Neue Vergütungsregeln

Gutachten: Kürzungen für Zyto-Apotheker und Großhändler

Süsel - 07.12.2017, 17:15 Uhr

Die Vergütungsregeln für Großhändler und Zyto-Apotheker wollen die Gutachter ebenfalls komplett umstellen. (Foto: dpa)

Die Vergütungsregeln für Großhändler und Zyto-Apotheker wollen die Gutachter ebenfalls komplett umstellen. (Foto: dpa)


Die derzeit kursierende Fassung des Gutachtens zur Apothekenhonorierung enthält auch Empfehlungen, die Zyto-Apotheken und den pharmazeutischen Großhandel betreffen. Auch dort geht es um deutliche Kürzungen: Die prozentuale Marge der Großhändler soll drastisch sinken.

Vom Gutachten, das das Bundeswirtschaftsministerium zur Apothekenhonorierung in Auftrag gegeben hat, kursiert noch immer nur die Zusammenfassung der Version vom 13. November. Doch die hat es sowohl für die Apotheken als auch für den Großhandel in sich. Demnach erwarten die Autoren, dass mittelfristig bereits ohne Honorarkürzungen etwa 7600 Apotheken-Unternehmen (Einzelapotheken oder Filialverbünde) von der Schließung bedroht sind. Dennoch empfehlen sie, die Apothekenhonorare insgesamt zu senken und versorgungskritische Landapotheken gezielt zu subventionieren.

Weniger Geld für Zytos

Die Autoren selbst erwarten gemäß der vorliegenden Zusammenfassung der Studie, dass ihre Vorschläge die größte Honorareinbuße bei den Zyto-Apotheken auslösen würden. Diese Apotheken würden derzeit erhebliche Gewinne durch eine mehr als kostendeckende Vergütung erzielen. Daher werde empfohlen, die Zuschläge für parenterale Zubereitungen von mindestens 50 Euro auf 33 bis 49 Euro zu senken.

Mehr zum Thema

Mehr Geld für Standardrezepturen

Dagegen wird empfohlen, die Arbeitspreise für Standardrezepturen (bisher 3,50 Euro bis 8 Euro) deutlich auf 27 bis 60 Euro zu erhöhen. Die prozentualen Rezepturaufschläge sollen dagegen von 90 Prozent auf 4,8 Prozent sinken. Insgesamt verbliebe ein deutlich höheres Honorar für Standardrezepturen. Dies folgt der Logik des Gutachtens, die verschiedenen Aufgaben der Apotheken nicht untereinander querzusubventionieren, um Fehlanreize zu vermeiden. Darum solle auch der Beitrag zum Notdienstfonds deutlich von 16 Cent auf 26 Cent steigen.

Massive Einbußen beim Großhandel

Bisher wurde überwiegend aus den Passagen der Studie zu Apotheken zitiert. Doch zumindest in der bisher kursierenden Version, die auch DAZ.online vorliegt, werden auch massive Änderungen der Großhandelsvergütung vorgeschlagen. Demnach soll der Festzuschlag von 70 auf 96 Cent pro Packung steigen. Zugleich soll der prozentuale Zuschlag von 3,15 Prozent auf 0,54 Prozent sinken. Den Festzuschlag hätten die Autoren nur berechnet, weil der Gesetzgeber die flächendeckende Versorgung honorieren wolle. Dafür seien 96 Cent als kostendeckend ermittelt worden. Der prozentuale Zuschlag für den Großhandel sei dagegen kostenbasiert nicht zu begründen, weil zur Finanzierung des Warenbestandes nur vergleichsweise geringe Kosten entstünden. Auf das Verfall- und Bruchrisiko sowie auf umsatzabhängige Versicherungen und Beiträge wird zumindest in der Zusammenfassung nicht eingegangen. Dort wird auch nicht angesprochen, dass prozentuale Margen im Wesen jedes Handelsgeschäfts liegen, wie es der Großhandel betreibt.

Dagegen heißt es in der Zusammenfassung, der in dem bisherigen Zuschlag verankerte Wettbewerbsspielraum sei durch Kosten nicht zu hinterlegen. Maßnahmen des Wettbewerbs seien nicht vom Kostenträger zu finanzieren. Die Studie geht davon aus, dass die Wettbewerbsmaßnahmen des Großhandels ebenso wie OTC-Arzneimittel und Freiwahlartikel in Apotheken von der GKV quersubventioniert würden. Daher solle die Vergütung der Apotheken aus Rx-Arzneimitteln reduziert werden. Dies wiederum sollten Apotheken, Großhandel und Industrie innerhalb ihrer Rabattspielräume ausgleichen, heißt es in der vorliegenden Zusammenfassung der Studie. 

