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Hamburger Apothekerverein
Geduld zum Rx-Versandverbot schwindet
Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, ist ungeduldig beim Warten auf das Rx-Versandverbot. Er sieht das Kernproblem darin, dass sich die Versender in zwei Rechtskreisen bewegen. Das könnte seiner Meinung nach ein Punkt sein, an dem man ansetzen könnte, um den den „Spuk schnell zu beseitigen“.
Am Mittwoch fand die Mitgliederversammlung des Hamburger Apothekervereins statt. In seinem Bericht begrüßte der Vereinsvorsitzende Dr. Jörn Graue das Skonti-Urteil des BGH. Die dort verworfene Position des OLG Bamberg wäre für sehr viele Apotheken einem „Todesurteil“ gleichgekommen, erklärte Graue. Ihm fehle jedes Verständnis dafür, nun „Nachbesserungen“ an den Preisvorschriften zu fordern. Den Großhändlern rief er zu: „Rabatte sind doch nichts Neues.“
Neuer Ansatz gegen den Versand
Zu den Folgen des EuGH-Urteils erklärte Graue, die Versandmodalitäten niederländischer Versender seien in der vergangenen Legislaturperiode „mit haarsträubenden Argumenten vor allem von Seiten einiger Bundespolitiker der SPD nicht nur weiter geduldet, sondern auch noch befürwortet“ worden. Währenddessen verweise die Standesführung „hoffnungsfroh auf die steckengebliebene Versandverbotsinitiative“ von Minister Gröhe. Doch „die Frage, ob es wirklich ausreicht, hier nur auf eine stille Diplomatie zu setzen, die so still ist, dass sie keiner hört, beantwortet sich eigentlich aus sich selbst heraus“, erklärte Graue. Zugleich deutete er eine alternative Reaktion auf das EuGH-Urteil an. Die ausländischen Versender würden sich in zwei Rechtskreisen bewegen und „erfolgreich auf der für sie jeweils nützlichen Klaviatur spielen“. Das sei „des Pudels Kern“, erklärte Graue, der in seinem rhetorisch beeindruckenden Vortrag zahlreiche Zitate aus Goethes Faust verwendete. Weiter folgerte Graue: „Ein Einschreiten der zuständigen Aufsichten könnte den Spuk schnell beseitigen.“ Damit spielte Graue offenbar auf mögliche Regelungslücken in der grenzüberschreitenden Versorgung an. Andererseits sieht Graue die Chance für das Rx-Versandverbot im Fall einer Minderheitsregierung steigen, weil dann eher eine Mehrheit dafür gefunden werden könnte.
Bei einer Jamaika-Koalition hätte er dagegen problematische Kompromisse befürchtet, möglicherweise auch die Freigabe einer kontrollierten Cannabisabgabe. Dabei gehe es nicht mehr nur um Freiheitsrechte für das Individuum, sondern auch um Wirtschaftsinteressen und die Schaffung eines neuen Wirtschaftszweiges, mahnte Graue.
„Krankenkassen suchen neue Retaxations-Pfründe“
Trotz der Schiedsstellenentscheidung, dass formale Rezeptfehler nicht zu Retaxationen führen sollten, konstatierte Graue weiterhin „nicht enden wollende Retaxationswellen“. Offensichtlich würden einige Kassen „nach neuen Retaxations-Pfründen Ausschau halten“. „In mühevollen Gesprächen haben wir immer wieder versucht, den Auslegungskapriolen zu widersprechen“, erklärte Graue. Außerdem berichtete Graue, dass der Hamburger Apothekerverein gegen die DAK prozessiere, weil sie ihrer Mitgliederzeitschrift einen Flyer einer niederländischen Versandapotheke beigefügt habe. Der Apothekerverein sehe das im Arzneiliefervertrag festgelegte Neutralitätsgebot verletzt, während die Krankenkasse mittelbare Werbung davon nicht betroffen sehe. Für die Klärung sei mit einem längeren Instanzenweg zu rechnen.
Als
weitere Probleme für die Apotheken sprach Graue das Entlassrezept und die
Hilfsmittelversorgung an. Er fürchte, das auf die Schnelle produzierte
Entlassrezept werde sich zu einem Danaergeschenk entwickeln. Außerdem würden
die Umsetzung des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes (HHVG), die
Konkretisierung von Qualitätsanforderungen und die Fortschreibung des
Hilfsmittelverzeichnisses zu weiteren Erschwernissen für die
Hilfsmittelversorgung führen. Dies werde ein „Abschied in Raten von der
apothekerlichen Versorgung“ mit Hilfsmitteln und wirke zu Lasten der Versicherten.
Graue gegen Umverteilung
Zur Weiterentwicklung der Apothekenhonorierung ging Graue auf den von der westfälisch-lippischen Kammerpräsidentin Overwiening geäußerten Vorschlag ein, einen Teil des Apothekenhonorars über einen Fonds umzuverteilen. Er habe kein Verständnis dafür, aus dem derzeitigen Honorar etwas wegzunehmen, um es anders zu verteilen, erklärte Graue. Es könne nur darum gehen, wie zusätzliche Beträge verteilt würden. Außerdem fürchte er, dass irgendwelche Umlagen durch zusätzliche Dokumentation und Bürokratie aufgezehrt würden.
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