Hersteller-Klage

Verfassungsrichter sollen über Preismoratorium entscheiden

Berlin - 07.12.2017, 09:00 Uhr

Pharmaunternehmen kritisieren den Preisstopp für Nicht-Festbetragsarzneimittel seit Jahren. Nun soll das Bundesverfassungsgericht prüfen, ob das Moratorium überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar ist. (Foto: Klaus Eppele / stock.adobe.com)

Pharmaunternehmen kritisieren den Preisstopp für Nicht-Festbetragsarzneimittel seit Jahren. Nun soll das Bundesverfassungsgericht prüfen, ob das Moratorium überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar ist. (Foto: Klaus Eppele / stock.adobe.com)


Die Rücklagen der Kassen wachsen – ebenso die Einsparungen, die ihnen die gesetzlichen Rabatte der pharmazeutischen Unternehmen einbringen. Dennoch gibt es seit Jahren einen Preisstopp für Arzneimittel ohne Festbetrag, der regelmäßig verlängert wird. Nun hat das Unternehmen InfectoPharm deshalb Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt.

Schon seit vielen Jahren soll unter anderem ein Preismoratorium für Nicht-Festbetragsarzneimittel die Ausgaben der Krankenkassen für Medikamente im Zaum halten. Pausen gab es zwischendurch. Doch seit August 2010 sind die Preise auf dem Stand vom 1. August 2009 eingefroren. Hersteller, die den Preis erhöhen, müssen die Differenz an die Kassen abführen. Dieser Preisstopp wurde mehrfach verlängert. Zuletzt mit dem GKV-Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) im Mai dieses Jahres – und zwar bis Ende 2022.

Betroffene Hersteller und ihre Verbände haben immer wieder versucht, gegen das Preismoratorium vorzugehen. Jahr für Jahr prüfte das Bundesgesundheitsministerium, ob ein Festhalten am Preisstopp sowie den gesetzlichen Herstellerrabatten noch gerechtfertigt ist – denn das ist ihm gesetzlich aufgegeben. Allerdings kam es stets zum Ergebnis, dass es das ist.

Galenische Weiterentwicklungen werden ausgebremst

Nun hat der mittelständische Arzneimittel-Hersteller InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde eingereicht – und zwar gegen die mit dem AMVSG erfolgte Verlängerung bis Dezember 2022. Ein pauschaler gesetzlicher Preisstopp für Arzneimittel, wie ihn § 130a des Fünften Sozialgesetzbuchs vorsehe, verstoße gegen die vom Grundgesetz geschützte Berufsausübungsfreiheit, argumentiert das Unternehmen. 

Inhaber Philipp Zöller und Dr. Markus Rudolph, Geschäftsführer von InfectoPharm, erklären dazu: „Das Preismoratorium stranguliert grundlegende in Artikel 12 des Grundgesetzes verankerte unternehmerische Freiheiten. Wir wehren uns dagegen, dass eine mittelständische Firma wie InfectoPharm seit Jahren pauschal daran gehindert wird, für sinnvolle galenische Weiterentwicklungen seiner patentfreien Wirkstoffe adäquate Preise verlangen zu können.“ Das Unternehmen setzt etwa auf verbesserte Formulierungen für Kinder.

Anwalt: Gesetzgeber könnte milderes Mittel wählen

Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Christian Stallberg, der das Unternehmen vertritt, ist der Meinung, dass der Gesetzgeber sein Ziel, die gesetzlichen Krankenkassen vor höheren Ausgaben zu bewahren und die Arzneimittelpreise zu regulieren, auch mit milderen Mitteln erreichen könnte. Etwa indem er eine Erstattungsobergrenze einführt. Dieses Prinzip könnte mit der Festbetragsregelung verglichen werden: Die Kassen müssten nur die Kosten bis zum „eingefrorenen“ Erstattungshöchstbetrag tragen. Jedoch könnten dann die Unternehmen für ihre galenisch verbesserten Arzneimittel Aufzahlungen von Patienten als potenziellen Nachfragern vereinnahmen.

Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) begrüßt den Schritt des mittelständischen Unternehmens. Dass das Preismoratorium die Entwicklung kindgerechter Darreichungsformen bremse, hat man hier ebenfalls wiederholt beklagt. Dr. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BAH, betont zudem, dass Hersteller höhere Produktionskosten, zum Beispiel aufgrund gestiegener Löhne, Energiekosten oder regulatorischer Anforderungen, wie etwa der Fälschungsschutzrichtlinie, nicht ausgleichen könne, wenn der Preisstopp über ihnen schwebt.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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