- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Die Anti-Apotheken-...
Kommentar
Die Anti-Apotheken-Kampagne der Krankenkassen
Das Positionspapier des GKV-Spitzenverbandes zur Umstrukturierung des Apothekenmarktes ist seit knapp drei Wochen in der Welt. Offenbar hat es nicht die öffentliche Diskussion ausgelöst, die sich die Kassen wünschen. In einem exklusiven Seminar für ausgewählte Journalisten hat der Spitzenverband nun nachgelegt und erklärt, gegen das „Zunftwesen“ der Apotheker vorgehen zu wollen. Die Lektüre des Positionspapiers und die nun eröffnete Kampagne lassen nur eine Schlussfolgerung zu, meint DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer: Die Kassen halten die Apotheke vor Ort für überflüssig.
Einmal im Jahr lädt der GKV-Spitzenverband ausgewählte Journalisten zu einem exklusiven, mehrtägigen Treffen ein. Der Kassenverband nutzt dieses Treffen, um seine wichtigsten politischen Forderungen und Themen in den Medien unterzubringen. Die pharmazeutische Fachpresse wurde noch nie eingeladen zu diesen Seminaren. Beim diesjährigen Treffen ging es neben den Kassenfinanzen und der Pflege-Finanzierung wohl auch um den Apothekenmarkt – schließlich ist in einigen Regional- und Lokalmedien am heutigen Mittwoch vom GKV-Positionspapier zur Umstrukturierung des Apothekenmarktes zu lesen.
Hansen: 1,2 Milliarden mit Apotheken sparen
Welche Botschaft die Chefs des Kassenverbandes den Journalisten mit auf den Weg gegeben haben, lässt sich aus den Berichten klar ablesen. Dort heißt es beispielsweise, dass im Apothekenmarkt laut Volker Hansen, Chef des Verwaltungsrates des Spitzenverbandes, „erhebliche Wirtschaftlichkeitsreserven“ von 1,2 Milliarden Euro steckten. Wo Hansen diese Zahl her hat, ist unbekannt. Im Positionspapier seines Verbandes war von 1 Milliarde Euro die Rede, die die Kassen insbesondere durch die drastische Absenkung des Fixhonorars auf 5,84 Euro erreichen wollen. Das Honorargutachten der Agentur 2HM diente dem Kassenverband dabei als Inspiration.
Falschinformation wird an Journalisten weitergegeben
Die Zeitungen berichten dann auch, dass der GKV-Spitzenverband eine „Mitschuld“ der Apothekervergütung an den steigenden Arzneimittelausgaben der Kassen sehe. Eine Aussage, deren Wahrheitsgehalt gegen Null geht – schließlich sank der Anteil der Apothekenvergütung an den Arzneimittelausgaben zwischen 2014 und 2016 sogar leicht von 15,6 Prozent auf 15,3 Prozent. Und gepaart mit dieser Falschinformation hat der Kassenverbands-Chef Hansen dann gleich noch dieses Zitat abgegeben: „Wir kennen Amazon, Digitalisierung, und Industrie 4.0 – aber bei den Apotheken herrscht noch immer ein altes Zunftwesen.“ Zitiert wird Hansen auch mit den Aussagen, dass der Versandhandel aus- statt abgebaut werden müsse und mit der Frage: „Wieso sollten eigentlich Beitragszahler die Lagerbestände von Apothekern finanzieren?“
Was die Apothekenstruktur betrifft, kommunizierte der Spitzenverband erneut, dass aus seiner Sicht eine Aufhebung des Fremdbesitzverbotes geboten sei, die Versorgung mit Apothekenbussen angepeilt werden solle und es künftig telepharmazeutische Lösungen geben müsse. Wie auch schon in seinem Positionspapier, hat der Spitzenverband wohl auch beim Presseseminar überhaupt nicht erklärt, wie sich das alles positiv auf die Patientenversorgung auswirken solle. Zur Begründung heißt es in den Berichten nur: Alles müsse flexibilisiert werden und die Beratung müsse auch online stattfinden.
Kritische Nachfragen der pharmazeutischen Fachpresse? Nicht erwünscht.
Sehr gerne hätten wir Volker Hansen und den anderen Vertretern des GKV-Spitzenverbandes kritische Fragen zum Positionspapier gestellt. Doch die DAZ und DAZ.online werden grundsätzlich nicht eingeladen zu diesen Presseseminaren und auf Nachfrage wollte sich die Pressestelle auch nicht inhaltlich zu dem Papier äußern. Und so lassen die Inhalte des Positionspapiers sowie die nun gegenüber der Publikumspresse eröffnete, populistische und fehlerhafte PR-Kampagne nur einen Schluss zu: Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes ist die Institution „Apotheke vor Ort“ schlichtweg überflüssig. Warum sonst sollte man fordern, etwa ein Viertel des Apothekenhonorars einfach zu streichen, die Arzneimittelberatung durch Großkonzerne via Online-Chat übernehmen zu lassen und die provokante These in den Raum stellen, dass die Kassen am Überleben einzelner Apotheken kein Interesse haben?
12 Kommentare
Die Wahrheit ist das Wort ...
von Bernd Jas am 21.06.2018 um 14:09 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Gegenangriff
von Dr.Alfred Stuhler am 21.06.2018 um 9:16 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Die GKV
von Sven Larisch am 21.06.2018 um 8:57 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
GKV Spitzenverband
von Peter Kaiser am 21.06.2018 um 8:46 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Antwort
von Reinhard Rodiger am 20.06.2018 um 22:40 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Zu kurz gedacht
von Christiane Patzelt am 20.06.2018 um 19:16 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Zu kurz gedacht
von Frank Zacharias am 21.06.2018 um 10:43 Uhr
Faustpfand Akutversorgung?
von Dr. Stephan Hahn am 20.06.2018 um 18:49 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Faustpfand Akutversorgung
von Christiane Patzelt am 20.06.2018 um 19:47 Uhr
AW: Faustschlag mit Akutveilchen
von Bernd Jas am 21.06.2018 um 11:04 Uhr
Krieg
von Torben Schreiner am 20.06.2018 um 18:25 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Krieg
von Christiane Patzelt am 20.06.2018 um 19:21 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.