BGH-Urteil zu Blankett-Kündigungen

Noweda will sich nicht ausnutzen lassen

Berlin - 14.06.2018, 17:45 Uhr

Von einem Apotheker, der Genossenschaftsmitglied sein will, erwartet die Noweda auch etwas. (Foto: Noweda)

Von einem Apotheker, der Genossenschaftsmitglied sein will, erwartet die Noweda auch etwas. (Foto: Noweda)


Genossenschaftsanteile sind nicht zuletzt in Zeiten des Niedrigzinses für viele Sparer attraktiv. Doch Mitglieder einer Genossenschaft sollen nicht nur von Dividenden profitieren, sondern auch dafür sorgen, dass diese erwirtschaftet werden können. Darauf legt auch die Apotheker-Genossenschaft Noweda Wert. Allerdings ist rechtlich einiges zu beachten, will eine Genossenschaft ein unliebsames Mitglied ausschließen – das zeigt ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs, in dem die Noweda das Nachsehen hat. Die Genossenschaft betont allerdings: Durch das Urteil ändert sich nichts.

Die Apotheker-Genossenschaft Noweda musste in einem Rechtsstreit mit einem Mitglied vor dem Bundesgerichtshof eine Niederlage einstecken. Geklagt hatte ein Apotheker, der 1979 in die Genossenschaft eingetreten ist. Im Laufe der Zeit erwarb er neben fünf Pflichtanteilen 55 weitere (freiwillige) Anteile zu je 1000 Euro. Anfang 2004 unterzeichnete er dann ein von der Noweda erstelltes Kündigungsblankett, das bei der Genossenschaft verblieb. Auf diesem ließen sich Kreuzchen vor verschiedenen Aussagen machen. Der Apotheker wählte nicht den Absatz, der die Kündigung der Mitgliedschaft vorsah, sondern den zweiten Absatz, in dem es um die Kündigung einer bestimmten (noch einzusetzenden) Zahl von Geschäftsanteilen ging.

Überdies unterzeichnete der Apotheker 2011 eine „Leistungs- und Konditionenvereinbarung“, in der der vereinbarte monatlich Umsatz mit der Noweda mit „>30.000 Euro“ angegeben war. Unter „Besondere Vereinbarungen“ wurde geregelt, dass die freiwilligen Geschäftsanteile als gekündigt gelten, wenn die Geschäftsbeziehung eingestellt oder der monatliche Umsatz unterhalb die Summe der gezeichneten Geschäftsanteile sinkt.

Noweda setzt Kreuzchen selbst

Schon 2008 erreichte der monatliche Umsatz des Apothekers mit der Noweda nur noch selten den vorgegebenen Betrag. Am 1. März 2012 beendete der Apotheker die geschäftlichen Beziehungen ganz. Daraufhin zog die Noweda die Blankett-Kündigung hervor: Sie setzte selbst ein Kreuz vor den ersten Absatz (Kündigung der Mitgliedschaft als solche) und vervollständigte den Text mit Datumsangaben. Im April 2012 teilte sie dem Apotheker mit, dass sie seine Kündigung akzeptiere. Doch davon wollte dieser nichts wissen und beharrte auf ein Fortbestehen der Mitgliedschaft und eine weitere Beteiligung mit seinen freiwilligen Anteilen. Dafür zog er auch vor Gericht. In erster Instanz hat das Landgericht den Fortbestand der Mitgliedschaft festgestellt, die Klage aber im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht gab der Klage ganz statt. Die Noweda wollte daraufhin die Klärung vor dem Bundesgerichtshof.

Dies ist nun geschehen. Der Bundesgerichtshof bestätigte im Ergebnis das Berufungsgericht: Die Noweda habe ihrem Mitglied nicht wirksam gekündigt. Eine Gesamtkündigung sei von der (Blanko-)Kündigungsermächtigung, die sich nur auf die freiwilligen Anteile bezog, nicht gedeckt. Auch eine auf die freiwilligen Anteile beschränkte Teilkündigung habe die Vorinstanz rechtsfehlerfrei abgelehnt, so die Karlsruher Richter. Da also keine wirksame Kündigung vorgelegen habe, müsste sich die Revision auch gar nicht mit der Frage befassen, ob das Vorgehen der Noweda mit dem Genossenschaftsrecht in Einklang steht. Ganz zurückhalten mag sich der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs jedoch nicht. Grundsätzlich kann sich eine Genossenschaft nämlich nur von einem Mitglied durch Ausschluss trennen, wobei die Ausschlussgründe in der Satzung bestimmt sein müssen (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GenG). „Dem widerspricht es, wenn eine Genossenschaft von ihren Mitgliedern Kündigungsblankette entgegennimmt, um hiervon Jahre später aufgrund der eigenen Entscheidung, das Mitgliedschaftsverhältnis beenden zu wollen, Gebrauch zu machen“, heißt es im Urteil.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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