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Sie glauben besser zu wissen, wie Apotheken funktionieren und was und wie sie in Zukunft arbeiten sollen: Sachverständigenrat und Monopolkommission. Und das geht so: Ein bisschen mehr Kompetenz für weniger Honorar, aber Wettbewerb und Versand über alles. Die ABDA zeigt sich gelassen, allenfalls ein wenig verärgert. Hauptsache, die meisten ihrer 34 Mitgliedsorganisationen haben den Haushaltsentwurf abgenickt. Für den Ba-Wü-Kammerpräsidenten bleibt das ABDA-Totschweigen des Honorargutachtens dagegen „absolut unverständlich“. Und während in Deutschland laut einer Noweda-Kampagne alle 38 Stunden eine Apotheke schließt, akzeptiert auch Karin Maag, CDU, „wirkungsgleiche Regelungen“ zum Rx-Versandverbot. Und keiner schert sich um unsere Wirkstoff-Abhängigkeit von Indien und China. Es muss noch schlimmer kommen!
2. Juli 2018
Der Sachverständigenrat, der alle zwei Jahre die Entwicklung im Gesundheitswesen begutachtet, meldet sich wieder zu Wort. In dem 750-seitigen Gutachten geht es vor allem um eine Verbesserung der Notfallversorgung und um die Überwindung von Sektorengrenzen. Aber auch wir Apothekers kommen vor: Wir seien unzureichend berücksichtigt in den besonderen Versorgungsformen, heißt es da, und wir sollten als gleichberechtigte Partner zugelassen werden. Mein liebes Tagebuch, also kurz gesagt: Die Apothekerkompetenzen sollten besser genutzt werden. Sicher ein richtiger Ansatz. Wer jetzt aber mehr Honorar wittert, freut sich zu früh. Kosten soll das nämlich fast nichts, im Gegenteil. Der Sachverständigenrat verkauft die stärkere Einbindung der Apotheker mit dem Argument, dass „an die Stelle ihrer bisherigen Vergütung“ eine „vergleichsweise günstigere Honorierung treten“ würde. Daher weht also der Wind: Wenn’s billiger werden soll, werden die Apotheker eingespannt: Bei denen ist eh schon fast alles im üppigen Apothekenhonorar drin und man kann es ihnen als Kompetenzzuwachs verkaufen – das gefällt den ewig Frustrierten. Mein liebes Tagebuch, so liest sich das, so sieht man uns. Außerdem: Ein Rx-Versandverbot befürwortet der Sachverständigenrat nicht. Nur beim Thema Prävention gibt es einen kleinen Lichtblick. Denn da heißt es in dem Gutachten: „Apotheken könnte man auch präventive Aufgaben übertragen“, genannt wird das Impfen. Klingt gut, mein liebes Tagebuch, aber ein Honorar ist da wahrscheinlich ebenfalls nicht oder nur ein sehr geringes vorgesehen. Und was sagt die ABDA zu den Vorschlägen des Sachverständigenrats? Eine Stellungnahme, eine Kommentierung dazu könnte man von einer ordentlichen Berufsvertretung erwarten, mein liebes Tagebuch. Aber da kommt – nichts.
Nicht jeder darf Arzneimittel-Päckchen packen, vor allem nicht ungelernte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nur pharmazeutisches Personal (z. B. Apotheker, PTA) und die in der Apothekenbetriebsordnung genannten Berufsgruppen wie z. B. PKA und PKA-Azubis dürfen unterstützend beim Packen, bei der „Vorbereitung der Arzneimittel zur Abgabe“, wie es im Amtsdeutsch heißt, mitarbeiten. Das wollte eine niedersächsische Versandapo nicht einsehen, zog vor Gericht – und scheiterte. Tja, und wie sieht das bei den ausländischen Versandapotheken aus? Wer packt da die Päckchen? Die deutsche Apothekenbetriebsordnung gilt für sie nicht.
