Walter Oberhänsli zum Rx-Versandverbot

„Wir werden juristisch alles ausschöpfen“

München - 08.02.2018, 09:00 Uhr

Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli (re.) und BVDAK-Chef Stefan Hartmann beim Kooperationsgipfel in München. (Foto: diz)

Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli (re.) und BVDAK-Chef Stefan Hartmann beim Kooperationsgipfel in München. (Foto: diz)


Die Große Koalition will sich fürs Versandverbot verschreibungspflichtiger Arzneimittel einsetzen – diese Nachricht setzte am Mittwochnachmittag dem Aktienkurs der Zur Rose Group AG deutlich zu. Von dieser politischen Absicht sei er überrascht worden, räumte  Walter Oberhänsli, Chef von Zur Rose und DocMorris, ein, der als Überraschungsgast zum  BVDAK-Kooperationsgipfel eingeladen war. „Aber wir werden juristisch dagegen vorgehen“, ließ er wissen.

Das Unternehmen Zur Rose baut seit dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung verstärkt darauf, in Zukunft den Rx-Versand und die Belieferung von Rezepten auszubauen. Mit Boni- und Rabattzahlungen versucht man, Patienten zu gewinnen, die ihre Rezepte an das Versandhaus schicken. Mit einer breit angelegten Werbekampagne will sich der Arzneiversender DocMorris derzeit als zukunftsgerichtet, als fortschrittlich und als „Apotheke“ positionieren. Die Strategie von Zur Rose geht daher eindeutig in Richtung Ausbau des Rx-Geschäftes. Deshalb ist es für Oberhänsli klar, alle juristischen Möglichkeiten auszuschöpfen, das Rx-Versandverbot zu verhindern.

„Schwer abzuschätzen“, ob es kommt

Für den Chef von Zur Rose bleibt es trotz der politischen Absichten in Deutschland aber „schwer abzuschätzen“, ob das Rx-Versandverbot letztendlich kommen wird. Bis zur Abschaffung des Rx-Versands sei es noch ein weiter Weg. Oberhänsli zeigte sich nach wie vor davon überzeugt, dass ein Versandverbot verfassungswidrig ist, wie es auch Verfassungsrechtler immer wieder gesagt haben. Dennoch, eine gewisse Nervosität merkte man dem Manager an.

Und was ist Plan B, wenn das Rx-Versandverbot tatsächlich kommt? Klar, „Plan B ist für uns dann der OTC-Versand. Das werden wir befeuern, das werden wir ausbauen“, so der Manager. Schon heute liegt der Marktanteil des Versandhandels für OTC bei rund 15 Prozent. Nachdem Zur Rose in den letzten Monaten zwei Versandapotheken hinzukaufte, schloss Oberhänsli nicht aus, weitere Versender zu übernehmen.

Fortschritt lässt sich nicht aufhalten

Wie schätzt er die Bedrohung durch Amazon ein? Was ist, wenn Amazon in das Arzneiversandgeschäft in großem Stil einsteigt? Auch das sei nur schwer zu beurteilen, meinte der gelernte Jurist Oberhänsli. Er sehe Amazon noch nicht ante portas, zudem habe der Versandhändler noch andere Felder zu bearbeiten. Für die Schweizer Apotheken sieht Oberhänsli allerdings wenig Gefahren, denn die hätten sich in den letzten Jahren gut aufgestellt, indem sie beispielsweise in die niedrigschwellige medizinische Versorgung eingestiegen sind und auch Impfungen in den Apotheken durchführen. 

Nach Ansicht des Zur Rose-Managers würden es die Bürger kaum verstehen, wenn es verboten würde, verschreibungspflichtige Arzneimittel bei einer Versandapotheke einzulösen. Der Fortschritt lasse sich nicht aufhalten. Gerade beim elektronischen Rezept sehe er großen Handlungsbedarf, so Oberhänsli. Der Verbraucher möchte sein E-Rezept von Zuhause aus an eine Versandapotheke schicken können.

Relevantes Gutachten und Mehrwertsteuer

Von „Relevanz“ ist für ihn auch das Honorargutachten, das festgestellt habe, dass der Versandhandel die flächendeckende Versorgung nicht gefährde. Allerdings räumte er ein, dass er das im Gutachten errechnete niedrigere Apothekenhonorar weniger gut findet.

In der Diskussionsrunde auf dem Kooperationsgipfel fragte Sanacorp-Vorstand Frank Hennings, wie es denn um die ordnungsgemäße GDP-konforme Auslieferung von Arzneimitteln bei DocMorris bestellt sei. Das sei „sehr relevant“ für das Unternehmen, „auf Qualität legen wir großen Wert, ich glaube, da gibt es keinen Nachholbedarf für uns, die Vorgaben werden eingehalten“, konterte Oberhänsli.