Praktisch keine Einkaufsvorteile mehr

Damit können allerdings nur die Rabattspielräume für nicht preisgebundene Artikel gemeint sein, weil die prozentuale Honorierung des Großhandels für Rx-Arzneimittel bis auf einen winzigen Rest abgeschafft werden soll. Das wiederum würde den Apotheken eine weitere Einnahmequelle nehmen. Zu den vorgeschlagenen Einbußen aufgrund der geänderten Apothekenhonorierung käme dann noch der Wegfall der Einkaufsvorteile vom Großhandel. Denn ein Großhandel, der kein prozentuales Honorar erhält, kann dies auch nicht weitergeben. Die Folgen für die Apotheken wären also noch dramatischer, als es die bisherigen Veröffentlichungen erwarten lassen.

So bleibt nur das Fazit, dass das bisherige Versorgungssystem mit einem flächendeckenden Apothekennetz in der gewohnten Form nicht mehr zu finanzieren wäre, wenn diese Empfehlungen umgesetzt würden. Allerdings ist immer wieder anzumerken, dass die zitierten Aussagen aus einer Fassung vom 13. November stammen. Was seitdem geändert wurde, bleibt weiterhin offen.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


8 Kommentare

Honorargutachten

von Lisa Müller am 08.12.2017 um 13:06 Uhr

Sehr geehrtes Redaktionsteam,
kann man eine "Originalausgabe" des Gutachtens irgendwo bekommen? Bevor ich mich an Diskussionen beteilige würde ich gerne selbst lesen was da drinsteht und mir ein bild machen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Honorargutachten

von Benjamin Rohrer am 08.12.2017 um 13:31 Uhr

Sehr geehrte Frau Müller,

so gerne wir es würden, können wir das leider nicht tun. Wir sind dem Informantenschutz verpflichtet und dürfen und wollen unsere Quellen in dieser Angelegenheit nicht benennen. Bitte haben Sie dafür Verständnis. Sie müssen aber wissen, dass es sich hierbei um eine Vorversion des Gutachtens handelt. Das BMWi hat noch keine aktuelle Version präsentiert - es kann daher gut sein, dass in der Endversion andere Zahlen und Rechnungen auftauchen.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.

LG
Benjamin Rohrer

Kapierens einfach nicht - sog Gutachter

von Ratatosk am 08.12.2017 um 9:59 Uhr

Ne is klar, für Standardrezepturen 50 Euro ! hört sich nett an, aber dann werden die Ärzte es nicht mehr verordnen, daher ist die ganze Studie ein lächerliches Rechenschieberspiel ohne praktische Erfahrungen in der Realität.
Dient sicher nur zur Vernichtung der allgemeinen Versorgung und die Politik hat dafür mit dieser "Studie" eine Ausrede.
Ist so, wie wenn man eine Beratungsgesellschaft in den Konzern holt, der für eine Heidengeld "errechnet", daß man 10000 rausschmeißen muß. Die sind dann daran schuld, dem Berater ists egal und die Bosse sind exkulpiert.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Farbe bekennen

von Wolfgang Müller am 07.12.2017 um 19:32 Uhr

Wenn es nicht doch auch an die eigene Existenz gehen könnte, wäre es einfach nur: faszinierend.

Das da von 2HM ist jetzt ein Konzept, mit höchstens zwei Dritteln bis eher weniger als der Hälfte der aktuellen Apotheken nun mal WIRKLICH "Nur Logistik" und "Schachtelschubserei" zu betreiben. Plus reinem Elends-Kommerz mit OTC. Sicher mit einem Augenzwinkern, dass man sich ja gerne Kompensation durch die bestimmt exorbitante und "Nur Heilberufliche" zukünftige Honorierung von perspektivischen "Pharmazeutischen Dienstleistungen" holen könne.

Wenn das jetzt auch schwer zu schlucken sein dürfte:

Genaugenommen ist das 2HM-Gutachten also die perfekte Ergänzung bzw. Steilvorlage zum ABDA- und Ösi-Konzept "Honorierung weg von der Packung" und unserem "Perspektivpapier für die Öffentliche Apotheke" (ja so heißt das wirklich, falls es jemand vergessen hat).

Nur: dass wir jetzt die sagenumwobenen "Netzwerk-", "Finden und Melden-" und all diese Pseudoarzt-Honorare, die niemand jemals in relevanter Höhe uns bezahlen wird, WIRKLICH und SCHNELL als Ersatz für das vielgeschmähte "Packerl"-Honorar bräuchten.