Die jüngste Apokix-Umfrage zeigt es: Nachwuchsmangel, ein Riesen-Problem. Die Suche nach geeignetem Personal für die Apotheke ist und bleibt schwierig. Und, mein liebes Tagebuch, die Suche dürfte noch schwieriger werden. Einige Gründe: 80 bis 90 Prozent der Jungapprobierten sind weiblich und gehen, zumindest temporär, dem Arbeitsmarkt aufgrund von Familienplanung verloren. Die Industrie lockt mit attraktiven Gehältern, die eine Apotheke nicht bieten kann. Der Bedarf an Pharmazeuten im Krankenhaus wird in den nächsten Jahren steigen, Stichwort: Apotheker auf Station. Fazit: Wir brauchen mehr positive Werbung für den Apothekerberuf. Es muss attraktiv sein, „cool“ sein, den Apothekerberuf zu ergreifen und als Apothekerin, als Apotheker in einer Apotheke oder Krankenhaus-Apotheke oder auf Station zu arbeiten. Bisher kann ich noch keine ABDA-Kampagne erkennen, die sich damit befasst und auf den Nachwuchs zielt. Es sollte rasch etwas geschehen! Bevor dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn etwas dazu einfällt. Im Pflegebereich war er bereits kreativ.
3. Juli 2018
Es war abzusehen, der ABDA-Vorstand hat’s geschafft und konnte die 17+17 Kammern und Verbände mehrheitlich wieder einmal überreden, wohl nicht alle überzeugen, dem Haushaltsentwurf zuzustimmen: Wir brauchen mehr Geld, wir schaffen das. Also, alles wird gut oder, wie man in Bayern sagen würde: Passt scho! Tatsächlich stimmte eine deutliche Mehrheit (88 Prozent) für das sichtlich ungebremste Wachstum der Mitgliedsbeiträge. Die wenigen kritischen Stimmen konnten die Mehrheit nicht zum Nachdenken bringen. Mein liebes Tagebuch, keine Frage, wenn ein Verband leistungsfähig sein will, braucht er Geld. Aber, Hand aufs Herz, stimmt das Kosten-Nutzen-Verhältnis? Sind wir mit dem Output in Sachen politischer Durchsetzungskraft, Transparenz, Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation und Digitalisierung zufrieden? Um nur einige immer wiederkehrende Themen zu nennen? Es reicht einfach nicht, immer nur die „große Geschlossenheit der Mitgliedsorganisationen“ zu beschwören. Damit wird nichts gut. Eine intensivere Auseinandersetzung mit allen Themen, eine kritische Auseinandersetzung mit dem, was die ABDA den Kammern und Verbänden vorsetzt, wäre wünschenswert. Mit Abnicken ist man noch nie weiter gekommen.
Es ist jedesmal ein bisschen wie Weihnachten, wenn sich die ABDA zu Wort meldet, selten genug ist das der Fall. Aber sie hat es wieder einmal getan, endlich! Thema: der Einstieg von Amazon in den US-Apothekenmarkt. Und was fühlt die ABDA dabei? Es erfüllt sie mit Sorge. Und unsere Standesvertretung lässt durchblicken, dass ihr klar ist: „Global Player denken in der Regel nicht nur regional.“ Mein liebes Tagebuch, wie wahr. Und gibt es schon Szenarien, was wäre wenn? Was wäre, wenn Amazon einem niederländischen Versender ein unverschämtes Angebot machen würde? Es muss ja nicht gleich DocMo sein, da gibt es ja noch weitere Arzneipäckchenpacker in der EU. Perspektivpapier hin, Perspektivpapier her, vielleicht ist es an der Zeit, unsere Apotheken-Perspektiven unter allen neuen Vorzeichen wie Digitalisierung, Mitarbeitermangel, wachsender Versandhandel und Amazon neu auszuloten?
