Allergiesaison

Birkenpollen-Alarm

Berlin / Stuttgart - 06.04.2018, 14:15 Uhr

Meteorologen rechnen mit massivem Birkenpollenflug. (Foto: beatuerk / adobe.stock.com)

Meteorologen rechnen mit massivem Birkenpollenflug. (Foto: beatuerk / adobe.stock.com)


Die Wettervorhersage für das kommende Wochenende ist blendend – zumindest für alle, die nicht auf Birkenpollen allergisch sind. Meteorologen rechnen in wenigen Tagen mit einem massiven Pollenflug und raten Allergikern, sich in der Apotheke mit entsprechenden Arzneimitteln zu versorgen. Vorbei ist hingegen die Leidenszeit für Hasel- und Erlen-Geplagte.

Der rasante Temperaturanstieg mit dem Aufblühen der Natur kann einigen Allergikern bis zu drei Leidenswochen bescheren. „Wir rechnen in wenigen Tagen in ganz Deutschland mit einem massiven Pollenflug bei der Birke“, sagt Thomas Dümmel, Meteorologe an der Freien Universität Berlin. Durch die kalten Wochen im Februar und März habe sich die Blüte verzögert. Nun aber sei mit einer kleinen Explosion zu rechnen. „Und zwar bei allen Birken gleichzeitig, egal ob an sonnigen oder schattigen Standorten“, ergänzt Dümmel. Auf natürliche Weise könne Allergikern nur viel Regen helfen, der Pollen zu Boden drücke. „Danach sieht es aber in der nächsten Woche nicht aus.“

Birken können pro Kubikmeter Luft tausende Pollen freisetzen. In der Regel seien es auf diesem kleinen Raum 3000 bis 5000 Pollen, erläutert Dümmel. Sehr schlecht für Allergiker sei trockenes und windiges Wetter. Dann fliegen Pollen besonders gut. Die Birke blühe rund 20 bis 25 Tage lang, erläutert Dümmel.

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Von Hasel und Erle drohe dagegen kein Ungemach mehr. „Die sind jetzt mit ihrer Blüte durch“, sagte Dümmel. Ab Mai beginne dann die Gräserblüte, die ebenfalls vielen Allergikern zu schaffen mache.

Dümmel rät Allergikern, die sehr stark auf Birkenpollen reagieren, zu Arzneimitteln. Zahlreiche rezeptfreie Optionen stehen zur Verfügung. Wer bisher noch nicht mit Glucorticoid-Nasensprays oder Cromglicinsäure-Augen- und/oder Nasentropfen vorgebeugt hat, ist im Akutfall mit Antihistaminika besser beraten. Die in systemischer (Loratadin, Cetirizin) und lokaler (Azelastin, Levocabastin) Variante zur Verfügung stehen.

Sonst helfe es, vor dem Betreten von Innenräumen Schuhe und Jacke auszuziehen und möglichst im Eingangsbereich zu lassen. Kleidungsstücke von draußen sollten auf keinen Fall mit im Schlafzimmer liegen. Bei langen Haaren sei es ratsam, sie vor dem Schlafengehen zu waschen. „Damit verschwinden auch die Pollen“, sagte Dümmel.

SIT: In der beschwerdefreien Zeit an die Allergie denken

Zudem kann es sich für manche Pollenallergiker auch lohnen im Herbst oder Winter an ihre Allergie zu denken, also dann, wenn die Beschwerden vorbei sind. Dann ist nämlich der beste Zeitpunkt eine spezifische Immuntherapie (SIT) zu beginnen. Im Gegensatz zur symptomatischen Therapie ist damit nicht nur eine Symptomreduktion sondern auch eine Verhinderung der Krankheitsprogression zu erreichen.

Bei Birkenpollen ist sowohl eine subkutane (SCIT) als auch eine sublinguale (SLIT) Therapie möglich. Die Wirksamkeit der SCIT ist bei der allergischen Rhinokonjunktivitis bei Pollenallergie im Erwachsenenalter durch zahlreiche Studien sehr gut und im Kindes- und Jugendalter durch wenige Studien belegt. Sofern ein eindeutiger kausaler Zusammenhang zwischen respiratorischen Symptomen und entsprechendem Allergen besteht, ist laut S2k-Leitlinie zur spezifischen Immuntherapie von 2014 die SCIT auch beim intermittierenden (Schweregrad 1) und geringgradig persistierenden Asthma bronchiale (Schweregrad 2) neben Allergenkarenz und Pharmakotherapie empfehlenswert. Die Wirksamkeit der SLIT ist laut Leitlinie bei der allergischen  Rhinokonjunktivitis  bei Baumpollenallergie bei Erwachsenen gut belegt. Zu einem ernüchternden Ergebnis kommt hingegen ein Review aus dem Jahr 2015 unter Einschluss der damals neuesten und größten Studien zur allergenspezifischen SLIT bei saisonaler allergischer Rhinitis. Bei allergischem Asthma fänden sich nur begrenzt Studien zur Wirksamkeit der SLIT, schreibt die Leitlinie.  

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Lange wurde bei der Bewertung der Wirksamkeit zwischen SCIT und SLIT unterschieden. In der Leitlinie wird eine produktspezifische Bewertung der Datenlage unabhängig von der Applikationsform gefordert. Hierzu ist auf der Homepage der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) eine Übersichtstabelle über sämtliche in Deutschland verfügbaren SIT-Präparate und deren Wirksamkeitsbelege anhand modifizierter WHO-Kriterien veröffentlicht. Die Tabellen werden halbjährlich aktualisiert. 

Eine Liste der zugelassenen Therapieallergene findet sich auf der Internetseite des Paul-Ehrlich-Instituts.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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