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Rx-Versandverbot, -versandverbot, -versandverbot – es gibt nur den Weg des Rx-Versandverbots – sagt die ABDA. Aber was sagt der Bundesgesundheitsminister dazu? Ist er davon überzeugt? Sieht er das auch so? Schweigen bei beiden, bei ABDA und beim Minister. Und wie geht’s mit der Digitalisierung für uns Apotheker weiter? Telemedizin und Telerezepte – und wo bleiben die Apotheker? Auch hier, eine schweigende Woche. Hauptsache, wir impfen nicht und wollen das nicht.
7. Mai 2018
Das Rx-Versandverbot – unsere ABDA hat sich darin festgebissen und kann und will nicht loslassen. Zum Rx-Versandverbot gibt es keine Alternativen, ist unsere Standesführung überzeugt, und betet dieses Credo herunter wie bei einer tibetanischen Gebetsmühle. Es ist das ein und alles der apothekerlichen Zukunft, das Ohne-wenn-und-Aber. Ums Rx-Versandverbot dreht sich in den letzten anderthalb Jahren so gut wie alles. Ohne Rx-Versandverbot, so kommt es mittlerweile über, wird es keine Zukunft der Apotheke mehr geben. Wirklich, mein liebes Tagebuch? Ist das so? Kammerpräsident Saar sagte kämpferisch auf der Vertreterversammlung seiner saarländischen Apothekerkammer: „Wenn die Honorarordnung für Marktteilnehmer aus dem Ausland nicht mehr gilt, dann ist das ordnungspolitisch eine Katastrophe. Führt es doch letztendlich dazu, dass nationale Gesetzgebung allein durch einen grenzüberschreitenden Bezug keine Wirkung mehr entfaltet. Das mag vielleicht im Sinne mancher Großkonzerne sein, der Dumme dabei ist aber der kleine Freiberufler.“ Er mag Recht haben. Aber was ist, wenn das die Politik nicht einsehen will? Die äußeren Anzeichen, dass ein Rx-Versandverbot in absehbarer Zeit oder überhaupt noch kommt, sind ehrlich gesagt nicht sehr gut: Der Bundesgesundheitsminister scheint kein überzeugter Kämpfer fürs Versandverbot zu sein, selbst in CDU-Kreisen bröckelt die Schar der überzeugten Befürworter und SPD und die Grünen sind nach wie vor dagegen. Auch Aktuelles aus dem Gespräch zwischen Spahn und ABDA erfährt man nicht, da ist Stillschweigen vereinbart. Ob das nun etwas Gutes oder etwas Schlechtes bedeutet – man weiß es nicht. Andererseits, mein liebes Tagebuch, Schweigen ist man ja von der ABDA gewöhnt, aber so langsam wird das Schweigen richtig quälend. Also, was ist nun mit dem vermaledeiten Rx-Versandverbot? Und was ist, wenn der worst case eintrifft? Haben wir Forderungen in der Schublade, wie unseren Apotheken geholfen werden kann? Sollte wir für die Zukunft stärker auf Zusatzhonorare setzen? Oder auf Fondslösungen? Oder über ganz andere Lösungen nachdenken? Mein liebes Tagebuch, kein Unternehmen der Wirtschaft würde nur auf eine einzige Strategie setzen…
Mein liebes Tagebuch, jetzt kommt die Digitalisierung, aber so richtig und mit voller Wucht. Selbst die Ärzte wollen Telemedizin und Online-Rezepte. Okay, sie wollen es etwas verhalten und gemäßigt, und das ist wohl ganz gut so. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank-Ulrich Montgomery, erklärte: Ein ausschließliches Pillenverschreiben über das Internet ist damit mit Sicherheit nicht gemeint.“ Hört sich vernünftig an. Und die Grünen legen noch eins drauf: Sie wollen, dass das Verbot der Fernverordnungen fällt. Bekanntlich hatte der Bundestag 2016 beschlossen, dass Apotheker keine Rezepte beliefern dürfen, bei denen augenscheinlich kein direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat. Mein liebes Tagebuch, aber es wird mit Sicherheit kommen und sich nicht verhindern lassen. Es wäre ja auch absurd, wenn dies im Zeitalter der Digitalisierung nicht möglich wäre. Nur, wir Apothekers müssen einen Weg finden, wie wir damit umgehen. Die Grünen fordern sogar, dass schnellstmöglich das E-Rezept kommt. Nun, mein liebes Tagebuch, mal unter uns: Darauf könnten wir getrost noch eine Weil verzichten. Denn bei einem E-Rezept ist die Gefahr noch größer, dass es Patienten nach Holland wandern lassen oder an irgendwelche hiesigen Versender weiterleiten. Aber wir werden die Entwicklung nicht aufhalten können. Mich stört allerdings gewaltig, dass von uns Apothekers offiziell überhaupt keine Statements oder Strategien geäußert werden, was wir wollen, wie wir uns diese Elemente der Digitalisierung vorstellen, kurz: Wie wir zur Telemedizin und ihrem Folgen und zumE-Rezept stehen. Die Wortlosigkeit, die Konzeptlosigkeit der ABDA macht mir zu schaffen.