Nicht nur der Sachverständigenrat gibt seine Ansichten zum Besten, auch die Monopolkommission legt in regelmäßigen Abständen ein Gutachten vor – und beschäftigt sich mit dem Apothekenmarkt. Wie es sich für die Monopolkommission gehört und was sie quasi schon seit Jahren tut, holt sie das gesamte Instrumentarium heraus für mehr Wettbewerb um jeden Preis oder zumindest das, was sie unter Wettbewerb versteht, als da wären freie Rx-Preise, Gewährung von Rabatten, fixes Apothekerhonorar in erster Linie für Beratung, Versand, Versand und nochmal Versand (siehe dazu auch die Analyse des DAZ-Wirtschaftsexperten Müller-Bohn). Mein liebes Tagebuch, das ist die alte Leier der Monopolkommission, auf die zum Glück unsere Gesundheitspolitiker noch nie gehört haben. Würde man die Wünsche der Monopolkommission erfüllen, bräche unser System in der heutigen Form zusammen und man müsste ein vollkommen neues aufbauen, das gänzlich anders arbeiten würde – mit Sicherheit nicht besser, im Gegenteil. Mein liebes Tagebuch, was mich an diesem Geschwätz der Monopolisten am meisten ärgert: Sie reihen Textbausteine aneinander, wie sie vielleicht für andere Branchen gelten mögen. Aber sie spielen mit Sicherheit keine aufwendigen Szenarien für den Apothekenmarkt durch nach dem Motto „was wäre wenn“. Der Apothekenmarkt funktioniert anders als der Lebensmittelhandel oder Bekleidungsgeschäfte.
4. Juli 2018
Die PTA-Ausbildung soll reformiert werden - hat der Bundesgesundheitsminister angekündigt. Damit hat er schon mal ein Zeichen gesetzt. Die Apothekengewerkschaft Adexa und der PTA-Interessenverband BVPTA freuen sich, denn damit könnte ein Anliegen in Erfüllung gehen, das sie schon seit etlichen Jahren vor sich hertreiben. Frühere Bundesgesundheitsminister hatten auf eine PTA-Reform null Bock. Und die ABDA tat zwar immer so, als kümmere sie sich darum, aber das Thema stand dort de facto wohl an letzter oder vorletzter Stelle der Agenda. Doch nun, als Spahn vor wenigen Wochen die Modernisierung der PTA-Ausbildung ins Gespräch brachte, ist auch die ABDA darauf angesprungen und hat sich, so der ABDA-Präsident, „sofort als Gesprächspartner ins Spiel gebracht“. Was Adexa nicht sonderlich erfreut – man fürchtet, dass die ABDA die Ausbildungsinhalte eher zusammenstreichen will. Adexa setzt sich dagegen für eine Verlängerung der Ausbildungszeit um ein halbes Jahr ein. Der PTA-Beruf sei zudem ein eigenständiger Beruf, so Adexa. Womit sie recht hat: Eine Apothekerkammer oder gar die ABDA ist für die PTA nicht zuständig. Vielleicht sollte sich die ABDA wirklich erstmal um Themen kümmern, für die sie per se zuständig ist – uns würden da einige einfallen.
Karin Maag, die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, hält am Rx-Versandverbot fest, wie sie in der Haushaltsberatung im Bundesgesundheitsministerium wissen ließ. Eisern. Na ja, mein liebes Tagebuch, fast. Auch bei ihr ist es angekommen, dass es mit dem Rx-Versandverbot wohl nicht wirklich noch etwas werden wird. Und so räumt auch Karin Maag ein, dass sie auch „wirkungsgleiche Regelungen“ akzeptieren würde. Das Wort „wirkungsgleich“, mein liebes Tagebuch, Seehofers Lieblingswort, ist zurzeit „in“, was auch immer Politiker darunter verstehen mögen. Sie haben es aus der Pharmakologie geklaut. Und da wissen wir, was wirkungsgleich bedeutet - nämlich auf keinen Fall identisch, nur mehr oder weniger gleich, mit allen Facetten.
„Alle 38 Stunden schließt in Deutschland eine Apotheke. Für immer“ - so bringt der Pharmagroßhändler Noweda den Apothekenrückgang in einer PR-Kampagne knallhart auf den Punkt. Und das in einer Kooperation mit dem Nachrichtenmagazin Focus. Mein liebes Tagebuch, Hut ab, das ist deutlich, das versteht der Mann, die Frau auf der Straße. Die Kampagne thematisiert zudem die vielen Leistungen der Apotheke. Ich wünsche mir, dass dieses Poster in allen Apotheken hängt, auch in denen, die heute noch gut gehen.
Ja, du meine Güte, welcher Prinz hat die ABDA aus dem Dornröschenschlaf wach geküsst. Schon wieder meldet sich der Präsident mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit. Dieses Mal drückt er zurecht sein Missfallen über das Gutachten der Monopolkommission aus: „Die Vorschläge der Monopolkommission sind nicht zu Ende gedacht und hätten weitreichende, negative Konsequenzen.“ Verärgert ist die ABDA auch über die Unterstützung des Versandhandels durch die Monopolkommission. Alles richtig. Und wenn solche Statements dann noch ein klein wenig schärfer rüberkommen und es vielleicht sogar in die großen Medien schaffen, dann hätte unsere ABDA alles richtig gemacht. Aber das braucht noch ein bisschen..
