DAV-Wirtschaftsforum 2018

Mehr Umsatz, weniger Packungen, Betriebsergebnis nahezu stabil

Potsdam - 25.04.2018, 16:30 Uhr

Claudia Korf (hier beim Wirtschaftsforum 2017) stellte auch in diesem Jahr  die Wirtschaftszahlen der Apotheken vor. (Foto: Külker)

Claudia Korf (hier beim Wirtschaftsforum 2017) stellte auch in diesem Jahr  die Wirtschaftszahlen der Apotheken vor. (Foto: Külker)


Wie steht es um die wirtschaftliche Situation der Apotheken in Deutschland? Beim diesjährigen Wirtschaftsforum in Potsdam gab es die Antworten. 2017, das Jahr nach dem EuGH-Urteil zur deutschen Arzneimittelpreisbindung, war geprägt von einer auffälligen Dynamik im europäischen Versandhandelsmarkt. Inwiefern sich diese Entwicklungen auf die Vor-Ort-Apotheken auswirken, stellten Claudia Korf und Dr. Eckart Bauer in ihrem Bericht vor.

Jedes Jahr präsentiert der Deutsche Apothekerverband (DAV) beim Wirtschaftsforum  – 2018 bereits zum 55. Mal vom DAV initiiert – die Wirtschaftszahlen des jeweiligen Vorjahres. Die Daten sind stets aktuell, die Trends selten überraschend. Und doch konnten Claudia Korf, ABDA-Geschäftsführerin Ökonomie, und Dr. Eckart Bauer, Abteilungsleiter Wirtschaft und Soziales, ihre Zuhörer aus Standespolitik, Großhandel, Industrie und Fachmedien auf einige interessante Entwicklungen im Markt aufmerksam machen. Und diese stehen durchaus im Einklang mit der aktuellen gesundheitspolitischen Stimmung in der Apothekerschaft.

Umsatzsteigerungen von den Betriebsergebnissen entkoppelt

Rund 2,3 Millionen Euro setzten die Apotheken 2017 durchschnittlich um, vor 15 Jahren war es noch eine Million Euro weniger. Somit ist der Umsatz der durchschnittlichen Apotheke um rund 70 Prozent angestiegen. Auch wenn der Aufwärtstrend seit Jahren anhält, beobachtet man gleichzeitig eine Spreizung zwischen „großen“ und „kleinen“ Betriebsstätten. Bauer weist daraufhin, dass fast 62 Prozent der Apotheken unter dem Durchschnittswert liegen.

Beim Blick auf die Kostenstrukturen zeigt sich, dass die Umsatzsteigerungen nicht zwangsläufig mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Apotheken einhergeht. So müssen rund drei Viertel des Netto-Umsatzes für den Wareneinsatz aufgebracht werden. Während die sonstigen steuerlich abzugsfähigen Kosten seit Jahren abnehmen, stagnieren die Personalkosten seit mehr als 15 Jahren zwischen zehn und elf Prozent des Umsatzes. Gemessen am Rohgewinn betrug der Personalkostenanteil 2017 rund 45 Prozent.

Das Betriebsergebnis lag 2017 bei durchschnittlich 143.543 Euro, das entspricht rund sechs Prozent des Netto-Umsatzes. 2003 betrug der Anteil noch etwa acht Prozent. Das führte zu einem durchschnittlichen Betriebsergebnis von 112.541 Euro. Wurden 2003 nur etwa 40 Prozent des Betriebsergebnisses durch die Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten erwirtschaftet, waren es 2017 rund 60 Prozent.

Wo sind die Packungen hin?

Dr. Eckart Bauer präsentierte zusammenfassend drei Entwicklungen: Die Umsätze der Apotheken steigen durch höhere Arzneimittelkosten und die sinkende Anzahl an Betriebsstätten (erstes Quartal 2018: 19.673), dadurch entsteht eine Umsatzverteilung zugunsten der verbliebenen Apotheken. Das Betriebsergebnis der durchschnittlichen Apotheke stagniert beziehungsweise ist im Vergleich zu 2016 etwas rückläufig.

