Nachwirkungen der Mitgliederversammlung

ABDA-Haushalt ist beschlossen – Was sagen die Kammern und Verbände?

Berlin - 03.07.2018, 07:00 Uhr

Der geschäftsführende Vorstand der ABDA hatte den Haushaltsentwurf bei der ABDA-Mitgliederversammlung eingebracht, jetzt ist er beschlossene Sache. (s / Foto: Schelbert)

Der geschäftsführende Vorstand der ABDA hatte den Haushaltsentwurf bei der ABDA-Mitgliederversammlung eingebracht, jetzt ist er beschlossene Sache. (s / Foto: Schelbert)


Rund um die ABDA hatte es in den vergangenen Wochen heftige Diskussionen gegeben. Mehrere Apothekerkammern beklagten sich, teils mit deutlicher Wortwahl, über die Beitragssteigerung im ABDA-Haushaltsentwurf und die Kommunikationsstrategie ihrer Standesvertretung. Nun ist der Haushalt beschlossene Sache und die Mitglieder haben sich lange zur Politik ausgetauscht. Sind nun alle wieder zufrieden? DAZ.online hat sich bei einigen Mitgliedsorganisationen umgehört.

Noch deutlicher hätten die Worte und Beschlüsse aus den Mitgliedsorganisationen in Richtung ABDA nicht sein können: Gleich mehrere Apothekerkammern entschieden in den vergangenen Wochen, dass sie den ABDA-Haushaltsentwurf auf der Mitgliederversammlung, die in der vergangenen Woche stattgefunden hat, ablehnen wollten. Die Kammern störte das ungebremste Wachstum bei den Mitgliedsbeiträgen (Plus 23 Prozent in sechs Jahren) sowie das „Beiträge-Leistungs-Bilanz“ der ABDA. Der Ton war teilweise schroff: Hamburgs Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen verglich die ABDA mit „Würgeschlangen“, Brandenburgs Kammerpräsident Dobbert warf der ABDA vor, „gemeinschaftlich abgetaucht“ zu sein und die Kammer Schleswig-Holstein verabschiedete eine Resolution, in der der ABDA ein Ultimatum gesetzt wurde.

Trotz alledem hat die ABDA-Mitgliederversammlung den Haushalt am Donnerstag vergangener Woche mit deutlicher Mehrheit (88 Prozent) beschlossen. Und auch die politische Strategie soll konsentiert worden sein: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sagte nach der Sitzung: „Die aufgeregte Phase ist jetzt vorbei.“ Aber sehen die Kammern und Verbände das auch so? DAZ.online hat sich in einigen Mitgliedsorganisationen umgehört:

Foto: ABDA

Rainer Bienfait, Vorsitzender des Berliner Apothekervereins:

„Der Berliner Apotheker-Verein hat dem Haushaltsentwurf zugestimmt, weil wir die Notwendigkeit sehen, den Haushalt um diese Höhe anzupassen. Natürlich müssen aber auch wir uns fragen, wie lange wir das noch schaffen, wenn wir unsere eigenen Beiträge nicht erhöhen wollen, aber die Beiträge an die ABDA Jahr für Jahr steigen. Solange wir uns dazu entscheiden, dass die ABDA die jetzigen Aufgaben übernehmen soll, müssen wir da mitgehen. Wer bestellt, muss auch zahlen! Die Alternative wäre, die ABDA von einzelnen Aufgaben zu entbinden und sie in den Ländern zu bearbeiten, was aber letztlich auch nicht kostengünstiger wäre. Insbesondere für kleinere Kammern und Verbände habe ich in der Diskussion um die Höhe der ABDA-Mitgliedsbeiträge Verständnis, allerdings müssen sie sich auch fragen, ob sie ihre Beitragssatzung anders gestalten sollten.“

Kai-Peter Siemsen, Kammerpräsident Hamburg:

