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Von London nach Amsterdam
Wie geht's weiter beim EMA-Umzug?
Im vergangenen Herbst hatte die Entscheidung über den neuen Standort der Europäischen Arzneimittelagentur allerorten für große Aufregung gesorgt. Nachdem am Ende Amsterdam das „große Los“ gezogen hatte, wurde es nach einigen Nachwehen schlagartig wieder ruhig um die EMA. Wie weit sind die Vorbereitungen denn nun gediehen?
Das Verfahren über die Zuweisung eines neuen Standortes für die Europäische Arzneimittelagentur infolge des Brexits war für die pharmazeutische Industrie und die nationalen Zulassungsbehörden im zweiten Halbjahr 2017 das Thema Nummer Eins. Als dann am 20. November 2017 die Entscheidung zugunsten der niederländischen Stadt Amsterdam fiel, herrschte vielerorts Erleichterung, gelten doch die Niederländer als weltoffen, regulatorisch versiert und gut organisiert.
Vollmundig hatte der niederländische Gesundheitsminister Bruno Bruins damals seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass die EMA ihre anspruchsvolle Tätigkeit am neuen Standort Amsterdam in derselben Qualität fortsetzen kann: „Wir sind bereit, loszulegen und werden dafür sorgen, dass die Arbeit der EMA nicht unterbrochen wird“, sagte Bruins im Nachgang zu der Entscheidung im Rat für Allgemeine Angelegenheiten der EU.
Sitz wird in EU-Verordnung bestätigt
Hiermit ist es aber noch nicht getan. Formal wird die Entscheidung nun über eine Änderung der europäischen Verordnung über das zentrale Zulassungsverfahren ((EG) Nr. 726/2004) umgesetzt, die auch die Regelungen über die Errichtung der Agentur enthält. Damit soll der neue Sitz in der Gründungsverordnung bestätigt werden. Ende November legte die EU-Kommission den Entwurf dazu vor.
In die Verordnung wird ein neuer Artikel 71 a eingefügt wird, der besagt, dass die Agentur ihren Sitz in Amsterdam hat und dass die Verordnung ab dem Zeitpunkt angewendet wird, zu dem die Mitgliedschaft von Großbritannien in der EU endet. Das ist der 30 March 2019. Nun muss der Verordnungsvorschlag noch die erforderlichen parlamentarischen Hürden nehmen.
Harsche Kritik des Europäischen Parlaments
Das Europäische Parlament hat den Entwurf in seiner ersten Lesung am 15. März 2018 zwar angenommen, nutzt aber auch die Gelegenheit, um seinem Ärger einmal gehörig Luft zu machen. Die harsche Kritik bezieht sich vor allem darauf, dass das Parlament und damit die Vertreter der Bürger der Union nicht in vollem Umfang in das Verfahren einbezogen worden war. Nun solle man den Erwartungen entsprechen und den ausgewählten neuen Standort des Sitzes auf dem Wege des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens bestätigen. Bemängelt wird außerdem das abschließende Losverfahren, obwohl es sich hierbei um eine derart wichtige Entscheidung handelte. Das EP besteht deshalb darauf, dass das Verfahren für die Auswahl neuer Standorte künftig nicht mehr in dieser Form durchgeführt wird.
Es fordert die Haushaltsbehörden und die Kommission weiterhin auf, dafür zu sorgen, dass die Kosten im Zusammenhang mit der Verlegung des Sitzes der EMA in vollem Umfang vom derzeitigen Gastland getragen werden, wobei ein Teil wohl vor dem finanziellen Ausgleich mit Großbritannien aus dem EU-Haushalt vorfinanziert werden müsse.
Umzug in zwei Phasen geplant
Eine weitere Sorge, die das Parlament umtreibt ist die, dass die Niederländer nicht rechtzeitig mit den neuen Räumlichkeiten fertig werden könnten. Die Bewerbung enthielt die Planung für das „Vivaldi-Gebäude“, dessen Konferenzzentrum und einige Arbeitsplätze laut Angaben in dem Angebot am 1. April 2019 bezugsfertig sein sollen. In den darauffolgenden sechs Monaten sollen schrittweise Büroetagen verfügbar werden. Bis das gesamte Gebäude bezugsfertig ist, sollen vom 1. Januar 2019 an vorübergehende provisorische Räumlichkeiten genutzt werden können.
Wird das Vivaldi-Gebäude rechtzeitig fertig?
Am 22. Februar hatte sich eine Delegation des Parlaments unter der Leitung des italienischen EP-Berichterstatters in dem Verfahren nach Amsterdam aufgemacht, um sich direkt vor Ort ein Bild von den Fortschritten zu machen. „An dem provisorischen Gebäude ist wohl tatsächlich nicht mehr viel zu tun“, befand Giovanni La Via. „Besorgter sind wir über das Risiko einer verzögerten Fertigstellung des neuen Vivaldi-Gebäudes. EMA-Mitarbeiter haben uns heute gesagt, das ein Verzug die Aktivitäten der Agentur beeinträchtigen könnte, und genau das wollen wir vermeiden.“
Mit dem Bau des endgültigen Sitzgebäudes soll bis dato nicht einmal begonnen worden sein. Etwaige Kosten für den zweiphasigen Umzug sollen nach den Vorstellungen des Europäischen Parlaments ohnehin vollumfänglich von der niederländischen Regierung getragen werden.
Parlament fordert konkreten Zeitplan
Das Parlament hat nun in seiner Ersten Lesung am 15. März 018 diverse Änderungsvorschläge zu dem Verordnungsentwurf eingebracht, um seinem Anliegen Nachdruck zu verleihen: Hiernach sollen die Kommission und die zuständigen Behörden der Niederlande alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die Agentur spätestens am 1. Januar 2019 an ihren provisorischen Sitz und spätestens am 16. November 2019 an ihren endgültigen Sitz umziehen kann. Außerdem sollen sie dem Europäischen Parlament und dem Rat drei Monate nach Inkrafttreten der Verordnung und danach alle drei Monate einen schriftlichen Bericht über die Bau-Fortschritte vorlegen, bis die Agentur ihren ständigen Sitz bezogen hat. Die Umsiedlung in das Übergangsgebäude sollte auf 10,5 Monate begrenzt werden, um sicherzustellen, dass die Agentur ab dem 16. November 2019 ihre Tätigkeit wieder in vollem Umfang aufnehmen kann.
Die Ansage an die Niederländer ist klar: Von jetzt an bleibt nicht einmal mehr ein Jahr Zeit, um in Amsterdam – wo auch immer – alles für den großen „Tross“ aus London herzurichten.
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