5. Juli 2018
Kritik an der ABDA auch aus Baden-Württemberg: Das Schweigen der ABDA zum 2hm-Honorar-Gutachten ist für ihn absolut unverständlich, sagte Kammerpräsident Günther Hanke auf der Vertreterversammlung. Schon vor Monaten habe er die ABDA aufgefordert: „Bitte gebt uns baldmöglichst eine Bewertung des Papiers. Mit einer Vogel-Strauß-Politik ist niemandem geholfen.“ Mein liebes Tagebuch, wie Recht er hat! Da steht Hanke nicht allein – das Totschweigen des Gutachtens nach innen ist in der Tat absolut unverständlich. Zumal mittlerweile immer wieder Organisationen und Verbände das Gutachten aus der Schublade holen und damit argumentieren. Kein Wunder, es ist das einzige existierende Papier zum Apothekenhonorar, im Auftrag des Wirtschaftsministeriums erstellt und offiziell unwidersprochen. Und die ABDA glaubt, wenn sie es totschweigt, ginge es wieder weg. Was Hanke auch sagte: Gegen eine vernünftige Weiterentwicklung der Arzneimittelpreisverordnung wehre er sich nicht. Sollte das aber auf Kosten der Apotheker gehen, „schaffen wir es vielleicht ja, mal wieder zu streiken“. Mein liebes Tagebuch, so ein bisschen poltern kann nicht schaden.
6. Juli 2018
Wir sind abhängig. Stark abhängig. Von Indien und China. Die beiden Länder sind zur Apotheke der Welt geworden. Sie stellen zu Billigstpreisen wichtige und notwendige Wirkstoffe her für viele Arzneimittelfirmen in Deutschland, in Europa. Wirkstoffe wie zum Beispiel Antibiotika oder Antiyhypertonika. Billiger als es die in Europa ansässigen Hersteller können. Der Druck der Krankenkassen, den sie mit Rabattverträgen auf die Hersteller ausüben, katapultiert dieses Marktverhalten in ungeahnte Höhen und die Preise in unvorstellbare Tiefen. Wohin das alles führen kann, lässt die Valsartan-Verunreinigung, die beim chinesischen Hersteller Zhejiang Huahai entdeckt wurde, nur erahnen. Jetzt starten die Rückruf-Aktionen, die Verunsicherung bei den Patienten ist groß. Mein liebes Tagebuch, vermutlich wird dieser Vorfall noch nicht zu einem Umdenken in der Politik und erst recht nicht bei den Krankenkassen führen. Zynisch gedacht: Es muss schlimmer kommen, bis Politik und Kassen aufwachen und erkennen, wohin das alles führt.
11 Kommentare
Noweda Kampagne
von Ingrid Greif am 08.07.2018 um 14:18 Uhr
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Monopole im Land des Kontrahierungszwangs oder Bis hier hin und keinen Quantensprung weiter!
von Bernd Jas am 08.07.2018 um 13:16 Uhr
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Klare Kante, ABDA (3) @ Ströh/Ditzel
von Gunnar Müller, Detmold am 08.07.2018 um 11:13 Uhr
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PR-Kampagne
von Lars Janzen am 08.07.2018 um 11:01 Uhr
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Liebes Tagebuch,
von Heiko Barz am 08.07.2018 um 10:46 Uhr
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AW: Kampagne
von Bernd Jas am 08.07.2018 um 12:37 Uhr
Spahn
von Conny am 08.07.2018 um 10:13 Uhr
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So wird es im Oktober...
von Ulrich Ströh am 08.07.2018 um 9:37 Uhr
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AW: So wird es im Oktober
von Peter Ditzel am 08.07.2018 um 9:46 Uhr
AW: So wird es im Oktober
von Ulrich Ströh am 08.07.2018 um 10:02 Uhr
AW: So wird es im Oktober
von Dr Schweikert-Wehner am 08.07.2018 um 16:08 Uhr
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