Welt MS Tag 2018

„Unheilbar optimistisch“

Remagen - 30.05.2018, 10:10 Uhr

Bei etwa 10 Prozent der MS-Patienten schreitet die Erkrankung von Beginn an unaufhaltsam fort . (foto: MinervaStudo / stock.adobe.com)

Bei etwa 10 Prozent der MS-Patienten schreitet die Erkrankung von Beginn an unaufhaltsam fort . (foto: MinervaStudo / stock.adobe.com)


Am heutigen Mittwoch ist Welt MS Tag. Er soll zur Solidarität mit den weltweit 2,5 Millionen an Multipler Sklerose (MS) Erkrankten aufrufen. Das Motto und Plakatmotiv für Deutschland hat der Bundesverband der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) über einen Wettbewerb ermittelt. Die Gewinner Antje Gerber und Ludger Unterstell, zwei Betroffene aus Schwerte in Nordrhein-Westfalen, wollen MS-Erkrankte und auch deren Angehörige mit dem scheinbaren Widerspruch dazu aufrufen, niemals aufzugeben. 

Informationsmaterialien, Plakate, Postkarten, Flyer und vieles mehr sollen laut DMSG die Botschaft transportieren: „Noch ist Multiple Sklerose nicht heilbar, aber gemeinsam können wir es schaffen, die Forschung weiter voranzutreiben mit dem Ziel: Eine Welt ohne MS! Wir geben nicht auf.“ Auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) stützt laut DMSG die Anliegen des Welt MS Tages.  

30 Prozent mehr MS-Patienten in sechs Jahren

Nach Schätzungen des Bundesversicherungsamtes leben in Deutschland rund 240.000 MS-Patienten. 700.000 sind es ungefähr in Europa und 2,5 Millionen weltweit. Jährlich werden in Deutschland ca. 2.500 Menschen neu mit MS diagnostiziert. Frauen erkranken etwa doppelt so häufig wie Männer. Die Erkrankung wird in der Regel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr festgestellt. Erstdiagnosen nach dem 60. Lebensjahr sind selten. Nach einer Untersuchung von Wissenschaftlern des Versorgungsatlas, deren Ergebnisse das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (Zi) im Dezember 2017 vorgestellt hat, wurden im Jahr 2015 bundesweit über 223.000 gesetzlich krankenversicherte Patienten ambulant wegen Multipler Sklerose behandelt, 2009 waren es lediglich etwas über 172.000 Patienten. Dies entspricht einem Zuwachs von 29 Prozent in sechs Jahren.

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Was ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose ist eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark umfasst. Sie verläuft meist in Schüben. Je nachdem, ob sich die angegriffenen Stellen im ZNS regenerieren können oder nicht, normalisieren sich die Funktionen nach dem Schub wieder oder sie bleiben beeinträchtigt. Im ZNS von MS-Patienten finden sich oft nach einiger Zeit vielfache Vernarbungen („multiple Sklerosen“). Nach 10 bis 15 Jahren bleibt bei rund einem Drittel dieser Patienten die Regeneration nach einem Schub aus. Bei etwa 10 Prozent der MS-Patienten schreitet die Erkrankung von Beginn an unaufhaltsam fort (progrediente Verlaufsform).

„Krankheit mit den 1000 Gesichtern"

Verlauf, Beschwerdebild und Therapieerfolg sind von Patient zu Patient so unterschiedlich, dass sie auch als „Krankheit mit den 1000 Gesichtern" bezeichnet wird. Zu Beginn treten häufig motorische Störungen und Sehstörungen mit Verschwommen- oder Nebelsehen auf. Daneben kommen oft Gefühlsstörungen der Haut, meist in Form von Kribbeln, (schmerzhaften) Missempfindungen oder Taubheitsgefühl vor. Außerdem werden unterschiedlichste Beschwerden wie Blasenstörungen, Unsicherheit beim Gehen oder beim Greifen und „verwaschenes“ Sprechen beobachtet. Im weiteren Verlauf sind die Lähmungserscheinungen häufig mit einem Steifigkeitsgefühl („wie Blei an den Beinen“) verbunden. Unspezifische Beschwerden wie eine abnorme, vorzeitige Erschöpfbarkeit, kognitive Störungen, Einschränkungen bei Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit und Konzentration, depressive Verstimmungen, Schmerzen, Schwindel ergänzen das Bild. 

Akut- und Basistherapie

Die Multiple Sklerose ist bislang nicht ursächlich heilbar, aber die Therapie-Möglichkeiten sind erheblich besser, seit Mitte der 1990er Jahre die Basistherapeutika auf den Markt kamen. Gemäß den aktuell gültigen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS) wird die MS mit einer Stufentherapie behandelt, die zwischen milden/moderaten und (hoch)aktiven Verlaufsformen unterscheidet

Die Therapie zielt darauf ab,

  • die akute Entzündungs-Reaktion eines Schubes zu hemmen (Schubtherapie),
  • das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten,
  • die beschwerdefreie/-arme Zeit zu verlängern (verlaufsmodifizierende Therapie),
  • die MS-Symptome zu lindern und möglichen Komplikationen vorzubeugen (Symptomatische Therapie).

Die DGN / KKNMS Leitlinie zur Diagnose und Therapie der MS wird derzeit im Lichte neuerer Entwicklungen aktualisiert. Schwerpunkt der Überarbeitung sind die neuen MS-Diagnosekriterien sowie die Immuntherapie der MS unter Einbeziehung neu zugelassener und vor der Zulassung stehender Medikamente. Erstmals werden auch Patientenvertreter an der Erstellung der Leitlinie mitarbeiten. Die Fertigstellung wird für 2018 erwartet. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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