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Ärztin setzt sich vor Gericht durch
Jameda muss Arzt-Profil löschen
Das Ärztebewertungsportal Jameda muss eine Niederlage vor dem Bundesgerichtshof einstecken. Eine Kölner Hautärztin klagte in letzter Instanz erfolgreich gegen das Unternehmen, das nun die Daten der Ärztin vollständig löschen muss. Die Karlsruher Richter halten aber ausdrücklich an ihrer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2014 fest, dass eine Speicherung der personenbezogenen Daten mit einer Bewertung der Ärzte durch Patienten zulässig ist. Doch hier lag der Fall anders.
Es ist eine Niederlage für das Ärztebewertungsportal Jameda und ein Sieg für eine Hautärztin aus Köln: Das Portal muss die Daten der Dermatologin komplett aus seinem Verzeichnis löschen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am heutigen Dienstag in Karlsruhe. Jameda habe die für Bewertungsportale gebotene Neutralität verlassen, weil es durch sein Geschäftsmodell die Mediziner begünstige, die sich dort Werbeplatz kaufen.
Das Jameda-Modell und seine Tücken
Es ging um das konkrete Geschäftsmodell für zahlende und nicht-zahlende Ärzte. Die Klägerin sah sich als Nichtzahlerin gegenüber zahlenden Kunden benachteiligt. Im Jameda-Portal wird sie als solche gegen ihren Willen ohne Bild mit ihrem akademischen Grad, ihrem Namen, ihrer Fachrichtung und ihrer Praxisanschrift geführt. Bei Abruf ihres Profils auf dem Portal erscheinen unter der Rubrik „Hautärzte (Dermatologen) (mit Bild) in der Umgebung“ weitere (zahlende) Ärzte mit demselben Fachbereich und mit einer Praxis in der Umgebung der Praxis der Klägerin. Auch ihre Bewertungen werden angezeigt. Demgegenüber blendet Jameda bei Ärzten, die sich bei dem Bewertungsportal kostenpflichtig registriert und ein „Premium-Paket“ gebucht haben, deren Konkurrenz aus.
Sieg erst in letzter Instanz
Die Ärztin verlangte mit ihrer Klage die vollständige Löschung ihres Eintrags und ihrer sämtlichen Daten in www.jameda.de. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen und auch die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg. Doch die Revision vor dem BGH ging nun zugunsten der Klägerin aus. Die Richter sehen einen Anspruch auf Löschung personenbezogener Daten nach dem Bundesdatenschutzgesetz (§ 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG) – denn die Speicherung sei vorliegend unzulässig gewesen.
Zwar habe der Senat im Jahr 2014 (Az.: VI ZR 358/13) für Jameda bereits im Grundsatz entschieden, dass eine Speicherung der personenbezogenen Daten mit einer Bewertung der Ärzte durch Patienten zulässig ist. Der vorliegende Fall unterscheide sich vom damaligen aber in einem entscheidenden Punkt, betont das Gericht in seiner Pressemitteilung: Mit seiner Geschäftspraxis verlasse die Beklagte ihre Stellung als „neutraler“ Informationsmittler. Während Jameda bei den nichtzahlenden Ärzten dem Internetnutzer die „Basisdaten“ nebst Bewertung des Arztes anzeigt und ihm zudem als „Anzeige“ Informationen zu örtlich konkurrierenden Ärzten bietet, sehe es bei „Premium“-Kunden anders aus. Hier bleibt die Konkurrenz außen vor. Und zwar ohne dies dort dem Internetnutzer hinreichend offenzulegen.
In einem solchen Fall überwiege das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber dem Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit .
Jameda muss Geschäftsmodell umstellen
„Wir freuen uns, dass mit der Schutzgelderpressung seitens Jameda nun endlich Schluss ist“, sagte die Anwältin der Medizinerin, Anja Wilkat nach der Urteilsverkündung. Die Betreiber des Portals müssen nun ihre Anzeigenprodukte gemäß der BGH-Vorgaben anpassen und für Gleichbehandlung zwischen zahlenden und nicht zahlenden Ärzten sorgen.
Der Bundesvorsitzende des Verbandes der niedergelassenen
Ärzte (NAV-Virchow-Bund), Dr. Dirk Heinrich, zeigte sich ebenfalls erfreut: „Mit der Entscheidung, dass Jameda das Profil der Klägerin auf deren Wunsch hin löschen muss, stärkt der Bundesgerichtshof die Persönlichkeitsrechte und die Rechtssicherheit von
niedergelassenen Ärzten”, erklärte er.
Das Portal reagierte prompt
und entfernte noch am selben Tag die beanstandeten Einblendungen. Jameda-Geschäftsführer Florian Weiß gab sich nach dem
Richterspruch enttäuscht, aber gelassen. Immerhin sei das Grundsatzurteil von 2014 bestätigt worden. Der Löschanspruch nicht zahlender
Ärzte bestehe nur solange, bis das Unternehmen seine Werbeanzeigen umgestaltet
habe. „Wir erwarten keine Austrittswelle von Medizinern“, so Weiß.
Der Erfolg der Ärztin könnte aber nur ein Pyrrhussieg sein, meint der Mannheimer Datenschutzexperte Steffen Henn. Sobald Jameda und andere Portale entsprechend reagiert haben, müsste es auch die Kölner Ärztin es wieder dulden, dort geführt zu werden. Allerdings ist sie aus dem Portal nach Angaben der Jameda-Sprecherin ohnehin bereits verschwunden, „da sie ihre Praxis wohl aufgegeben hat“.
Urteil des Bundesberichtshofs vom 20. Februar 2018, Az.: VI ZR 30/17
4 Kommentare
Vertuschung unlauteren Wettbewerbs
von Dr. Peter Gorenflos am 18.06.2018 um 6:41 Uhr
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Jameda, der Bundesgerichtshof und der unlautere Wettbewerb
von Dr. Peter Gorenflos am 30.05.2018 um 17:53 Uhr
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von Dr. Peter Gorenflos am 30.05.2018 um 17:46 Uhr
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von Dr. Peter Gorenflos am 13.03.2018 um 20:13 Uhr
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