sei „zum Greifen nahe“ gewesen. Auch bei der Migrationspolitik – eines der umstrittensten Themen in den Sondierungen – wäre eine Einigung möglich gewesen.
Die Grünen-Spitze warf der FDP vor, sich vor ihrer Verantwortung gedrückt zu haben. „Ein Bündnis hätte zustandekommen können“, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Bei Klimaschutz, Landwirtschaft und Migration sei man am Ende näher beieinander gewesen, als man es gedacht hätte. Parteichef Cem Özdemir sagte, die FDP habe die einzig mögliche Konstellation zur Regierungsbildung „leider abgelehnt und zunichte gemacht“. Die Grünen seien bei vielen Themen an ihre Schmerzgrenzen und darüber hinaus gegangen. Grünen-Chefin Simone Peter sagte, die FDP habe vier Wochen lang „die Öffentlichkeit getäuscht: unverantwortlich, unseriös, berechnend“.
Die SPD steht nach Einschätzung ihres stellvertretenden Parteivorsitzenden Ralf Stegner trotz des Scheiterns der Jamaika-Gespräche nicht für eine große Koalition zur Verfügung. Stegner sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Ausgangslage für die SPD hat sich nicht verändert. Wir haben kein Mandat für eine erneute große Koalition.“ Er sehe für Kanzlerin Merkel keine Zukunft mehr. „Sie ist definitiv gescheitert.“ Aber auch ohne Merkel werde die SPD keine große Koalition eingehen. Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz hatte bereits am Sonntag bekräftigt, für den Fall eines Scheiterns stehe seine Partei nicht für eine Regierungsbeteiligung zur Verfügung.
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