Verordnungsentwurf

Spahn will Testphase des elektronischen Medikationsplanes flexibilisieren

Berlin - 05.04.2018, 07:00 Uhr

Beschleunigt: Die Testphase für den elektronischen Medikationsplan soll laut einer BMG-Verordnung flexibilisiert werden. (Foto: DAZ.online)

Beschleunigt: Die Testphase für den elektronischen Medikationsplan soll laut einer BMG-Verordnung flexibilisiert werden. (Foto: DAZ.online)


Dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen schneller vorankommt, ist eins der drei Top-Ziele des neuen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU). In dieser Sache veranlasst das von ihm geführte Ministerium nun einen ersten, kleinen Schritt: Es will eine Verordnung aufheben, in der die Anforderungen an Erprobungen digitaler Prozesse definiert werden. Das Ministerium will erreichen, dass unter anderem der elektronische Medikationsplan schneller und flexibler getestet werden kann.

Die ambulante ärztliche Versorgung, die Pflege und die Digitalisierung des Gesundheitswesens – das sind die drei wichtigsten Themen, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn seiner eigenen Aussage nach in dieser Legislaturperiode auf der Agenda hat. Was die Digitalisierung betrifft, sagte Spahn bei seinem Amtsantritt: „Ich möchte, dass wir die nächsten dreieinhalb Jahre das Ding endlich so hinkriegen, dass Patienten, Ärzte, Pflegekräfte einen Mehrwert spüren, weil es Versorgung besser macht. Das möchte ich noch stärker, als es in den letzten Jahren der Fall war, in den Fokus nehmen.“

Spahns Problem: Deutschland hinkt bei den digitalen Lösungen im Gesundheitswesen den meisten europäischen Ländern meilenweit hinterher. Und die dafür zuständige Gematik, in der Ärzte, Apotheker und Krankenkassen gemeinsam die Telematikinfrastruktur entwickeln, gilt als langsam und träge. Auch deswegen haben inzwischen die TK und die AOK mit eigenen elektronischen Patientenakten Fakten geschaffen.

Alte Erprobungs-Verordnung soll abgeschafft werden

Nun will das von Spahn geführte BMG zumindest die Tesphasen aller weiteren Digital-Vorhaben flexibilisieren. In dieser Woche verschickte das Ministerium einen Verordnungsentwurf an die in der Gematik beteiligten Fachverbände. Der Entwurf, der DAZ.online vorliegt, sieht die Aufhebung einer anderen Verordnung vor – es geht um die „Verordnung über Testmaßnahmen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte“. Diese Regelungen hatte das BMG 2005 erlassen, um damals die Inbetriebnahme und Weiterentwicklung der elektronischen Gesundheitskarte voranzubringen. Denn auch schon damals hatten die Prozesse zur Einführung der eGK bei der Gematik gestockt.

Konkret wurde in dieser Verordnung damals geregelt, wie die Erprobung der einzelnen Module – etwa das Versichertenstammdatenmanagement – genau ablaufen muss, welche Anforderungen es an die Testphasen gibt. In der neuen Aufhebungsverordnung schreibt das BMG nun richtigerweise, dass die Tests an der eGK alle abgeschlossen seien und kommt daher zu dem Schluss, dass es die genauen Vorgaben zur Erprobung nicht mehr braucht. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit dem E-Health-Gesetz dazu übergegangen ist, die Digitalisierung nicht mehr durch eigene Verordnungen, sondern durch Fristen und Sanktionen voranzutreiben. Das heißt: Anstatt der Gematik klare Vorgaben zu machen, wie sie etwas umzusetzen hat, wurden ihr und ihren Gesellschaftern schlichtweg Daten gesetzt, bis zu denen eine Lösung zu funktionieren hat.

Gematik soll neue Verfahren austesten

Mit der Aufhebung der alten Verordnung stellt das BMG aber auch klar, dass alle Digital-Lösungen, die noch umgesetzt werden müssen – also beispielsweise der elektronische Medikationsplan – eben nicht diesen sehr strikten Erprobungskriterien unterliegen. Wörtlich heißt es in dem Entwurf: „Die Gematik soll zukünftig bei der Einführung und Erprobung der weiteren Anwendungen nicht mehr an die Verordnung über Testmaßnahmen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte, die stark auf die Durchführung eigener Erprobungsverfahren durch die Gesellschaft für Telematik ausgerichtet ist, gebunden sein. Die Gesellschaft für Telematik soll vielmehr die Möglichkeit haben, neue Verfahren und Konzepte zu entwickeln.“

Das BMG will den Gesellschaftern der Gematik also mehr Gestaltungsspielraum und Freiheit geben bei der Erprobung des Planes. Wörtlich heißt es dazu: „Die Verordnung ermöglicht der Gesellschaft für Telematik in Zukunft eine flexiblere Gestaltung der Erprobung der Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte, unabhängig vom starren Gerüst der Verordnung über Testmaßnahmen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte.“

Juli 2018: Anschluss der Arztpraxen, Januar 2019: Medikationsplan auf eGK

Damit der elektronische Medikationsplan überhaupt funktionieren kann, muss aber zunächst die Telematikinfrastruktur weiter aufgebaut werden, also die digitale Struktur in der die einzelnen Akteure im Gesundheitswesen sicher miteinander kommunizieren können. Im vergangenen Jahr wurde dazu in Testregionen erprobt, ob Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten sicher über die Struktur auf die Versichertenstammdaten der eGK zugreifen und diese auch aktualisieren können.

Der nächste Schritt ist nun, dass alle Arztpraxen bis zum 1. Juli 2018 auf diese Struktur zugreifen können. Dazu müssen die Praxen mit neuen Hard- und Softwarelösungen ausgestattet werden. Laut E-Health-Gesetz sollen dann schon ab dem 1. Januar 2019 alle Vertragsärzte und auch die Apotheken in der Lage sein, elektronische Medikationspläne über die eGK ihrer Patienten anzusehen und zu aktualisieren.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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