Als Drittes verwies Bauer auf die sinkende Packungsanzahl. Deutsche Apotheken hatten 2017 1,373 Millionen Arzneimittelpackungen an Patienten abgegeben. Im Vorjahr waren es noch 1,408 Millionen gewesen. Steigende Bevölkerungs- beziehungsweise Versichertenzahlen und höhere GKV-Ausgaben für Arzneimittel hätten einen anderen Trend erwarten lassen. Werden immer mehr Arzneimittel durch den Versandhandel und nicht über die Vor-Ort-Apotheken abgegeben? Claudia Korf riet zur Differenzierung: Mögliche Gründe seien, dass immer größere Packungen verordnet und abgegeben werden, eine Grippewelle im letzten Jahr ausblieb oder OTC-Switches (zum Beispiel bei Ulkustherapeutika und Analgetika) dazu führen, dass diese Arzneimittel seltener zulasten der GKV verordnet werden. Gleichzeitig steigt deren Absatz aber im OTC-Bereich, und diese Steigerung würde tatsächlich immer mehr vom Versandhandel abgedeckt. So war bei den Ulkustherapeutika 2017 in den Vor-Ort-Apotheken der Absatz rückläufig (-5 Prozent), im Versandhandel stieg er (+12 Prozent). Bei den Analgetika gab es eine ähnliche Entwicklung (Apotheken: -6 Prozent; Versandhandel: +8 Prozent).

Versandhandel wächst

Korf zeigte auf, dass es von 2016 auf 2017 zu deutlichen Verschiebungen im Arzneimittelmarkt gekommen war. Im Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel stagnierte der Absatz in öffentlichen Apotheken (-0,3 Prozent), im Versandhandel dagegen nahm er deutlich zu (+5,8 Prozent). Eine ähnliche Entwicklung sieht man im OTC-Bereich: Vor-Ort-Apotheken gaben 2017 ein Prozent weniger Packungen ab, der Versandhandel legte hingegen diesbezüglich um 6,3 Prozent zu. Was sind die Prognosen für den verschreibungspflichtigen Bereich? Claudia Korf skizzierte, dass, wenn der Versandhandel zehn Prozent Marktanteil hätte, Apotheken mittelfristig 66 Millionen Packungen weniger abgeben und damit 550 Millionen Rohertrag verlieren würden. Manche Experten prognostizierten auch einen Marktanteil des Versandhandels von 25 Prozent. Dann wäre die Entwicklung langfristig dramatischer: Apotheken würden 177 Millionen Packungen weniger abgeben und 1,5 Milliarden Euro Rohertrag einbüßen.

Daher müsste man nach Korfs Ansicht heute schon einen Marktanteil des Versandhandels bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln von zwei bis drei Prozent als kritisch ansehen.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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Der Apotheken-Markt polarisiert sich

3 Kommentare

Umsätze steigen -

von gabriela aures am 25.04.2018 um 21:00 Uhr

Kammern, Verbände und die ABDA jubeln sicher.
Die Bodenbeläge fürs neue Häuschen werden jetzt aus der Preisklasse III ausgewählt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Umsatzbewertungen des DAV

von Heiko Barz am 25.04.2018 um 19:31 Uhr

Eine recht seltsame Zahlenstafette die der DAV hier vornimmt.
Da werden Zahlen postuliert, die jährlichen Durchschnitts-Umsätze ( 2,3 Mill€ ). Dann wird im nächsten Absatz von einer 70% Steigerung der Umsätze gesprochen, man wischt sich ungläubig die Augen und bekommt dann zu erfahren, dass das Vergleichszahlen von vor 15 Jahren sind.
Ich nehme mal an, dass sich diese Kriterien beziehen auf den Umsatzzustand vor der Zeit, der von SPD, FDP und Grünen erreichten Arzneimittel-Versandhandelsöffnung und den Rabattabschlüssen mit den KKassen.
Wir erfahren dann auch noch, dass über 60% die Normgröße ( Durchschnittsumsatz von 2,3 Mill€ ) gar nicht erreichen. Werden die übrigen 30 plus % Apotheken dann voraussichtlich in Zukunft die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln gewährleisten? Ach nein, das übernehmen schon die Hollandversender, dieser Umstand sollte uns nicht verunsichern.
Die über 60% schwachbrüstigen Apotheken werden dann natürlich mit ihren vielen tausenden von Mitarbeitern verschwunden sein, und um die wird sich der DAV dann statistisch in seinem Jahresbericht auch nicht mehr bemühen müssen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Umsatzbewertungen des DAV

von Armin Edalat am 26.04.2018 um 0:31 Uhr

Sehr geehrter Herr Barz,

die vollständige Analyse des Apothekenwirtschaftsberichts - auch mit den Zahlen zwischen 2002 und 2017 - werden Sie in der nächsten DAZ finden. Herr Müller-Bohn hat sich dem Thema wie jedes Jahr in gewohnter Weise angenommen.

Viele Grüße
A.Edalat

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