Weniger forsch und auskunftsfreudig zeigte sich  Oberhänsli bei der Frage von Karl-Rudolf Mattenklotz, dem früheren Präsidenten der Apothekerkammer Nordrhein, ob und wie viel Mehrwertsteuer DocMorris beim Versand von OTC-Arzneimitteln nach Deutschland zahle. „Ich weiß es nicht“, so der Zur Rose-Manager, „wie hoch und wie viel, aber wir zahlen Mehrwertsteuer“, war seine Antwort. Mattenklotz legte nach und warf ihm vor, keine oder nur die niedrigere niederländische Mehrwertsteuer zu zahlen. Das sei falsch, so Oberhänsli, das Unternehmen zahle die „reguläre Mehrwertsteuer“.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Bricht Kapital die Politik ?!

von Ratatosk am 08.02.2018 um 18:35 Uhr

Fast überall in der EU gibt es dieses RX Verbot, Wenn es dort EU konform ist, dann auch hier, es geht nur damit, ob es die Politik heutzutage noch schafft, sich nicht dem Großkapital unterwerfen zu müssen, oder zu wollen.
Das ist der Kern der Frage, alles andere sind die üblichen Nebelkerzen.

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Was immer vergessen wird..

von Hubert Kaps am 08.02.2018 um 10:19 Uhr

....mit der Absicht, den Rx-Vrsandhandel zu unterbieten, fällt Herrn O. im Prinzip seine eigene Gierigkeit auf die Füße. Er durfte mehr als ein Jahrzeht versenden, war aber mit den Zahlen nicht zufrieden.
Und genauso wichtig ist, dass mit dem Verbotsverfahren die Politik mit Nachdruck darauf hinweist, dass sie weiterhin gestaltend bzw. regulierend in einem total regulierten Markt tätig sein will. Ausschließlich Direktverträge zwischen wem auch immer kann nicht das Ziel einer gestaltenden Politik sein.
Denn darauf wäre es hinausgelaufen.

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AW: Was immer vergessen wird

von Hubert Kaps am 08.02.2018 um 10:21 Uhr

Sorry, Rechtschreibfehler, in Zeile 1 muss es natürlich verbieten heissen

RX Versandverbot

von Peter Lahr am 08.02.2018 um 10:01 Uhr

klingt so hart. Deutschland könnte auch den Weg wie damals mit dem Fremdbesitzverbot gehen. Wo damals das ausschlaggebende Kriterium war, dass es NICHT diskriminierend ist wenn Deutschland Kapitalgesellschaften oder Fachfremden den Betrieb einer Apotheke in Deutschland versagt sondern nur Apothekern erlaubt, egal aus welchem Land sie kommen mögen, dann war das mMn das schlüssigste Urteil denn kein Apotheker wird diskriminiert oder vom Apothekenmarkt ausgeschlossen. Wenn nun Deutschland beim RX Versand den gleichen Weg ginge und sagen würde: Du darfst RX versenden aber nur wenn du eine Apotheke in Deutschland besitzt, in der hier gültigen Geschäftsform, einzig und allein damit du auf Basis der staatlichen Daseinsvorsorge greifbar, haftbar wasweisichbar bist könnte man europarechtlich nichts einwenden. Denn unter dem gerne als Argument benutzten "Europoarecht bricht Staatsrecht" müssten die EU Versender doch bereits heute in jedes Land Europas RX wie auch OTC versenden und könnten sich auf diese Floskel berufen, es könnte ihnen bei dieser Auslegung egal sein ob es nun im jeweiligen Land gestattet ist oder nicht. Auch das Argument, dass es seit Jahren keine zu kritisierenden Vorfälle beim RX Versand nach Deutschland gab steht im krassen Gegensatz zu der uns aufoktroyierten Geschäftsform e.K. Wir sind e.K. mit dem Damoklesschwert der Vollhaftung um uns täglich an unser gewissenhaftes arbeiten zu erinnern und nicht auf dumme Gedanken zu kommen, aber wie möchte man anhand der Daseinsvorsorge jemanden kontrollieren der RECHTLICH, weil ansässig im Ausland, für deutsche Gesetze nicht greifbar ist? Dieser Sachverhalt bedeutet doch, UNS weist man im Vorfeld in die Schranken DAMIT nichts passiert, aber beim Auslands RX Versand sieht man darüber hinweg weil NOCH nichts passiert ist? Bei dieser Sache sitzen die deutschen Versender und wir im selben Boot da diese genau denselben Gesetzen unterliegen wie wir. Der Versand als Ergänzung ist von daher sicher in manchen Gebieten sinnvoll, aber genauso wie die Videosprechstunde beim Arzt nicht durch Dr. Ed aus England erfolgen sondern eine sinnvolle Erleichterung für Chroniker bei IHREM Hausarzt darstellen sollte, sollte der Versand mit RX nur durch Institutionen erfolgen bei denen deutsches Recht voll durchsetzbar ist. In diesem Sinne

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