Foto: Schelbert

„Die Diskussion drehte sich hauptsächlich nicht um den Haushaltsentwurf per se, sondern um den notwendigen Schritt, die digitale Zukunft jetzt selbst mitzugestalten. Die lobenswerte Ankündigung von Friedemann Schmidt, sich jetzt aktiv mit der Digitalisierung zu beschäftigen (E-Rezept), ist ja anscheinend nur durch den Druck aus den Ländern zustande gekommen. Vor wenigen Tagen hatte Dr. Andreas Kiefer (Präsident der Bundesapothekerkammer) ja noch vom Präsidium unwidersprochen erklärt, dass die Öffnung zur Fernbehandlung auf dem Deutschen Ärztetag für uns Apotheker keinerlei Auswirkungen zur Folge habe.

Zum Haushalt wurde nur wenig diskutiert. Als Vorsitzender des Haushaltsausschusses wies ich darauf hin, dass die Personalkosten in den Jahren 2017, 2018 und 2019 um rund 1.250.000 Euro höher eingeplant, und jetzt auch genehmigt sind, als 2016 (5,8 auf 7,1 Millionen Euro). Auch die lineare Erhöhung über alle Mitgliedsorganisationen in Höhe von 3,48 Prozent führte zu keiner größeren Diskussion. Ich bin enttäuscht über das Ergebnis, nehme es aber als Demokrat natürlich so hin. Mir fehlt nur das Verständnis dafür, wie sich einige Mitgliedsorganisationen über den Haushaltsentwurf 2019 (aber auch die Jahre davor) erregen, dann aber dem Entwurf trotzdem zustimmen. 187 von 556 Stimmen dagegen bei 13 Stimmen Enthaltung. Das dürften acht oder neun Mitgliedsorganisationen dagegen gewesen sein und eine Mitgliedsorganisation hatte keine Meinung dazu. Das heißt aber auch, dass 24 Kammern und Verbände den massiven Aufbau von Personalstellen in den letzten Jahren billigen. Wohl gemerkt, das sind fast alles Stellen außerhalb der digitalen Zukunft.

Mein Vorstand und ich hatten zuvor an folgenden Punkten Bedenken formuliert und konnten die allgemeine Kritik nachvollziehen:

  • lineare Erhöhung um 3,48 Prozent über alle Kammerbereiche
  • massive Erhöhung der Personalkosten um 1,25 Millionen Euro
  • Stellenzuwachs seit mehreren Jahren
  • Digitalisierung nur unzureichend berücksichtigt
  • Überforderung kleinerer Mitgliedsorganisationen ( allein die 3,48 Prozent bedeuten für die Apothekerkammer Hamburg eine halbe Personalstelle)
  • Schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis (Apotheken-Anteil an GKV-Ausgaben von 2,6 auf 2,2 Prozent gefallen in einer Dekade)
  • Mangelhafte Unterstützung der Länderkammern z.B. bei Umsatzsteuerverfahren, HBA-Portal etc. durch die BAK/ABDA
  • Beitrag der Apothekerkammer Hamburg zur ABDA machen ein Drittel des Hamburger Haushalts aus
  • Pro Kopf-Beitrag zur ABDA ist in Hamburg mehrfach höher als etwa in Bayern

Thomas Preis, Vorsitzender Apothekerverband Nordrhein

Foto: AVNR

„Die Diskussionen waren wie zu erwarten teilweise kritisch aber letzten Endes auch sehr konstruktiv. Insbesondere auch die Entscheidung der Entwicklung eines E-Rezeptes wurde mit großer Geschlossenheit begrüßt. Auch die hohe Zustimmungsquote zum ABDA-Haushalt signalisiert die große Geschlossenheit der Mitgliedsorganisationen. Nur als starke und geschlossen agierende Apothekerschaft und mit dem festen Willen, gemeinsam die großen Herausforderungen eines sich stetig verändernden Gesundheitswesens zu bewältigen, können wir erfolgreich sein. Hier müssen wir als Mitgestalter eines zukunftsorientierten Gesundheitswesens heilberufliche und patientengerechte Antworten von Seiten der Apothekerschaft geben, die der Stärkung des Berufsstandes und der Sicherung des Patientenwohls dienen.“

