Rote-Hand-Brief

Einfach verhüten bei Mycophenolat

Stuttgart - 08.02.2018, 11:50 Uhr

Entweder Pille oder Kondom: Eine einfache Verhütung unter Mycophenolat-Therpapie genügt nach Ansicht der EMA. (Foto: Yvonne Weis / stock.adobe.com / Bearbeitung JH)

Entweder Pille oder Kondom: Eine einfache Verhütung unter Mycophenolat-Therpapie genügt nach Ansicht der EMA. (Foto: Yvonne Weis / stock.adobe.com / Bearbeitung JH)


Bis vor kurzem galt bei Mycophenolat-Patienten das Prinzip der doppelten Kontrazeption: Mann und Frau mussten beide verhüten, um eine Schwangerschaft hochwirksam auszuschließen. Die EMA hat nun die Verhütungs-Empfehlungen bei Mycophenolat gelockert. Wer verhütet künftig – der Mann, die Frau? Und für welche gebärfähigen Frauen bleibt die strenge Kontraindikation? Ein Rote-Hand-Brief informiert Ärzte und Apotheker über die Änderungen.

Mycophenolarmofetil und Mycophenolsäure setzen Ärzte kombiniert mit Ciclosporin und Corticosteroiden zur Prophylaxe von akuten Transplantatabstoßungsreaktionen bei Patienten mit allogener Nieren-, Herz- oder Lebertransplantation ein. Das Immunsuppressivum wirkt teratogen – aus diesem Grund gelten strenge Kontraindikationen für schwangere Frauen. Auch müssen Patienten unter Mycophenolat eine Schwangerschaft durch effektive Verhütungsmethoden ausschließen. Hier hat die EMA Anfang Februar dieses Jahres ihre Empfehlungen gelockert. Wie war es seither mit der Verhütung unter Cellcept oder Mycophenolat-Generika? Und wie läuft die Kontrazeption jetzt?

Wie lief die Verhütung seither bei Mycophenolat-Patienten?

Mycophenolatmofetil und auch Mycophenolsäure wirken genotoxisch. Bei Exposition im Mutterleib kommt es bei 45 bis 49 Prozent der Fälle zu einer Fehlgeburt, 23 bis 27 Prozent der Kinder kommen mit Missbildungen zur Welt. Seither galt das Prinzip der doppelten Verhütung: Zusätzlich zur Kontrazeption der Frau, musste der männliche Partner mit Kondomen verhüten.

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Diese strengen Vorgaben zur doppelten Verhütung hat die EMA jüngst geändert. Der Ausschuss für Risikobewertung (PRAC) der europäischen Arzneimittelagentur kam Ende 2017 zu der Einschätzung, dass das Prinzip der doppelten Verhütung nicht erforderlich sei. Änderungen bei der Kontrazeption unter Mycophenolat betreffen Männer und Frauen.

Neue Empfehlungen zur Kontrazeption bei Mycophenolat-Therapie

Nimmt ein männlicher Patient Mycophenolat ein, genügt es, wenn er oder seine Partnerin eine wirksame Verhütungsmethode anwenden. Diese Empfehlung gilt für die gesamte Dauer der Behandlung und für 90 Tage darüber hinaus. Ob also die Frau oder der Mann verhütet, ist nach Einschätzung des PRAC egal: Hatten Männer unter Mycophenolat-Einnahme Kinder gezeugt, erhöhte dies nicht das Risiko für Fehlgeburten oder kindlichen Missbildungen. Zusätzlich kommt der Risikoausschuss der EMA zu dem Schluss, dass die Menge Mycophenolat, die potenziell durch die Samenflüssigkeit des Mannes auf die Frau übertragen werde, gering sei, „sodass Auswirkungen unwahrscheinlich sind“, erklärt der Rote-Hand-Brief. Da jedoch Mycophenolat unbestritten teratogen wirke, könne hingegen ein genotoxischer Effekt auf Spermien nicht vollständig ausgeschlossen werden.

Kein Mycophenolat für nicht verhütende Frauen

Anders sieht es bei Frauen im gebärfähigen Alter aus. Hier unterscheiden die Empfehlungen zwei Gruppen: Frauen im gebärfähigen Alter, die verhüten, und Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten. Die EMA lockert bei Frauen im gebärfähigen Alter nur teilweise die Verhütungsempfehlungen: Nach wie vor sind Mycophenolat-haltige Arzneimittel bei nicht-verhütenden Frauen im gebärfähigen Alter kontraindiziert.

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Gebärfähige Frauen: bis sechs Wochen nach Mycophenolat verhüten

Verhütet die gebärfähige Patientin unter Mycophenolat, muss sie vor Beginn der Behandlung, während der Behandlung und für 6 Wochen nach Beendigung der Behandlung mindestens eine zuverlässige Form der Kontrazeption anwenden. Für sexuell aktive Frauen bewertet die EMA auch die doppelte Kontrazeption nach wie vor als sinnvoll: „Vorzugsweise, aber nicht zwingend erforderlich, sind zwei Formen der Kontrazeption anzuwenden“, empiehlt die europäische Arzneimittelbehörde. Zusätzlich soll vor Beginn der Mycophenoalt-Therapie eine bereits bestehende Schwangerschaft ausgeschlossen werden

Eine strenge Kontraindikation für Mycophenolat besteht für schwangere Frauen. Nur eine Ausnahme räumt die EMA ein: wenn Mycophenolat als einziges Immunsuppressivum die Transplantatabstoßung verhindert.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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