Wegen entzündlicher Hirnerkrankungen

EMA empfiehlt sofortigen Rückruf von MS-Mittel Zinbryta

Stuttgart - 08.03.2018, 17:30 Uhr

Das MS-Arzneimittel Daclizumab (Zinbryta®) soll nicht mehr vermarktet werden, findet die EMA. (Foto: Biogen)

Das MS-Arzneimittel Daclizumab (Zinbryta®) soll nicht mehr vermarktet werden, findet die EMA. (Foto: Biogen)


Die europäische Aufsichtsbehörde EMA hat das sofortige Ruhen der Zulassung und den Rückruf von Daclizumab (Zinbryta®) empfohlen. Die Empfehlung wird der Kommission für eine rechtsgültige Entscheidung vorgelegt. Für die Praxis hat das keine Konsequenz, da Hersteller Biogen bereits zuvor freiwillig auf die Zulassung verzichtet und den Rückruf in die Wege geleitet hat.

12 Fälle von schweren entzündlichen Hirnerkrankungen, darunter Enzephalitis oder Enzephalopathie, drei davon tödlich, haben den Pharmakovigilanzausschuss der EMA dazu veranlasst, zu empfehlen, dass das MS-Arzneimittel Daclizumab (Zinbryta®) nicht mehr vermarktet werden soll – und zwar ab sofort. Das teilte der Ausschuss am gestrigen Mittwoch mit. Um Patienten zu schützen, solle die Zulassung ruhen und das Arzneimittel zurückgerufen werden.

Des Weiteren empfiehlt der PRAC (Pharmakovigilanzausschuss der EMA), dass keine neuen Patienten mehr mit Daclizumab behandelt werden. Ärzte sind aufgefordert, Patienten, die damit therapiert werden, zu kontaktieren, die Behandlung abzubrechen und über Alternativen nachzudenken. Nach dem Absetzen müssen die Betroffenen noch mindestens sechs Monate überwacht werden, heißt es. Die Empfehlung wird der EU-Kommission für eine rechtsgültige Entscheidung vorgelegt.

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Praktische Konsequenzen hat die EMA-Empfehlung kaum, da Hersteller Biogen bereits zuvor bekannt gegeben hat, freiwillig auf die Zulassung zu verzichten. Auch der Rückruf in Deutschland ist schon eingeleitet. Wie die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker mitteilt, werden alle im Markt befindlichen Chargen von Zinbryta® (Daclizumab) 150 mg Injektionslösung, eine und drei Fertigspritzen (PZN 11660691 und 11660716), in Deutschland mit sofortiger Wirkung zurückgerufen.

Wie wirkt Daclizumab?  

Daclizumab ist ein humanisierter Antikörper, der an den CD25-Rezeptor auf zirkulierenden T-Zellen bindet. Daclizumab verhindert auf diese Weise die Bindung von Interleukin-2 an CD25. Die Sättigung der Zielrezeptoren CD25 mit Daclizumab ist schnell und anhaltend. In der Konsequenz steigt durch nicht gebundenes IL-2 und durch diese Intervention in den IL-2-Signalweg durch Daclizumab die Serumkonzentration von IL-2 um das Doppelte. Dies trägt zur Expansion natürlicher Killerzellen bei (CD56bright NK-Zellen), deren Serumkonzentration rund um das Fünffache des Ausgangswertes steigt. CD56bright-NK-Zellen reduzieren nachweislich die Aktivität aktivierter T-Zellen


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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