Foto: AKNR

Lutz Engelen, Präsident Apothekerkammer Nordrhein

„Mit der politischen Aussprache auf der Mitgliederversammlung bin ich zumindest vordergründig zufrieden, weil alle für die Kammer Nordrhein wichtigen Themen kritisch diskutiert wurden. Ich habe klargestellt, dass gerade die Themen honorierbare Dienstleistungen und die dazu nötigen Änderungen der Rechtsgrundlage im SGB V, Digitalisierung und auch die Zukunft der ABDA-Arzneimitteldatenbank für uns unbedingt auf den Tisch gehören. Bei diesen Themen müssen wir Ansprechpartner Nummer eins sein im Gesundheitswesen.

Was den Haushalt betrifft, haben wir gemäß der Abstimmung in der Kammer gegen den Entwurf gestimmt. Es geht uns nicht darum, der AMK die Förderung zu verwehren. Der Protest war richtig, weil der Berufsstand über die Bewegungen in der ABDA viel zu wenig informiert ist. Trotzdem war mir klar, dass der Haushalt beschlossen werden würde, damit es eine Handlungsfähigkeit gibt.

In einem persönlichen Gespräch mit Fritz Becker, der sich stets massiv für die Dynamisierung des Fixhonorars eingesetzt hat, wurde nochmals deutlich, wie hartleibig und ignorant die Politik mit unseren berechtigten Forderungen umgeht. Das Problem ist aber, dass gerade kleine Apotheken in der Fläche kaum die nötigen wirtschaftlichen und personellen Ressourcen  haben, um neue Dienstleistungen aufzubauen und anzubieten. Der Alltagsbetrieb führt diese Betriebe bereits jetzt schon an die Grenzen des Belastbaren. Wir müssen daher aufpassen, dass nicht nur die großen Apotheken gestärkt werden und bei der Neuausrichtung der Apotheken-Dienstleistungen mitmachen können. Zur Aufrechterhaltung der Versorgung in der Fläche benötigen wir auch die vielen kleinen Apotheken. Zentralisierung ist schließlich einer der Mechanismen, die eine Industrialisierung kennzeichnet. Und das kann ja wohl nicht Absicht der Politik sein, oder?“

Foto: Schelbert

Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein:

„Aus der Diskussion zur politischen Lage bin ich diesmal mit einem sehr guten Gefühl gegangen. Denn durch das E-Rezept-Projekt der ABDA habe ich nun endlich das Gefühl, dass das Thema Digitalisierung mit dem nötigen Mut und der nötigen Energie ungesetzt wird. Dass wir Apotheker bei der Digitalisierung eine wichtige Funktion übernehmen müssen, habe ich auch auf der Mitgliederversammlung so kommuniziert.

Auch bei uns im Verband hat der ABDA-Haushaltsentwurf zu Diskussionen geführt, schließlich sind die Beiträge auch für uns der größte Haushaltsposten. Mir ist aber wichtig, dass wir eine gut funktionierende, starke Zentrale in Berlin haben.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


2 Kommentare

Beitragserhöhung

von Heiko Barz am 04.07.2018 um 8:47 Uhr

Wo kann man als "Normalsterblicher" die Beschlichtigungsformel von F.Schmidt nachlesen, um verstehen zu können, warum bei der Abstimmung zum Haushalt 2019 und zur Beitragserhöhung die vorher stimmgewaltig Ablehnenden - doch fast geschlossen -überzeugt werden konnten?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

ABDA Beiträge

von Alexander Zeitler am 04.07.2018 um 3:37 Uhr

Vermisse, was die LAK BW dazu sagt. schätze mal, die nickt das ab

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.