Regierungsbildung

Union und SPD stehen zur Apotheke vor Ort

Berlin - 12.01.2018, 10:20 Uhr

(Foto: picture alliance / R. Goldmann)

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Sollte es zu einer Neuauflage einer neuen Großen Koalition kommen, gibt es einen ersten Hoffnungsschimmer für die Apotheker: In dem Sondierungspapier, was die Parteispitzen in der Nacht von Donnerstag auf Freitag vereinbart haben, heißt es auch, dass die Apotheken vor Ort ein Teil der flächendeckenden Versorgung bleiben müssen. Eine konkrete und wichtige Neuerung könnte sich für PTA ergeben.

Seit dem gestrigen Donnerstagmorgen saßen die Parteispitzen und Unterhändler von Union und SPD zusammen, um über eine Neuauflage der Großen Koalition zu verhandeln. Offenbar mit Erfolg: Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) sowie Martin Schulz (SPD) konnten sich auf ein 28-seitiges Papier einigen, auf dessen Basis die drei Parteien in die Koalitionsverhandlungen starten wollen.

In dem Papier, das DAZ.online vorliegt, geht es um die wichtigsten Politikfelder Europa, Flüchtlingspolitik, Finanzpolitik, Rentenpolitik – aber eben auch um die Gesundheitspolitik, die insbesondere die SPD in den vergangenen Wochen zu einem Top-Thema erklärt hatte. Zuerst hatten einige Medien darüber berichtet, dass die möglichen Koalitionäre zu einer paritätischen GKV-Finanzierung zurückkehren möchten. Jetzt liegen aber weitere Details aus dem Kapitel „Gesundheit“ vor.

Kein Schulgeld mehr für PTA?

Auch die Apotheken werden in diesem Kapitel zumindest erwähnt. Wörtlich haben sich die Parteispitzen auf die folgende Formulierung geeinigt: „Zu einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung gehören für uns neben einer gut erreichbaren ärztlichen Versorgung auch eine wohnortnahe Geburtshilfe, Hebammen und Apotheken vor Ort.“ Zu den konkreten Herausforderungen im Apothekenmarkt, wie etwa dem Versandhandelskonflikt oder dem Apothekenhonorar ist in dem ersten Sondierungspapier zunächst nicht die Rede. Das überrascht aber auch nicht, schließlich müssten solche Details erst in den anschließenden Koalitionsverhandlungen ausgehandelt werden.

Eine sehr wichtige Neuregelung könnte sich allerdings für PTA ergeben. Im Kapitel zur Pflege heißt es: „Wir wollen das Schulgeld für die Ausbildung in den Heilberufen abschaffen, so wie es in den Pflegeberufen bereits beschlossen wurde.“ Die PTA-Schulgelder, die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt sind, werden hier zwar nicht wörtlich erwähnt. Allerdings lässt die Formulierung hoffen, dass eine langjährige Forderung der PTA und der Apotheker damit in Erfüllung gehen könnte.

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*Update, am 12. Januar um 12.15 Uhr: Die Parteien haben das Sondierungspapier inzwischen veröffentlicht. Sie finden es beispielsweise hier, auf der Internetseite der SPD.

Wenig Details zur Versorgung

Sehr viel konkreter ist der restliche Teil des Abschnittes über die Gesundheitspolitik auch in anderen Versorgungsbereichen nicht. Zur Einleitung heißt es ganz grundsätzlich: „Kranke, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung müssen auf die Solidarität der Gesellschaft vertrauen können. Wir werden sicherstellen, dass alle auch zukünftig eine gute, flächendeckende medizinische und pflegerische Versorgung von Beginn bis Ende ihres Lebens erhalten, unabhängig von ihrem Einkommen und Wohnort.“

Außerdem würden Union und SPD die „Zusammenarbeit und Vernetzung im Gesundheitswesen“ ausbauen. Außerdem müssten „nachhaltige Schritte“ eingeleitet werden, um die sektorenübergreifende Versorgung zu erreichen. Und: „Darüber hinaus sind deutlich erhöhte Investitionen in Krankenhäuser für Umstrukturierungen, neue Technologien und Digitalisierung notwendig.“

Was die Finanzen betrifft, haben sich die Sondierer auf die folgenden Formulierungen geeinigt: „Wir wollen die schrittweise Einführung von kostendeckenden Beiträgen zur Gesetzlichen Krankenversicherung aus Steuermitteln für die Bezieher von ALG II. Wir werden die Parität bei den Beiträgen zur Gesetzlichen Krankenversicherung wiederherstellen. Die Beiträge zur Krankenversicherung sollen künftig wieder in gleichem Maße von Arbeitgebern und Beschäftigten geleistet werden.“

Komplettes Kapitel und konkrete Maßnahmen zur Pflege

Ein komplettes, eigenes Kapitel widmen die drei Parteien der Pflege. So sollen die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Krankenpflege „spürbar“ verbessert werden. „Es werden Sofortmaßnahmen für eine bessere Personalausstattung in der Altenpflege und im Krankenhausbereich ergriffen und dafür zusätzliche Stellen zielgerichtet gefördert“, heißt es in dem Papier.

Hier werden die Parteien auch sehr viel konkreter: So sollen die Tarifverträge in der Altenpflege gestärkt werden. Im Klinikbereich soll es eine „vollständige Refinanzierung“ von Tarifsteigerungen geben, wobei die Kliniken nachweisen müssen, dass die Gelder bei den Pflegern ankommen. Für Pflegeeinrichtungen sollen 8000 neue Fachkraftstellen geschaffen werden. Nach dem Sofortprogramm sollen verbindliche Personalbemessungsinstrumente geschaffen werden.

Des Weiteren planen Union und SPD eine „Ausbildungsoffensive, Anreize für eine bessere Rückkehr von Teil- in Vollzeit, ein Wiedereinstiegsprogramm, eine bessere Gesundheitsvorsorge für die Beschäftigten sowie eine Weiterqualifizierung von Pflegehelfern zu Pflegefachkräften“. Auf allen Stationen in Krankenhäusern soll es künftig Personaluntergrenzen geben.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Herr Lauterbach jetzt auf Hartz IV?

von Christian Timme am 14.01.2018 um 8:01 Uhr

Bürgerversicherung „abgewendet“, Apotheken weiter „Spielball“ ... das ist GroKo-Gesundheitspolitik ...

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SPD steht nie und nimmer "hinter" den Apotheken, höchstens als Brutus

von Karl Friedrich Müller am 12.01.2018 um 12:09 Uhr

Die Überschrift ist der reine Unsinn. Und das wissen Sie. Sie wecken Hoffnung, wo eher Skepsis angebracht wäre.
Die SPD steht allein hinter DocMorris und anderen Konzernen.
Für den Rest, den der Versand nicht machen will, reichen ein paar Apotheken. Hinter denen steht man dann notgedrungen.
Ich frage mich, ob dort das "Bimbes" System von Exkanzler Kohl weitergeführt wird.
Wer den Film gesehen hat, muss mehr als schockiert sein. Aber nur so lassen sich Entscheidungen in der Politik verstehen.

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