Unser Bundesgesundheitsminister macht bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen Druck, aber richtig. Zumindest tut er so. Der Fortschritt bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen sei inaktzeptabel, so der Sound des Ministers, und er legt nach: „Es muss cool sein, dabei zu sein.“ Ja, lieber Jens Spahn, schon klar, die Apotheker machen sicher gerne coole Sachen mit, wenn die Entlohnung und das, was unten dabei heraus kommt, genauso cool ist und wenn wir nicht die coolen Dummen sind. Und vor allem: wenn die Datenautobahn, sprich das Internet, nicht über lahme Kupferdrähtchen ins Haus kommt, sondern endlich in Form von schnellen Glasfaser-Datenautobahnen. Also, erst mal schön die Hausaufgaben machen, Glasfaserkabel verlegen und sich coole Honorarmodelle für Apotheker ausdenken – dann reden wir über Coolness weiter.
8. Mai 2018
„Der Medikationsplan ist besser als sein Ruf“, meint die Krankenhausapothekerin Irene Krämer. Im Prinzip hat sie Recht, aber, aber. Es gibt noch so viele Abers. Ganz klar, ein Medikationsplan, der wie vorgesehen alle Arzneimittel, die ein Patient einnehmen muss, mit ihren Dosierungsangaben auflistet. ist eine feine Sache. Besser: wäre eine feine Sache. Aber noch wird er viel zu selten ausgestellt, noch liegt er nur auf Papier vor, noch sind die Apotheker initial nicht beteiligt und an manchen Stellen könnte er noch patientenfreundlicher dargestellt werden. Aber klar, im Prinzip eine feine Sache. Da geht doch umgehend die Forderung an Bundesgesundheitsminister Spahn: Bringen Sie den Medikationsplan zum Laufen, indem Sie die Apotheker mit ins Boot nehmen (ist dringend, allein schon wegen der OTC-Arzneimittel) und indem Sie sie dafür honorieren. Und, mein liebes Tagebuch, unser Digital-Gesundheitsminister möge sich doch bitte auch darum kümmern, dass der Medikationsplan einheitlich übers Netz verfügbar ist. Sonst wird das nichts.
9. Mai 2018
Das wird sich kaum mehr aufhalten lassen: Telemedizin und Fernbehandlung. Und dann stellt sich die Frage: Wo können, wo dürfen Patienten ihre Rezepte in Zukunft einlösen, auch solche, die auf dem Wege einer telemedizinischen Behandlung ausgestellt wurden? Derzeit wäre dies wohl nur bei ausländischen Versandapotheken möglich. Das ist natürlich kein Zustand auf Dauer und wäre für deutsche Vor-Ort-Apotheken keine gute Zukunftsperspektive. Online-Praxen klopfen zurzeit Pressemitteilungen heraus, mit denen sie deutlich machen, dass es auch weiterhin den Patienten überlassen bleiben sollte, wo sie ihre Rezepte einlösen, vor Ort oder im Versandhandel. Mein liebes Tagebuch, da muss sich noch einiges ändern im deutschen Recht. Es darf nicht sein, dass deutsche Vor-Ort-Apotheken von der aktuellen Entwicklung ausgeschlossen bleiben und nur ausländische Versender absahnen. Tja, wo bleibt da der Aufschrei der ABDA und die Forderung, dass das Recht hier dringend geändert werden muss?
