Pharmaziestudenten-Kolumne (Teil 3)

Apotheker – viel mehr als Schubladenzieher!

Jena - 22.05.2018, 07:00 Uhr

Der Apotheker kann mehr sein als ein Schubladenzieher, findet BPhD-Präsident Max Willie Goergie. (Foto: imago)

Der Apotheker kann mehr sein als ein Schubladenzieher, findet BPhD-Präsident Max Willie Goergie. (Foto: imago)


Welches Selbstbild besitzt die junge Generation von Pharmazeuten an den Universitäten? Welche Erwartungen werden im Studium vermittelt? Im dritten Teil der Kolumne des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden (BPhD) geht Präsident Max Willie Georgi diesen Fragen nach.

Die Interpharm 2018 in Berlin bot auch in diesem Jahr wieder viele interessante Vorträge, Diskussionen und Impulse. Wenn auch die Diskussion mit Max Müller von DocMorris in meinen Augen mit am spannendsten war – nichts blieb mir so sehr im Kopf wie die Vorstellung der Studie zu den OTC-Switches. In der Umfrage vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller und der Deutschen Apotheker Zeitung gab die Mehrheit der teilnehmenden Apotheker an, weitere OTC-Switches für sinnvoll zu erachten. 

Max Willi Georgi

Professor Niels Eckstein von der Fachhochschule Kaiserslautern, der die Studie wissenschaftlich begleitet und auf der Interpharm vorgestellt hatte, hatte dafür eine mögliche Erklärung: Ein OTC-Arzneimittel bietet mehr Gestaltungsspielraum hinsichtlich des Preises. Damit könnte man also im Gegensatz zu Rx-Arzneimitteln einen besseren Gewinn erzielen.

Dies ist sicherlich nicht falsch, und vermutlich haben auch einige Apotheker mit dieser Intention geantwortet. Ob es die Mehrheit war, wage ich jedoch zu bezweifeln – vor allem da zwei Drittel der Teilnehmer angestellte Apotheker waren. Ich habe dann auch nachgefragt, ob man denn nicht überlegt habe, dass die Apotheker einfach ihre Profession ausleben möchten: den Patienten beraten. Die Überlegung und diesen Schluss habe man auch gehabt, hieß es. Auf die Folie geschrieben wurde es trotzdem nicht. Daraufhin gab es eine kleine Anekdote aus der Zeit, als es im Pharmaziestudium noch nicht das Fach Pharmakologie gab. Das Selbstverständnis der Apotheker war wohl doch früher ein anderes.

Das Pharmaziestudium bietet viel Potenzial

Jeder Beruf entwickelt sich mit der Zeit weiter und verändert sich. Dementsprechend verändert sich auch das Selbstverständnis der Profession und derer, die sie ausüben. Um Apotheker zu werden, muss man damals wie heute ein Hochschulstudium durchlaufen. Dass die Approbationsordnung erneuert werden müsste, ist bereits seit längerem wieder ein Streitpunkt zwischen Professoren und Studierenden. Doch auch die aktuelle Approbationsordnung macht eine Sache bereits sehr gut: Sie bereitet auf mehr als nur das Abgeben einer Packung vor. Während der vier vollgepackten Jahre an der Universität lernt man als angehender Pharmazeut alles von den Grundsätzen der Physik, Chemie und Biologie, bis hin zur Pathophysiologie und Pharmakotherapie. Das Studium ist breit gefächert und als Absolvent kann man sich Arbeit in vielen Bereichen suchen. Die Pharmakologie ist schon eine Weile fester Bestandteil des Curriculums, ebenso wie die klinische Pharmazie seit der letzten Änderung 2001. Das Potenzial in diesem Bereich ist noch riesig. Schließlich können dort die Grundlagen angewandt und verknüpft werden, während gleichzeitig viele Kompetenzen für das spätere Berufsleben erlernt werden. Dennoch stehen viele Standorte der Pharmazie bis heute ohne Professur für klinische Pharmazie da – übrigens auch fast genauso viele ohne eine eigene Professur für Pharmakologie.

Apotheke: Rabattverträge und Engpässe statt Patientenbetreuung

Ich selbst habe noch nicht in der Apotheke gearbeitet. Doch durch die Famulatur und die Erfahrungen schon approbierter Kommilitonen ist mir klar, dass dort einige Regularien warten, und die Offizin nicht das ist, was man sich im Studium darunter vorstellt. Pharmazie und die Apotheke sind Dinge, die jeder direkt mit einer Sache verknüpft: Arzneimittel. Das Ansehen der Apotheker in der Bevölkerung ist groß, ebenso wie das Vertrauen in sie. Apotheker haben meistens einen Rat, wenn etwas mit der Gesundheit nicht stimmt, und helfen weiter. Dies ist auch der Grund, warum viele von uns Pharmazie studieren: um Menschen zu helfen. Unser Anspruch ist, das breite Wissen anzuwenden, um so den Patienten in der Apotheke eine sichere Therapie geben zu können. Das reine Heranschaffen und Bevorraten von Arzneimitteln ist lediglich ein Teil dieser Arbeit, der in Zukunft immer automatisierbarer werden wird. Für viele ältere Apotheker mag dies der Kern ihres Selbstbilds als Apotheker sein. Die Realität in den Apotheken ist dementsprechend ernüchternd, wenn man aus der Universität kommt. Anstatt hauptsächlich Patienten und ihre Medikation zu betreuen, darf man sich mit Verwaltung, Betriebswirtschaft, Rabattverträgen und Lieferengpässen beschäftigen.

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Die industrielle Revolution hat die Arzneimittelherstellung verändert und ein riesiges Up-Scaling ermöglicht. Die Entschlüsselung des Genoms und die Gentechnik ermöglichen die Herstellung von neuen hochspezifischen Arzneimitteln. Der Einsatz von Big Data wird viel mehr Erkenntnisse über die Wechselwirkung von verschiedenen Arzneimitteln bringen. Die Möglichkeiten wachsen. Diese Chance sollte man nutzen und mit ihnen wachsen. Der Apotheker kann mehr sein als ein Schubladenzieher. Die Grundlagen dafür bekommen wir bereits vermittelt. Das Studium – so anstrengend es auch sein mag –, es motiviert die meisten von uns, am Ende auch mehr zu wollen und mehr zu können.

Ein Arzneimittel vom Rx-Bereich zu einem OTC-Präparat zu switchen, ermöglicht einem Apotheker, dem Patienten zur Seite zu stehen und eventuell einen überflüssigen Arztbesuch zu vermeiden. Damit können sowohl Patienten als auch Ärzte entlastet werden, während die Position des Apothekers in unserem Gesundheitssystem gestärkt wird. Das was wir können, müssen wir hochhalten. Wenn wir das nicht tun, dann werden es andere auch nicht.  



Max Willie Georgi, Beauftragter für PJ und Beruf
redaktion@daz.online


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