Ich bitte daher jetzt mal all die Damen und Herren, die ganz jungen und die ganz alten, die hier an diesem Ort vor Allem sonntags so genüsslich davon gesprochen haben, dass der real existierende Beruf "Apotheker" ja jetzt schon unwürdige "Schachtelschubserei" und "Nur Logistik" sei, zurück auf Los zu gehen. Und einfach mal reuig festzustellen, dass das eben keineswegs so ist. Und dass der Beruf genau so wie er steht und liegt extrem viel wert ist, gerade weil INFORMELL jeden Tag unendlich viel über "Schachtelschubserei" und "Nur Logistik" hinaus für unsere Kunden und meinetwegen auch Patienten getan wird.

Wäre vielleicht mal eine bessere Teilhabe an dem, was wir heilberufliche Einzelhandelskaufleute gerade bräuchten, als ohne "Medikationsmanagement" oder mindestens: "Den Medikationsplan in Apothekershand", am Besten: "Niemals ohne Medikationsanalyse": hat das doch Alles sowieso keinen Sinn mehr.

Zuviel verlangt? Sicher.

Andererseits bin ich weiter zuversichtlich, dass es mit hauptsächlich kaufmännischer Argumentation gelingen kann (ach übrigens: "Den Apotheker als Kaufmann braucht keiner"; wer war DAS nochmal?), dieses 2HM-Gutachten für uns zum Guten zu wenden. Dazu müsste man aber die apothekerlichen Kaufleute auch ranlassen, wie jeder Artikel des Kollegen Müller-Bohn beweist.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Solidarität?

von Ulrich Ströh am 07.12.2017 um 18:37 Uhr

Es wird nicht alles so heiss gegessen , wie es gekocht
wird...
Ich sehe das Gutachten mit mehr Gelassenheit .

Natürlich weiss und kalkuliert die Politik,dass es eine
geschlossene ,deftige Antwort der Apotheker niemals geben wird!

Denn :Die gelebte Solidarität in unserem Berufsstand wird immer ein Fremdwort bleiben.

Lieber Kollege Diefenbach:Nichts ist härter als die Wahrheit !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

....auf´s Wesentliche reduziert

von Carsten Simons am 07.12.2017 um 18:34 Uhr

Läßt man einmal alle Emotionen außen vor, scheint das Gutachten die Aufgaben der Apotheken und die damit verbundene Honorierung auf das Wesentliche zu reduzieren: nämlich die Belieferung von ärztlichen Verschreibungen - das nackte Inverkehrbringen und Herstellen von Arzneimiteln und den damit verbundenen Aufwand. Sind wir doch einmal ehrlich, der Versandhandel wird das OTC Geschäft, abgesehen von ein paar Akutversorgungen, an sich reißen. Freiwahlprodukte finden sich in jedem Drogeriemarkt zum halben Preis, braucht niemand eine Apotheke für. Ein Eu***in Seifenstück würde sich ein "echter" Kaufmann nicht ins Regal stellen - der Apotheker schon. Das Apothekennetz wird um 7500 (?) Apotheken - also ca. 40% der Betriebsstätten reduziert. Das spart 7500 x das Inhabergehalt und löst alle Personalprobleme. Zudem erspart es den Apotheken jede Menge Werbekosten. Kooperationen und Beiträge werden überflüssig. Der Kampf um den Kunden ist bereits entschieden, da er keine Alternativen mehr hat. Wettbewerb kostet Geld. Geld, das zukünftig gespart wird. Umschau adé?

Bin ich gerne mit dabei - dann aber bitte auch die Krankenkassen mit einbeziehen - hier gibt es auch Einsparpotential bei zahlreichen (überflüssigen?) Vorstandsposten. Wozu noch die Wahl lassen? Eine Krankenkasse reicht doch.

Schönen Feierabend!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Endlich

von Frank ebert am 07.12.2017 um 18:29 Uhr

Es war immer der böse Frank Ebert. Endlich wachen auch andere auf und hören endlich mit der Schleimerei auf. Was für Pappnasen uns alles kaputt machen sieht man heute wunderbar am Spd-Parteitag, was für Chaoten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

".....achten "

von Dr.Diefenbach am 07.12.2017 um 17:34 Uhr

Stimmt das auch nur etwa,dann heißt das:Krieg!!!!Widerstand auf allen Ebenen,keinerlei Rücksicht auf irgendwelche Politiker oder "Politvertreter".Auch wenn einige Dinge nicht derart umgesetzt werden,es zeigt:Die Missachtung eines ganzen Standes,die Abqualifizierung von 150 tausend Menschen,die Ignoranz von persönlichen Leistungen.Eigentlich das Signal :Wir brauchen nur noch ein paar von "euch".Und es bleiben ja noch die Schicksale von Mitarbeitern im GH,den Zulieferern und auch anderer Bereiche.Wen wundert es,wenn in irgendwelche Richtungen gewählt wird und nicht mehr die,die meinen,sie bilden das Zentrum??? Zerstören Gutachter und diverse Theoretiker ein Stück Gesellschaft,ein Stück Gesellschaftsordnung??

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.