Rx-Versandverbot und ABDA – die Meinungen darüber, ob das Engagement der ABDA ausreicht, gehen auseinander. Manche sehen die ABDA wie eine Löwin um ihre Jungen fürs Versandverbot kämpfen. Andere sind überzeugt, dass die Löwin wohl nur Milchzähne hat, die beim Zubeißen ausfallen. Apotheker Christian Redmann beispielsweise will sich nicht auf das Engagement verlassen, sondern setzt sich mit einer eigenen Initiative dafür ein, das das Rx-Versandverbot erhalten bleiben muss. Mit seiner Petition „Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel – Stellungnahme zum Koalitionsvertrag“ will sich Redmann wohl nicht mehr auf die ABDA verlassen. Seine Forderung: Jens Spahn solle sich klar zum Koalitionsvertrag bekennen und zeitnah ein Verbot unter Ausschöpfung aller (europarechtlichen) Konsequenzen verwirklichen. Die Apothekerschaft sei seit dem EuGH-Urteil in finanziellen Nöten, was die Zukunft der gesamten deutschen Gesundheitsversorgung durch Apotheken vor Ort gefährde, heißt es da im Petitionstext. Gegenüber DAZ.online erklärte er, seitens der ABDA das Engagement zu vermissen, die Belange der Apotheker durchzusetzen. Und nach seiner Meinung sei es einfach ein zu mageres Ergebnis, wenn sich die ABDA-Spitze nach einem Treffen mit Spahn aufs Schweigen verlegt. Mein liebes Tagebuch, das kann man nur voll und ganz unterschreiben. Einerseits wird das Rx-Versandverbot als alleiniger Weg für die Zukunft heruntergebetet und hochstilisiert, andererseits schweigt man nach einem Gespräch mit dem Minister. Aber das scheint die neue ABDA-Masche zu werden: Politik durch Schweigen – nach dem Motto: „Gewöhnt euch dran, ihr kleinen Apothekers da draußen. Wir wissen, was für euch gut ist.“
11. Mai 2018
Die Telemedizin kommt. Auf dem Deutschen Ärztetag haben sich die Ärzte für Fernbehandlungen via Telefon und Internet ausgesprochen, allerdings nur im Einzelfall. Mein liebes Tagebuch, die Telemedizin lässt sich nicht mehr aufhalten. Dass die Ärzte hier den Weg nach vorne antreten, ist sicher richtig. Man muss es ausprobieren, ob und wie es funktioniert und ob die Patienten von der Fernbehandlung Gebrauch machen. Ob es dann beim Einzelfall bleibt oder ob diese Art der Behandlung dann rasch zum normalen Weg wird, wird sich zeigen. In der Schweiz beispielsweise scheint diese Art der Kontaktaufnahmen mit dem Arzt recht passabel zu laufen – weil ein Versicherter bis zu 20 Prozent weniger Krankenkassenbeitrag zahlt, wenn er im Krankheitsfall erst diesen Weg wählt. Von solchen Anreizen hört man derzeit von unseren deutschen Krankenkassen noch nichts. Für uns Apotheker wird es dann wichtig sein, welchen Weg die Verordnungen bei einer telemedizinischen Behandlung laufen. Die freie Apothekenwahl muss erhalten bleiben. Mögliche Angebote des Arztes, ein Rezept dann gleich an eine Versandapo zu schicken, darf es nicht geben. Mein liebes Tagebuch, man kann es gar nicht oft genug fragen: Wo sind eigentlich die Kommentare und Äußerungen der Apotheker zum Thema Fernbehandlung und Verordnung? Und überhaupt, wie ist die Einstellung der ABDA zum elektronischen Rezept? Ehrlich gesagt, mein liebes Tagebuch, da sind wir mittendrin im Zeitalter der Digitalisierung, aber von unserer Berufsvertretung hört man wenig bis nichts dazu. Auch hier: Schweigen. Oder ist dies Ausdruck einer Konzeptlosigkeit? Wäre da nicht schon längst mal ein Digitalisierungsgipfel fällig, der die Position der Apotheker zu den neuen Möglichkeiten und Entwicklungen der Digitalisierung aufzeigt? Der deutlich macht, in welche Richtung wir gehen wollen, was wir uns von der Digitalisierung erhoffen, erwarten und wo Gefahren liegen und was wir nicht wollen.
