„Konzertierte Aktion Pflege“

Drei Bundesminister gegen den Pflegenotstand

Stuttgart - 03.07.2018, 15:05 Uhr

Jens Spahn (CDU) und Familienministerin Franziska Giffey (SPD) scheinen sich gut zu
verstehen. Ein gutes Zeichen für die „Konzertierte Aktion Pflege“? ( r / Foto: Emmanuele Contini / imago)

Jens Spahn (CDU) und Familienministerin Franziska Giffey (SPD) scheinen sich gut zu verstehen. Ein gutes Zeichen für die „Konzertierte Aktion Pflege“? ( r / Foto: Emmanuele Contini / imago)


Die Bundesregierung startet am heutigen Dienstag die „Konzertierte Aktion Pflege“. Ziel der Aktion sei es, den Arbeitsalltag und die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften spürbar zu verbessern und die Ausbildung in der Pflege zu stärken. Die Aktion ist ein gemeinsames Projekt von den drei Bundesministerien für Familie, Arbeit und Gesundheit. Letzteres koordiniert die Aktion und richtet dafür eine Geschäftsstelle ein.

In der Alten- und Krankenpflege sind 35.000 Stellen für Fachkräfte und Helfer offen. Angesichts massiver Personalnot in der Pflege will die Bundesregierung ein umfassendes Programm erarbeiten, um dringend gesuchte Fachkräfte zu gewinnen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Familienministerin Franziska Giffey und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) starten dazu am heutigen Dienstag die „Konzertierte Aktion Pflege". Die Initiative hatten Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart


Wir verbessern spürbar die Pflege: Sofortprogramm Pflege mit 8 000 neuen Fachkraftstellen und besserer Bezahlung. „Konzertierte Aktion Pflege“ mit besserem Personalschlüssel und Ausbildungsoffensive für Pflegerinnen und Pfleger. Abbau finanzieller Ausbildungshürden bei der Pflegeausbildung. Unterstützung von Kindern pflegebedürftiger Eltern: Kein Rückgriff auf Einkommen bis 100.000 Euro im Jahr. Stärkung ambulanter Alten- und Krankenpflege im ländlichen Raum. 

Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD; 19. Legislaturperiode


In einer Pressemitteilung erklärt Spahn das Konzept: „Gute Pflege bedeutet Zuwendung. Die benötigt Zeit und genügend Personal.“ Dies sei der Grund, warum die Bundesregierung heute die „Konzertierte Aktion Pflege“ starte, meint Spahn und fügt hinzu: „Wir wollen mehr Menschen dazu bringen, diesen verantwortungsvollen Beruf zu ergreifen. Wir wollen Pflegekräfte ermuntern, in den Job zurückzukehren oder wieder Vollzeit darin zu arbeiten.“

Ab dem heutigen Dienstag gehe man gemeinsam gegen den Pflegenotstand vor, so äußert sich auch die Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey. Dazu wolle man die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen verbessern: „Pflegen nach der Stoppuhr muss ein Ende haben“. 

Mit Tarifbindung gegen den Fachkräftemangel

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wird in der Pressemitteilung etwas konkreter. Gute Pflegekräfte seien mehr als „bloße Versorger“: „Wir wollen mit unserer Konzertierten Aktion den Pflegenden und den Pflegebedürftigen endlich die Aufmerksamkeit zukommen lassen, die ihnen zusteht. Dazu ist es nötig, in dem Bereich mehr Tarifbindung zu schaffen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.“

Ein Jahr Entwicklungszeit für konkrete Maßnahmen

Laut Pressemitteilung sollen Bund, Länder und die „relevanten Akteure in der Pflege“ konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der beruflich Pflegenden entwickeln und deren Umsetzung durch die jeweiligen Akteure verbindlich vereinbaren. Binnen eines Jahres sollen die Maßnahmen gemeinsam mit weiteren Expertinnen und Experten in einem Dachgremium und fünf themenbezogenen Arbeitsgruppen entwickelt werden.

Unter „relevanten Akteuren in der Pflege“ versteht man laut Pressemitteilung Pflegeberufs- und Pflegeberufsausbildungsverbände, Verbände der Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser, die Kirchen, Pflege- und Krankenkassen, Betroffenenverbände, die Berufsgenossenschaft, die Bundesagentur für Arbeit sowie die Sozialpartner.

Die fünf Arbeitsgruppen werden sich mit folgenden Themen beschäftigen:

  • „Ausbildung und Qualifizierung“
  • „Personalmanagement, Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung“
  • „Innovative Versorgungsansätze und Digitalisierung“
  • „Pflegekräfte aus dem Ausland“
  • „Entlohnungsbedingungen in der Pflege“ 

Opposition: Zahlen von Prämien wäre sofort umsetzbar

Baldige konkrete Schritte forderten laut der Deutschen Presseagentur (dpa-AFX) Patientenschützer und die Opposition: Viele Vorschläge wie das Zahlen von Prämien lägen schon vor und seien sofort umsetzbar, sagte die pflegepolitische Sprecherin der Grünen, Kordula Schulz-Asche, der dpa. Es muss nur endlich jemand tun.“ 

Auch der Pflegebevollmächtigte der Regierung, Andreas Westerfellhaus, hat Anreize vorgeschlagen – unter anderem steuerfreie Prämien bis 5000 Euro. Der Handlungsdruck sei immens, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag). So gebe es bereits Krankenhäuser, die Intensivstationen nicht mehr betreiben könnten, weil Pflegepersonal fehle. 

Ausländische Pflegekräfte sollten aus Sicht von Westerfellhaus bereits bei der Ausbildung in ihrer Heimat für die Arbeit in Deutschland geschult werden. Im "Handelsblatt" (Dienstag) forderte er zudem, die Verfahren zur Anerkennung der Berufsabschlüsse ausländischer Pflegekräfte stark zu vereinfachen.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte die „Konzertierte Aktion Pflege“. Nötig sei unter anderem eine bundeseinheitliche Regelung für Sprachtests bei ausländischen Pflegekräften, sagte Vorstand Eugen Brysch der dpa. "Pflegekräfte müssen auch Deutsch verstehen und sprechen. Professionalität und Empathie reichen nicht aus." Klar müsse auch sein, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit zu zahlen ist.

Mehr zum Thema

Schon auf den Weg gebracht hat Spahn ein Milliardenpaket, das 13.000 zusätzliche Stellen in der Altenpflege vorsieht. In Kliniken soll jede aufgestockte Pflegestelle künftig komplett von den Krankenkassen bezahlt werden. Darüber hinaus sollen Auszubildende ab 2020 kein Schulgeld mehr zahlen. 



dpa-AFX / DAZ.online
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