Digitalisierung

Arzneimittelforscher wollen „in neuen Boxen“ denken

Bonn - 01.12.2017, 10:25 Uhr

DAZ.online-Autorin Helga Blasius hat die Veranstaltung
anlässlich des 25. Bestehens der Forschungsvereinigung der Arzneimittelhersteller (FAH)
in Bonn verfolgt, auf der es um das Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen ging. (Foto: Sanofi)

DAZ.online-Autorin Helga Blasius hat die Veranstaltung anlässlich des 25. Bestehens der Forschungsvereinigung der Arzneimittelhersteller (FAH) in Bonn verfolgt, auf der es um das Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen ging. (Foto: Sanofi)


„Digitalisierung im Gesundheitswesen – Option oder Notwendigkeit?“ so lautete das Motto einer Veranstaltung anlässlich des 25. Bestehens der Forschungsvereinigung der Arzneimittelhersteller (FAH) in Bonn. Die Frage wurde von den Referenten recht eindeutig beantwortet.

Der stellvertretende FAH-Vorsitzende Frank Poetsch, Bad Heilbrunn, ist davon überzeugt, dass für die Industrie kein Weg an der Digitalisierung vorbeiführt, auch wenn nach einer Befragung im Auftrag des BMWi aus diesem Jahr 48 Prozent der Unternehmen in der Gesundheitsbranche und 42 Prozent im Bereich Chemie/Pharma angegeben haben, dass sie nicht notwendig sei.

„Denken Sie in neuen Boxen“

Poetsch hob hervor, dass eigentlich „fachfremde“ Branchen, wie die Elektronikindustrie im Pharmasektor bereits mehr als einen Fuß in der Tür haben. Als Beispiel führte er den koreanischen Elektronikkonzern Samsung an, der bis Ende 2018 mit Samsung BioLogics weltweit die drittgrößten Produktionskapazitäten für Brustkrebs-Biopharmazeutika bereitstellen will und der schon fünf nach der Gründung von Samsung Bioepis Zulassungen für Biosimilars von fünf umsatzstarken Marken erhalten hat. Auch Alphabet und Google drängten in den Gesundheitsmarkt. Dies sollte die deutsche Industrie aufrütteln, meint Poetsch. Sein Appell: „Denken Sie in neuen Boxen. Verlassen Sie den Weg, bestehende Dinge immer nur weiterzuentwickeln.“

„Hören Sie auf die jungen Leute“

Unterstützung erhielt er in diesem Punkt von dem Mathematiker, Querdenker und Philosophen Gunter Dueck aus Waldhilsbach bei Heidelberg. Er glaubt, dass die Deutschen bezüglich der Digitalisierung schon lange ins Hintertreffen geraten sind, und sagt: „Das Verschlafen von Optionen dauert schon 20, 30 Jahre.“ Dueck wirbt bei den Digitalisierungsskeptikern und -verweigerern vor allem um Vertrauen in die erfindungsreiche jüngere Generation: „Hören Sie auf die jungen Leute“, gab er dem Auditorium mit auf den Weg. 

Big Data vorhanden, aber es hakt mit der Nutzung

Die Politikwissenschaftlerin Julia Hagen vom deutschen Digitalverband bitkom hat einen guten Einblick, wie es um die Digitalisierung und Big Data in Deutschland steht. Nach ihrem Kenntnisstand werden hierzulande an vielen Stellen große Datenmengen aus dem Gesundheitssystem vorgehalten, sodass ihrer Meinung nach in der Summe tatsächlich von Big Data gesprochen werden kann. Es hapere jedoch an vielem, um diese vernünftig nutzbar zu machen, angefangen von dem fehlenden technischen Fundament über semantische Probleme wegen der unterschiedlich verwendeten Nomenklatur bis hin zu rechtlichen Hindernissen. So könne die neue Datenschutzgrundverordnung Probleme für die Nutzung von Big Data mit sich bringen, weil sie die Prinzipien der „Datensparsamkeit“ und der „Zweckbindung“ für die Verwertung von Daten beinhaltet. Insgesamt sei die Datenschutzgrundverordnung jedoch an vielen Stellen offener als unser deutsches Datenschutzrecht.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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