In anderen europäischen Ländern wie beispielsweise in England oder in der Schweiz ist das schon seit einiger Zeit gang und gäbe: Apotheker, die impfen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie entlasten die Ärzte bei diesen Prophylaxe-Maßnahmen und die Impfraten gehen deutlich nach oben. Etwa die Hälfte der deutschen Apothekerinnen und Apotheker würde es wohl befürworten, wenn sie impfen dürften. Die deutschen Ärztinnen und Ärzte allerdings erteilen solchen Gelüsten eine Absage. Auf dem Deutschen Ärztetag haben sie sich gegen ein Impfrecht für Apotheker ausgesprochen. Begründet wird das zwar mit fachlichen Argumenten, die Apotheker seien dafür unzureichend ausgebildet und das könnten sie nicht in einer Schnellausbildung lernen – was natürlich Unsinn ist. Sind deutsche Apotheker etwa dümmer als die Schweizerischen oder englischen Apotheker? Vermutlich geht es auch hier ums Honorar. Aber mein liebes Tagebuch, letztlich brauchen sich die lieben Ärzte hier keine Sorgen zu machen: Die Forderung nach einem Impfrecht kommt von der derzeitigen ABDA-Spitze nicht, wie der ABDA-Präsident vor Kurzem unmissverständlich wissen ließ. Na klar, mein liebes Tagebuch, die deutschen Apotheker bleiben schön artig und pflegen die Tradition – um Himmels willen nichts Neues!
27 Kommentare
Versandhandelverbot
von Franz Posselt am 14.05.2018 um 10:46 Uhr
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„Vertraulichkeit“…?
von Gunnar Müller, Detmold am 13.05.2018 um 15:07 Uhr
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Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel - Stellungnahme zum Koalitionsvertrag
von Thomas Kerlag am 13.05.2018 um 13:44 Uhr
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AW: Versandhandelsverbot für
von Martin Lörzer am 13.05.2018 um 14:52 Uhr
AW: Versandhandelsverbot für
von Martin Lörzer am 13.05.2018 um 14:58 Uhr
AW: Versandhandelsverbot für
von Rolf Lachenmaier am 13.05.2018 um 18:09 Uhr
AW: Versandhandelsverbot für
von Martin Lörzer am 13.05.2018 um 18:30 Uhr
AW: Versandhandelsverbot für
von Martin Lörzer am 13.05.2018 um 18:43 Uhr
AW: Versandhandelsverbot für
von Rolf Lachenmaier am 13.05.2018 um 21:27 Uhr
Welche Chancen,...die am Horizont vorbeiziehen?
von Bernd Jas am 13.05.2018 um 13:02 Uhr
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AW: Welche Chancen,...die am Horizont
von Rolf Lachenmaier am 13.05.2018 um 18:17 Uhr
AW: Welche Chancen,...die am Horizont
von Bernd Jas am 13.05.2018 um 20:00 Uhr
Die ABDA und das "Schweigen"!
von Heiko Barz am 13.05.2018 um 12:54 Uhr
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Zur Petition
von Martin Lörzer am 13.05.2018 um 12:37 Uhr
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AW: Zur Petition
von Bernd Jas am 13.05.2018 um 13:07 Uhr
AW: Zur Petition
von Martin Lörzer am 13.05.2018 um 13:20 Uhr
Zu "Conny"
von Dr.Diefenbach am 13.05.2018 um 12:37 Uhr
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AW: Zu "Conny"
von Anita Peter am 13.05.2018 um 15:48 Uhr
Zu "Conny"
von Dr.Diefenbach am 13.05.2018 um 12:37 Uhr
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RX- Versandverbot
von conny am 13.05.2018 um 12:16 Uhr
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rx vesandverbot
von Dr. Radman am 13.05.2018 um 10:59 Uhr
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Kommunikation intern
von Dr.Diefenbach am 13.05.2018 um 10:40 Uhr
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Die Chancen der Digitalisierung erkennen und nutzen
von Elisabeth Thesing-Bleck am 13.05.2018 um 10:05 Uhr
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ABDA
von Christiane Patzelt am 13.05.2018 um 10:04 Uhr
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Nur um das ‘mal klarzustellen ...
von Gunnar Müller, Detmold am 13.05.2018 um 8:59 Uhr
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Petition an die ABDA gegen das Schweigen
von Ulrich Ströh am 13.05.2018 um 8:43 Uhr
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Parteitag
von Anita Peter am 13.05.2018 um 8:38 Uhr
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